Ja, was war da alles geschwafelt worden von den zahlreichen Fans einer blau-schwarzen Zusammenarbeit: Die Wirtschaftsprogramme seien praktisch deckungsgleich, auch beim Migrationsplan passe kaum ein Blatt Papier zwischen FPÖ und ÖVP, und in vielen weiteren Punkten sei man sich ebenfalls unglaublich nahe. Jetzt, wo man miteinander um eine Koalition verhandelt, werden die Latten aber täglich höher gelegt ...
Als wären Themen wie die Haltung gegenüber der EU, zur Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkrieg gegen Russland und vieles mehr nicht schon schwer genug unter einen Hut zu bringen, zaubern die blauen Verhandler ständig neue Forderungen aus dem Hut: Raiffeisensteuer einführen, Unfallversicherung abschaffen, ORF radikal zusammenstutzen, die Kammer-Pflichtmitgliedschaften aufheben undundund.
Bei der ÖVP versucht man sich dennoch zweckoptimistisch zu geben. „Ich hoffe, dass man auf Augenhöhe verhandelt“, sagt die niederösterreichische VP-Landeshauptfrau Mikl-Leitner im „Krone“-Interview. Man darf jedoch bezweifeln, dass man diese gemeinsame Augenhöhe schon gefunden hat, dass die Verhandlungspartner einander wirklich in die Augen schauen können.
Die FPÖ führe sich auf, als hätte sie bei den Nationalratswahlen die absolute Mehrheit gewonnen, heißt es bei den Schwarzen. Die ÖVP führe sich auf, als wäre sie immer noch Erster, hört man von den Blauen. Alles nur Sieger? „Als Politiker darf man bei der Bildung einer Regierung niemals Sieger sein wollen“, schreibt Polit-Professor Peter Filzmaier in seiner „Krone“-Analyse über Verhandlungsführung im Allgemeinen und nun im Speziellen.
Blaue und Schwarze dürften die Grundsätze westlicher, aufgeklärter Verhandlungsführung jedoch entweder nicht kennen oder zumindest nicht beherzigen wollen. Sie verhandeln – oder besser gesagt: handeln – vielmehr wie am orientalischen Basar. Dort sagt der eine: „Das kostet 1000.“ Der andere: „Ich gebe Dir 10.“ Trifft man sich dann in irgendeiner Mitte? Geht man uneinig im Streit auseinander? Oder macht man bloß Basar-Show, ist alles nur Theater?
Irgendwie erscheint es ja lustig, dass sich ausgerechnet stramme Blaue und Schwarze so orientalisch benehmen. Aber in Wahrheit ist die Situation ernst, es geht schließlich um nicht weniger als um Österreich!
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