Die kapverdischen Inseln sind vielleicht nicht unbedingt reich im monetären Sinne – dafür aber an musikalischen Klängen und Lebensfreude. Klaus Zimmermann und Gerda Frick haben dort eine zweite Heimat gefunden – und sorgen mit ihrem Verein „Nos ku Nhus“ für kulturellen Austausch.
Wenn die Töne der Gaita durch die Luft tanzen und der pulsierende Rhythmus des Ferrinho erklingt, dann ist man mittendrin – im Funaná, der musikalischen Seele Kap Verdes. Funaná ist ein unvergleichlich dynamischer Musikstil, bei dem sich afrikanische Rhythmen mit portugiesischen Einflüssen vermischen. Gespielt wird dieser typischerweise auf dem Akkordeon (in Kap Verde auch als „Gaita“ bekannt), begleitet von einer Eisenstange namens Ferrinho, die angeschlagen mit einem Messerrücken als Rhythmusinstrument dient. Der Funaná besticht durch seinen schnellen Rhythmus, seine sich wiederholenden Melodiemuster und eine energetische, fast tranceartige Stimmung. Entstanden aus dem Widerstand gegen die koloniale Unterdrückung, erzählt diese Form der Musik von Freiheit und Sehnsucht, aber auch von Lebensfreude.
Eine lebende Legende gastiert in Dornbirn
Bitori Nha Bibinha (86), auch bekannt als Bitori (bürgerlicher Name: Victor Tavares), ist ein legendärer Musiker aus Kap Verde und gilt als einer der bedeutendsten Vertreter dieses Musikstils. Er wird Anfang Februar gemeinsam mit weiteren kapverdischen Musikern ein Konzert in Dornbirn geben. Es war der ausdrückliche Wunsch des 86-Jährigen, noch einmal in Europa aufzutreten, weitere Konzerte sind in Rotterdam und Lissabon geplant. Das Gastspiel in der Messestadt wird durch den Vorarlberger Verein „Nos ku Nhos“ („Wir für euch“) ermöglicht. Gegründet wurde dieser vom Biologen Klaus Zimmermann und seiner Partnerin Gerda Frick im Jahr 2007 – in erster Linie, um soziale Projekte in Kap Verde umzusetzen.
Doch begonnen hat alles eigentlich viel früher, im Jahr 1999: „Damals unternahmen wir unsere erste Reise auf die Kapverdischen Inseln. Ursprünglich geplant war ein Aufenthalt auf den Azoren, doch im November war dort das Wetter zu unsicher für einen Wanderurlaub“, erzählt Zimmermann. Und so verschlug es die Reisehungrigen – ob Zufall oder schicksalhafte Fügung – nach Kap Verde.
Die kleinen Inseln im Atlantik waren zu jener Zeit fast noch ein weißer Fleck auf der Landkarte touristischer Destinationen. Doch die beiden Vorarlberger ließen sich auf das Abenteuer ein. In der abgelegenen Kleinstadt Calheta auf der Insel Santiago führte zu jener Zeit ein österreichischer Entwicklungshelfer eine kleine Pension. Dort kamen Gerda Frick und Klaus Zimmermann unter und erhielten wertvolle Insidertipps zum Leben und Reisen im kleinen Land. Auf Anhieb begeistert waren sie von der Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Einheimischen, aber auch von den musikalischen Klängen. „In jedem öffentlichen Verkehrsmittel lief damals die Musik von Bitori. Die hat mir auf Anhieb gefallen“, berichtet Zimmermann.
Eine herzliche Freundschaft entstand
In ihm wuchs der Wunsch, den legendären Musiker einmal persönlich kennenzulernen. Es sollten zwar noch einige Jahre vergehen, doch aus einem zufälligen Treffen des Vorarlbergers und des Kapverdiers entwickelte sich schließlich eine herzliche Freundschaft.
Doch der Reihe nach: Als Zimmermann und Frick von ihrem ersten Aufenthalt in Kap Verde zurückkehrten, war bereits klar, dass noch viele weitere folgen werden. Das Paar belegte einen Portugiesisch-Kurs, um sich künftig besser mit den Einheimischen verständigen zu können. In den darauffolgenden Jahren kehrten sie immer wieder auf die Inselgruppe vor der Nordwestküste Afrikas zurück. Auf Fogo, in der abgelegenen Ortschaft Cha das Caldeiras, haben die beiden mittlerweile eine zweite Heimat gefunden und zahlreiche Freundschaften geknüpft. Gleichzeitig wollen sie auch etwas von der Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft zurückgeben, die sie dort erfahren durften. „Wir haben uns gefragt, woran es den Dorfbewohnern am meisten mangelt, und das war ganz klar die medizinische Versorgung“, sagt Zimmermann.
Und so setzte er sich über den eigens gegründeten Verein „Nos ku Nhos“ dafür ein, dass das völlig desolate Gesundheitszentrum auf Fogo von Grund auf erneuert wurde. Eine junge Kapverdierin wurde darüber hinaus zur Diplomkrankenpflegerin ausgebildet.
Botschafter einer einzigartigen Musik
Parallel zu den sozialen Projekten hat es sich Zimmermann zum Ziel gesetzt, auch die einzigartige Musik der Inselgruppe „einzufangen“. So machte er sich 2007 mit dem Tontechniker Robin Gillard und ausgerüstet mit einem mobilen Aufnahmestudio auf den Weg, um einheimische Künstler aufzunehmen. Die Aufnahmen sollten dann in der Klangfabrik Rankweil gemastert und auf CD gebrannt werden.
Und so geschah es, dass er eines Tages auf Santiago in einem Musikclub auf Bitori und dessen Sohn Viktor traf. Der Rest ist gewissermaßen Geschichte, zumal das Musikprojekt von da an eine ganz neue Dynamik erhielt: „Mit der Produktion von CDs möchten wir einerseits auf die Arbeit unseres Vereins aufmerksam machen und andererseits das kulturelle Erbe von Kap Verde fördern. Wenn wir den Musikern dabei noch etwas unter die Arme greifen können, dann ist das umso besser“, fasst Zimmermann zusammen. Denn auch bekannte Künstler seien in der Republik oftmals armutsgefährdet.
Funaná ist der rhythmisch-ekstatische Musikstil der Insel Santiago (Kap Verde), welcher lange Zeit von den portugiesischen Kolonialmächten verboten wurde. Bitori nha Bibinha ist Meister des diatonischen Akkordeons und einer der bedeutendsten Vertreter dieses Stils. Gemeinsam mit dem Sänger Chando Graciosa und weiteren kapverdischen Musikern ist er am 8. Februar im Dornbirner TiK (Jahngasse 10) zu Gast. Beginn der Vorstellung ist um 20 Uhr, die Karten kosten 25 Euro (um Reservierung wird gebeten).
www.tik-dornbirn.at
Verein Nos ku Nhos
Spendenkonto: IBAN AT57 1400 0712 1004 4307
Kontakt: verein@nos-kun-nhos.org
Die Präsentation der CDs sorgte auf Kap Verde durchaus für Furore. Und Klaus Zimmermann, der in Vorarlberg vor allem als ehemaliger biologischer Fachberater bei der inatura in Dornbirn bekannt ist, hat gemeinsam mit Bitori und anderen Künstlern mittlerweile zahlreiche TV- und Radioauftritte absolviert, um deren Musik zu promoten. Sogar in einer beliebten und viel gesehenen Frühstücksshow wurde mehrfach über diese Zusammenarbeit berichtet.
Als der Pico de Fogo plötzlich Feuer spie
Trotz des Erfolges gab es über die Jahre auch Herausforderungen zu meistern. Besonders einschneidend war der Ausbruch des Vulkans Pico de Fogo, der gleichzeitig auch der höchste Berg der Kapverdischen Inseln ist. Die Lavaströme begruben zwei Dörfer sowie das neue Gesundheitszentrum unter sich. Mit der Unterstützung von „Nos ku Nhos“ und in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden konnte schließlich wieder eine neues, modernes medizinisches Zentrum errichten werden, welches im Mai vergangenen Jahres feierlich eröffnet wurde.
Und nun werden Anfang Februar gleich zwei Legenden des Funaná-Musikstils im Ländle zu Gast sein, wie Zimmermann betont: „Das ist schon eine kleine Sensation, dass es Bitori nochmals nach Europa schafft. Begleitet wird er unter anderem von seinem Sohn Viktor und dem charismatischen Sänger Chando Graciosa, der als bester Funaná-Interpret aller Zeiten gilt.“ Ein fulminantes musikalisches Erlebnis ist also garantiert.
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