In nur 36 Lebensjahren brachte es Bob Marley, der 1981 starb, aus der bitteren Armut zur internationalen Ikone. Mehr als nur ein berühmter Musiker war der Jamaikaner ein kulturelles und politisches Phänomen. Der Reggae-Pionier mit großen Hits wie „No Woman, No Cry“ und „Get up, stand up“ wurde am 6. Februar vor 80 Jahren geboren.
Gefeiert wird Marleys 80. Geburtstag vor allem in seinem früheren Zuhause in der Hope Road 56 in Kingston. Früher empfing er dort Schlange stehende Bittsteller, spielte auf dem Hof Fußball und nahm im Studio Musik auf.
Auf dem Grundstück war immer so viel Trubel, dass Marleys Kinder woanders wohnen mussten, wie Tochter Cedella – heute die Chefin der Unternehmensgruppe der Familie – im Dokumentarfilm „Marley“ erzählte.
Bob Marley Museum
Heute ist die Anlage als Bob Marley Museum eine der wichtigsten Touristenattraktionen in Kingston, der Hauptstadt des Karibikstaates. Die enthusiastischen Museumsführer präsentieren Marleys auf vielen Konzerten getragenes Jeans-Hemd wie ein heiliges Relikt und preisen seine Potenz, die ihm mindestens elf Kinder von sieben Müttern bescherte.
Potent ist auch das Marihuana, das im Cannabis-Geschäft Marley Natural auf dem Museumsgelände verkauft wird. Dort ist als Teil der Geburtstagsfeierlichkeiten akustische Live-Musik unter anderem von zwei Marley-Enkeln geplant. Das Thema des diesjährigen „Bob Marley Day“ ist „Uprising“(Aufstand) – der Titel des letzten zu Lebzeiten veröffentlichten Albums Marleys, mit dem Akustik-Lied „Redemption Song“ zum Schluss. Den Liedtext, der auf einer Rede des jamaikanischen Menschenrechtlers Marcus Garvey basiert, interpretieren viele als Marleys Verarbeitung seiner eigenen Sterblichkeit.
„Hymnisch und hypnotisch“
„Alles, was ich jemals hatte; Erlösungslieder“, singt Marley in dem Song. „Befreit euch aus der geistigen Sklaverei; niemand außer uns selbst kann unseren Geist befreien.“ Die Idee, „Redemption Song“ in der akustischen Version aufzunehmen, habe von ihm gestammt, schrieb Labelchef Blackwell in seinen Memoiren, „The Islander“. „Mit geschlossenen Augen und ganz in den Text versunken, sang er eine sparsame Version für mich als einziges Publikum“, erinnert sich Blackwell daran, wie der schon schwer krebskranke Weltstar seinem Vorschlag folgte. „Es klang hymnisch und hypnotisch.“
Kein Strom, nur Glühwürmchen
Robert Nesta Marley kam im ländlichen Nine Mile im Inneren Jamaikas zur Welt – als einziger Sohn eines englischen Plantagenaufsehers, der sich „Captain“ nennen ließ, mit einer mehr als 40 Jahre jüngeren Jamaikanerin. Der Vater verließ die Familie wenig später. Als Kind sei Marley gerne Esel geritten und mit seinem Großvater in die Felder gegangen, erzählte seine Mutter, Cedella Booker in „Marley“.
Neville Livingston, der später unter dem Namen Bunny Wailer Bandkollege von Marley wurde, zog als Kind aus Kingston nach Nine Mile. Außer dem Mond und den Sternen hätten dort nur Glühwürmchen nachts Licht gespendet, erinnerte er sich in dem Dokumentarfilm. Der zwei Jahre ältere Marley habe ihm das Landleben erklärt und er ihm die Musik.
Erste Single wird zum Ska-Hit
Von dort zog Marley mit seiner Mutter nach Trench Town, einem armen Teil von Kingston. Seine ersten Aufnahmen mit Bunny und Peter Tosh unter dem Namen The Wailers waren im Stile des Ska, einer damals neuen Musikrichtung, aus der sich der Reggae entwickelte. Gleich ihre erste Single, „Simmer Down“, war 1964 auf Jamaika ein Hit.
Spätestens als die Band 1972 zu Island Records wechselte, wo Blackwell sie international zu vermarkten verstand, erreichte Marleys Botschaft – von Liebe, Frieden und Einigkeit – Menschen auf der ganzen Welt. Marley legte besonderen Wert darauf, auch im „Mutterland“ Afrika aufzutreten – etwa 1980 bei den Feierlichkeiten zur Unabhängigkeit von Simbabwe.
In seiner Heimat setzte sich Marley für ein Ende der politischen Gewalt ein. Im Jahr 1976 gab er in Kingston das „Smile-Jamaica“-Konzert, obwohl er zwei Tage zuvor bei einem Angriff in der Hope Road 56 angeschossen worden war. Beim One-Love-Friedenskonzert 1978 holte Marley Premierminister Michael Manley und Oppositionsführer Edward Seaga auf die Bühne und ließ sie sich die Hand geben. Er war wegen der Unsicherheit in Kingston nach London gezogen. „Mein Leben ist nur wichtig, wenn ich vielen Leuten helfen kann“, sagte er einem Interviewer damals auf die Frage, warum er nun zurückkehre. Das Konzert bildet den Höhepunkt des Kinofilms „One Love“ vom vergangenen Jahr.
Behandlung am Tegernsee
1977 wurde bei Marley nach einer Fußballverletzung unter dem Nagel des rechten großen Zehs Hautkrebs festgestellt. Er folgte nicht dem Rat der Ärzte, sich den rechten großen Zeh amputieren zu lassen – weil es gegen seinen Rastafari-Glauben verstoßen hätte und wohl auch, um nicht mit dem Fußballspielen aufhören zu müssen. Der Krebs breitete sich auf andere Teile seines Körpers aus.
Zum Schluss hatte er wegen der Chemotherapie seine ikonischen Rasta-Locken nicht mehr. „Er war ja ganz glatzköpfig“, mit einer dicken Haube, erzählte Waltraud Ullrich im Dokumentarfilm „Marley“, der 2012 erschien. Sie war Krankenschwester in der Klinik im bayerischen Rottach-Egern gewesen, wo Marley etwa ein halbes Jahr beim Alternativmediziner Josef Issels verbrachte.
Blackwell erzählte in seinen Memoiren von seiner letzten Begegnung mit Marley, in Deutschland. „Sein Leben ging zu Ende, und er wusste das. Aber es war noch etwas da – das Etwas, das mir aufgefallen war, als er, Peter und Bunny 1972 zum ersten Mal in mein Büro spaziert waren: sein Charisma, sein Funke, sein Stolz.“
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