Österreichischer Rekord. 129 Tage dauerte die Regierungsbildung in Österreich vor 62 Jahren – das war die bisher längste in der Zweiten Republik. Damals verhandelte die ÖVP mit der SPÖ – und kam nach mehr als vier Monaten zu einem Abschluss. Jetzt versuchen es FPÖ und ÖVP nach den Anfang Jänner gescheiterten Verhandlungen der Türkisen, Roten und Pinken zur Zuckerlkoalition – und stehen offensichtlich noch längst nicht vor einem Abschluss. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht und sich eine blau-schwarze Regierung bis zum kommenden Mittwoch formiert, dann sind die Verhandlungen nach den Wahlen vom vergangenen September bereits die allerlängsten, ein neuer österreichischer Rekord! Doch dieses Wunder zeichnet sich derzeit keineswegs ab. Gestern warfen die blauen Verhandler eine neue Bombe in die Schlacht: Sie wünschen nun auch – eine alte FPÖ-Forderung – die Zerschlagung der Unfallversicherungsanstalt, die der ÖVP stets besonders wichtig war. Sehr gelinde gesagt: Auch kein Fortschritt am Weg zu einer gemeinsamen Regierung.
Deutsches „Desaster“. Noch wissen wir nicht, ob Österreich eine FPÖ-ÖVP-Regierung bekommt, während in Deutschland das Gespenst einer CDU-CSU-AfD-Regierung immer dramatischer an die Wand gemalt wird. Nach dem desaströsen Bild, das die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hinterlassen hat, gilt ja Unionskandidat Friedrich Merz als sicherer Sieger bei den vorgezogenen Bundestagswahlen am 23. Februar. Als potenzielle Merz-Koalitionspartner schätzt man fast alle Mitbewerber ein – außer der rechten AfD, die der Unions-Kandidat auch vielfach dezidiert als Partner ausgeschlossen hat. Um seine Ablehnung einer Partnerschaft mit den ganz Rechten zu unterstreichen, hatte Merz seine österreichische Schwesterpartei ÖVP getadelt, als er beim Weltwirtschaftsforum in Davos in der Vorwoche eine mögliche Regierung aus FPÖ und ÖVP wörtlich als „Desaster“ bezeichnete. Selbst setzt er allerdings im Wahlkampf voll auf die Migrationskarte und wird dabei auch im Bundestag von der AfD unterstützt – wobei Merz gestern bei einer Abstimmung zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ dennoch keine Mehrheit zustande brachte. Doch mit solchen Versuchen, so die massive Kritik, die auch von Ex-Unions-Kanzlerin Angela Merkel geteilt wird, reiße er die sogenannte Brandmauer gegen die Rechten ein. Und man will ihm die Garantie, er werde keine Koalition mit der AfD bilden, nicht mehr abkaufen. Auch da blickt Deutschland nach Österreich: Hatte die ÖVP ihren Wählern im September nicht auch versichert, sie werde keinesfalls eine Koalition mit der Kickl-FPÖ eingehen? Womöglich wird aus dem österreichischen bald ein deutsches „Desaster“.
Kommen Sie gut durch den Samstag!
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