Habsburgs größter Casanova und „Keuschheitskommissare“, die Ehebrecher jagen. Eine Nonne im Ehebett und 18 Kinder nach ein bisschen Körperpflege. Dazu eine Habsburgerin, die nicht ihren Ehemann, sondern ihre Schwägerin liebt. Die Skandale der Habsburger sind vor allem eines: sehr unterhaltsam.
Nichts fasziniert mehr als royale Skandale, denn sie zeigen gekrönte Häupter von einer anderen Seite und erzählen von menschlichen Schwächen.
Der größte Frauenheld der Habsburger ist Kaiser Josef I. (1678-1711). Bereits als Fünfzehnjähriger hat er drei Geliebte gleichzeitig. Auch seine Thronbesteigung ändert nichts an Josefs Lust auf Affären.
Und auch während der Arbeit kann Josef immer nur an „das Eine“ denken: Auf die Ränder der offiziellen Akten des Kaiserhofes kritzelt er obszöne Skizzen. Allerdings gefährdet Josefs Lust den Fortbestand der direkten Erbfolge des Hauses Habsburg. Denn er steckt seine Ehefrau mit einer Geschlechtskrankheit an.
Die innigen Männerfreundschaften des Kaisers
Kaiser Josefs Nachfolger wird deshalb sein Bruder Karl (1685-1740), der als Kaiser Karl VI. den Thron besteigt. Er hegt zärtliche Gefühle für Vertreter des eigenen Geschlechts. Die Einträge in seinem Tagebuch belegen, dass sich Kaiser Karl VI. – trotz einer äußerst glücklichen Ehe –, zu Männern hingezogen fühlt.
Als einzige Dynastie haben die Habsburger keine „Mätressenwirtschaft“, also offizielle Favoritinnen, die eine besondere Stellung bei Hof einnehmen und in der Politik mitmischen. Weil aber ausgerechnet die biedere Landesmutter Maria Theresia (1717-1780) mit Europas bekanntester Mätresse – Madame de Pompadour, die Geliebte von Frankreichs König Ludwig XV. – eine außenpolitische Allianz eingeht, wird sie als „Erzhure“ beschimpft. Vor allem König Friedrich II. von Preußen empört sich über diese „Allianz der Unterröcke“.
„Um die Prostitution abzuschaffen, müsste man die Männer abschaffen!“
In ihrer eigenen Umgebung ist Maria Theresia allerdings nicht so gelassen bei Ehebruch, wie bei ihrer Verbündeten Madame de Pompadour. Als ihr eigener Ehemann fremdgeht, kompensiert Maria Theresia ihre große Kränkung über die Untreue ihres geliebten „Mäusls“ mit drakonischen Maßnahmen – allerdings gegenüber ihren Untertanen: Österreichs Landesmutter sagt dem außerehelichen Geschlechtsverkehr den Kampf an.
Im Jahr 1752 lässt sie die berühmt-berüchtigte „Keuschheitskommission“ einrichten. „Keuschheitskommissare“ schreiten nun bei Ehebruch und Prostitution ein. Aber das Unterfangen, den Untertanen mittels Strafandrohung eheliche Treue zu verordnen, kann nur scheitern. Maria Theresia kommentiert das Scheitern ihrer Keuschheitskommission mit den Worten: „Um die Prostitution abzuschaffen, müsste man die Männer abschaffen!“
Mit Sexualität muss sich Maria Theresia aber weiterhin befassen – vor allem mit jener ihrer Kinder. Denn immer wieder kreuzen sexuelle Angelegenheiten die große Politik.
Maria Theresias jüngste Tochter Marie Antoinette (1755-1793) muss den französischen Thronfolger heiraten, um die österreichisch-französische Allianz abzusichern. Endgültig besiegelt, ist diese aber erst, wenn Marie Antoinette einen Sohn zur Welt bringt.
Als Marie Antoinette aber nach acht Jahren Ehe immer noch nicht schwanger ist, liegen in Wien und Paris die Nerven brach. Maria Theresia schickt nun ihren Sohn und Mitregenten Joseph nach Paris, damit er bei seiner Schwester Marie Antoinette und ihrem Ehemann „Aufklärungsarbeit“ leistet.
Der Ehemann verlässt fluchtartig das Schlafgemach
Auch eine andere Tochter von Maria Theresia hat Startschwierigkeiten bei der Erfüllung der ehelichen Pflichten. Bei Maria Karolina (1752-1814), die nach Neapel-Sizilien verheiratet wird, reichen allerdings einfache Hygienetipps für mehr Erfolg im Ehebett. Denn König Ferdinand scheut sich, das eheliche Schlafgemach aufzusuchen.
„Sie schläft wie eine Tote und schwitzt wie ein Wildschwein!“ Das sind die Worte, die König Ferdinand von Neapel ruft, als er in der Hochzeitsnacht das Schlafzimmer seiner frisch angetrauten Ehefrau fluchtartig verlässt. Doch nachdem diese ersten Schwierigkeiten überwunden sind, steht einem regelmäßigen Besuch des Gemahls nichts mehr im Weg. Und Maria Karolina bringt schließlich 18 Kinder zur Welt. Doch auch Maria Karolina ist hart im Nehmen. Ihrer Mutter schreibt sie aus Neapel: „Der König ist sehr hässlich von Angesicht, aber man gewöhnt sich daran!“
Isabella liebt nicht den Ehemann, sondern die Schwägerin
Eine weitere Tochter Maria Theresias zieht es zum eigenen Geschlecht hin. Erzherzogin Maria Christina (1742-1798) entwickelt zärtliche Gefühle für die Ehefrau ihres eignen Bruders. Das belegen erhaltene Briefe von Isabella von Parma. Darin nennt diese ihre Schwägerin „süße Liebe“, zudem sind die Briefe gespickt mit Bemerkungen wie: „Ich sterbe aus Liebe und umarme dich zärtlich.“
Einer der unterhaltsamsten Habsburger ist Erzherzog Otto (1865-1906), der Vater des letzten Kaisers von Österreich. Der „schöne Otto“ sorgt für Skandale, die heute zu den Klassikern der Habsburgischen Familienchronik zählen. Otto ist ein großer Schürzenjäger. Ausgerechnet für diesen Neffen sucht Kaiser Franz Joseph eine Ehefrau, die das genaue Gegenteil von ihm ist: Die biedere und fromme Prinzessin Maria Josepha von Sachsen muss Otto heiraten.
Die Ehe wird – zumindest für Otto – äußerst langweilig. Vielleicht steigt Ottos bis dahin schon notorischer Alkoholkonsum deshalb im Lauf der Ehe noch mehr an. Eines Nachts stürmt Otto sturzbetrunken in Begleitung einiger Offizierskollegen das eheliche Schlafzimmer. Er will seinen Kameraden „etwas ganz Besonderes“ zeigen, nämlich: „eine echte Nonne“.
Splitterfasernackt und mit Orden geschmückt
Dank Otto kommt auch der Orden vom Goldenen Vlies – der Hausorden der Habsburger und einer der prestigereichsten Orden – zu einem besonderen Einsatz. Denn Otto marschiert durch die Salons des Hotel Sacher und zeigt sich den noblen Gästen mit Säbel und dem Orden von Goldenen Vlies. Allerdings ist er darunter – splitterfasernackt.
Auch eine Habsburgerin sorgt zu dieser Zeit für Skandale, nämlich die außergewöhnlichste Enkelin von Kaiser Franz Joseph: Elisabeth (1883-1963), die Tochter von Kronprinz Rudolf.
Als verheiratete Frau verliebt sie sich in den feschen U-Boot Kommandanten Egon Lerch. Für ihren kaiserlichen Großvater, der Oberkommandierende der Streitkräfte Österreich-Ungarns, ist die Affäre zutiefst peinlich. Als Egon Lerchs U-Boot während des Ersten Weltkriegs sinkt und er ums Leben kommt, gibt Elisabeth die trauernde Witwe und trägt Trauerkleidung – obwohl ihr wirklicher Ehemann noch am Leben ist.
Die Kaiserenkelin wird eine Sozialistin
Zum Glück für Kaiser Franz Joseph erlebt er Elisabeths größten Skandal nicht mehr. Nach dem Ersten Weltkrieg wird die Kaiserenkelin überzeugte Sozialistin. Elisabeth bricht mit ihren kaiserlichen Verwandten und geht als „rote“ Erzherzogin in die Geschichte ein.
In einem letzten revolutionären Schritt enterbt sie ihre eigenen Kinder und vermacht alle Schätze, die sie von Kaiser Franz Joseph, Kaiserin Elisabeth und ihrem Vater Rudolf erbte, der Republik Österreich und Teilorganisationen der SPÖ.
Was früher ein Skandal war, ist heute oft harmlos. Die Skandale der Habsburger sind – wie alle Skandale – vor allem eines: ein Abbild ihrer Zeit.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.