Zweimal live in Wien

Dropkick Murphys: Party für die Working-Class

Musik
12.02.2025 09:00

Seit knapp 30 Jahren bringen die Bostoner Dropkick Murphys jede Rock- und Punk-Party in Gang. Im gesetzten Alter verliert man nicht an politischer Bissigkeit und zeigt sich intern noch sozialer als je zuvor – Frontmann Ken Casey sprach mit uns im Vorfeld der zwei Gasometer-Shows über das Wesen und die Seele seiner Band.

20 Jahre sind mittlerweile ins Land gezogen, als sich die Dropkick Murphys, die irischste aller nicht-irischen Bands, mithilfe ihres Songs „I’m Shipping Up To Boston“ auf ein neues Karrierelevel hievte, von dem man noch heute zehrt. Verantwortlich dafür waren zwei Schlüsselprojekte. Einerseits der hervorragende Hollywood-Film „The Departed“ mit Leonardo DiCaprio, Matt Damon und Jack Nicholson, der die Band durch dieses Lied einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machte. Andererseits durch den legendären und viel zu früh verstorbenen US-Linkspolitaktivisten Woody Guthrie, aus dessen Hinterlassenschaft sich die Band aus Massachusetts den Text zum Song zusammenstellte. Für Murphys-Bandleader Ken Casey war Guthrie der erste richtige Punk, die zwei Dropkick-Murphys-Akustikalben „This Machine Kills Fascists“ (2022) und „Okemah Rising“ (2023) rückten das unsterbliche Werk des Gewerkschaftsmusikers noch einmal ins rechte Licht.

Sauberer Rückspiegel
Das zu „I’m Shipping Up To Boston“ dazugehörige Album „The Warrior’s Code“ (2005) gehört mit den beiden Nachfolgern „The Meanest Of Times“ (2007) und „Going Out In Style“ (2011) zu den wichtigsten und gelungensten Alben der Band, die ihren „Celtic Punk“ im Gegensatz zu den ewigen Genre-Konkurrenten Flogging Molly mit wesentlich mehr Aggressivität und Schwung versetzen. Besagter Casey ist Sänger, Frontmann und letztes verbliebenes Gründungsmitglied der familiären Combo, die ihre Partyabende schon immer mit klaren gesellschaftspolitischen Inhalten würzte. „Ich bin heute 55 Jahre alt, ich wollte nie in den Rückspiegel schauen und mir vorwerfen lassen müssen, ich hätte mich mit einem Bandkollegen gezofft“, erzählt Casey im „Krone“-Interview, „es gab vor allem früher einige Besetzungswechsel, aber die Freundschaft steht über allem. Es gab nie großes Drama bei uns und ich mag das Bruder-Prinzip: Der ältere schaut auf die jüngeren und vermittelt ihnen die wichtigen Werte. Wir sind fast alle irische Immigranten-Kinder aus der Working-Class. Wir sind schon rein daher total auf einer Welle.“

Aus dem Tritt kamen die Murphys nur einmal kurz - ausgerechnet in ihrer erfolgreichsten Karrierephase. „Nach ,The Meanest Of Times‘ gab es vier Jahre lang kein Studioalbum. „Uns viel eine Zeit lang nicht so viel ein, Bandmitglieder wurden Väter, es gab Krankheiten und Veränderungen. So ist das Leben. Dann tritt man halt einmal auf die Bremse, aber man stoppt den Zug deshalb nicht. Ich weiß, dass die zwei Akustikalben nicht die Sache all unserer Fans ist, aber sie waren mir ein Anliegen. Sie sind das Ergebnis der Inspiration von Guthrie und unserer eigenen Historie. Mir war es wichtig, diesen Schritt zu gehen, bevor es wieder stärker in Richtung eines klassischen Murphys-Albums geht.“ Im Live-Segment gelten die Dropkick Murphys als eine der energetischsten Bands überhaupt. So steif kann eine Party gar nicht sein, dass Casey und Co. sie mit ihren schwungvollen Songs, der mitreißenden Bühnenshow und guter Laune nicht zum Beben bringen. Irgendwie paradox, dass diese besondere Form der Leichtigkeit mit durchaus schwermütigen Themen einhergeht.

Solidarität als Grundbotschaft
„Wir schreiben über die Dinge, die wir in unseren Leben sehen, selbst erlebt oder an nahen Menschen beobachtet haben. Es geht um die Ungerechtigkeiten des Alltags, um die Opioid-Toten, die hohe Arbeitslosigkeit und die Einwanderung. Unsere Grundbotschaft ist die Solidarität. Wir leben in einer politischen Gesellschaft, die sich mehr und mehr von den finanzkräftigen Multimilliardären unterwandern lässt. Das ist eine Gefahr für Gerechtigkeit, für die Demokratie und das Gleichheitsprinzip. Wir haben nun ein zweites Mal Donald Trump am Ruder und anstatt in auszuschweigen, sollten viel mehr Musiker und Menschen allgemein ihre Stimme erheben. Wenn du dich gegen Trump auflehnst, schickt er seine Schergen aus, die dich öffentlich mobben. Bullys habe ich schon in der Schule gehasst. Es ist mir ein Anliegen, dass wir nicht ruhig bleiben und auch nicht die Hoffnung aufgeben, dass wir irgendwann zurückblicken und über diese kurzen Verwirrungen in der Geschichte lachen können.“

Die Politik müsse endlich wieder in ruhige Fahrwasser kommen. „Erinnerst du dich noch daran, als lokale Politik so stocklangweilig war, dass niemand hinhören wollte? Da müssen wir wieder hin. Heute ist die politische Bühne durch die handelnden Charaktere wie eine grellbunte und laute Reality-Show, aus der es kein Entkommen gibt. Wer will in einer Welt leben, in der ein größenwahnsinniger Hitzkopf ohne Impulskontrolle die Hand auf dem Atomknopf hat? In der Pandemie haben viele Parteien und Politiker viel falsch gemacht und die Menschen schlecht eingebunden. Es muss jedenfalls möglich sein, den Leuten begreiflich zu machen, dass Typen wie Trump nicht für sie da sind, sondern lügen und sich nur um die elitären Kreise kümmern, in denen sie sich selbst befinden. Ich scheue auch nicht davor zurück, bei Gelegenheit persönlich mit den Leuten zu kommunizieren, weil das Thema zu wichtig ist, um es unausgesprochen zu lassen.“

Familie vor Band
Ein ausgeprägtes soziales Gewissen hat man bei den Dropkick Murphys auch intern. Bis 2022 teilte sich Casey live den Gesang mit Al Barr – der hat sich seit damals aber eine Live-Auszeit auf unbestimmte Dauer genommen, weil er seine demenzkranke Mutter pflegt. Eine schwierige, aber sehr menschliche Entscheidung. „Deine Familie und dein persönliches Glück kommen immer zuerst - nicht die Band. Das stand bei uns schon immer völlig außer Frage. Al ist seit mehr als 25 Jahren bei uns an Bord. Natürlich geben wir ihm die Zeit und Unterstützung, bis es ihm besser geht. Ich weiß, dass er dasselbe für uns tun würde, wäre es notwendig. Wir haben das Glück, großartige Fans zu haben, die das verstehen und akzeptieren. Es ist nicht so wie bei einer Pop-Band, wo die Hölle ausbricht, wenn ein Bandmitglied einmal auf der Bühne fehlt.“ Casey hat live seither die Hauptverantwortung, um die kritischen Statement Mitsing-kompatibel und lebensbejahend in die Halle zu feuern. „Es zahlt niemand für uns Eintritt, damit wir ihm die hässlichen Nachrichten vorsingen, aber wir erklären die Welt, so wie wir sie sehen.“

Zweimal live in Wien
Nach dem ersten Stadthallen-Auftritt der Dropkick Murphys vor fast exakt zwei Jahren, geben es Casey und Co heuer etwas billiger. Am 13. und 14. Februar sind sie dafür gleich zweimal im Wiener Gasometer zu Gast. „Es gibt auch zwei verschiedene Setlists und wir lassen uns für jeden Abend etwas Besonderes einfallen. Ich würde sogar behaupten, die Songs werden sich zu bis zu 90 Prozent voneinander unterscheiden. Ich hoffe, unser Publikum weiß das zu schätzen.“ Mit den Karten wird es langsam eng. Auf www.oeticket.com gibt es ad hoc noch ein paar für den 13. Februar, eventuell eröffnet sich auch für den Valentinstag noch ein Restkontingent. Und glaubt man den Meldungen, ist wohl auch bald wieder ein richtiges Murphys-Album realistisch.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt