Obwohl eine Tirolerin von einem Mann gewürgt worden ist, soll ihr die Polizei eine Anzeige verwehrt haben. Die heimische Exekutive sieht den Vorfall natürlich ganz anders. Mittlerweile liegt der Fall bei der Innsbrucker Staatsanwaltschaft.
Es sind schwere Vorwürfe gegen die Polizei, mit der sich Frau S. bei der „Krone“ meldete. Vor einigen Wochen machte sie auf einer Rodelstrecke in ihrem Heimatort eine deutsche Urlaubergruppe mit zwei frei laufenden Hunden auf die Leinenpflicht aufmerksam. Ihre Tochter (13) und deren Freundin waren zuvor aus Angst vor den Tieren in den Wald geflüchtet. Laut S. entbrannte daraufhin ein heftiger Streit mit den vier Deutschen, wobei sie drohte, die Polizei zu rufen. „Da hat mich einer der Männer am Hals gepackt und gegen mein Auto gedrückt, bis ich keinen Boden mehr gespürt habe.“ Erst, als eine der Frauen eingeschritten ist, habe er von ihr abgelassen.
Separate Befragungen durch die Polizei
S. flüchtete, ihr Lebensgefährte rief die Polizei. Die Beamten ließen sich separat schildern, was passiert war. Anschließend fragte S., wie es nun bezüglich einer Anzeige weiterginge. Der Polizist, der die Deutschen befragt hatte, soll darauf erwidert haben: „Es gibt keine Anzeige.“ „Erstens seien sie zu viert und ich alleine, zweitens habe der Mann behauptet, ich hätte ihn angegriffen, drittens hätte ich keine sichtbaren Verletzungen“, beschreibt S. die angebliche Begründung des Beamten.
Die „Krone“ konfrontierte den Postenkommandanten der betreffenden Dienststelle sowie den zuständigen Bezirkspolizeikommandanten mit den Vorwürfen. Diese schildern den Vorfall anders: Frau S. habe vor Ort angegeben, nicht verletzt zu sein. „Und ohne Verletzung kann ich keine Anzeige wegen Körperverletzung stellen“, so der Postenchef.
Der Bezirkskommandant bekräftigt dies und beschreibt den betreffenden Beamten als „immer höflich, geradlinig und konsequent“. Beschwerden habe es noch nie gegeben. Weder er noch der Postenkommandant könnten sich vorstellen, dass Frau S. die Anzeige unrechtmäßig verwehrt wurde.
Es gibt jedenfalls auch das Vergehen der versuchten Körperverletzung.
Hansjörg Mayr von der Staatsanwaltschaft Innsbruck
Muss die Polizei jede Anzeige aufnehmen?
„Die landläufige Annahme, dass jede Anzeige aufgenommen werden muss, stimmt so nicht“, erklärt ein Sprecher der Volksanwaltschaft. Hansjörg Mayr von der Staatsanwaltschaft Innsbruck konkretisiert: Grundsätzlich sei die Polizei verpflichtet, Anzeigen aufzunehmen, „nur, wenn sie der Meinung ist, es sei irrelevant, uns zu berichten, muss sie das nicht tun“. Auf die Frage, ob für eine Anzeige wegen Körperverletzung eine offensichtliche Verletzung vorliegen müsse, meint Mayr: „Es gibt jedenfalls auch das Vergehen der versuchten Körperverletzung.“
Vorwürfe gegen Beamte und deren Chef
Frau S. erstattete letztlich doch Anzeige. Ein Internist bestätigte Würgemale, die Patientin habe Schmerzen und ein Trauma. Der Befund liegt der „Krone“ vor. Erst damit und nach mehreren Anrufen habe sie die Anzeige machen dürfen, behauptet S. Das stimme nicht, widerspricht der Bezirkskommandant. Man habe nur vorher nichts von der Körperverletzung gewusst, S. hätte diese ja verneint. Und der Postenkommandant, der die Anzeige aufnahm, berichtet, dass sich ihre Aussagen nicht mit denen im Einsatzprotokoll deckten: „Sie hat mir das ganz anders geschildert als den Kollegen.“
Er hat eine Stunde lang versucht, mir die Anzeige auszureden.
Frau S. über den Polizisten
Frau S. entgegnet, dass sie von Anfang an angegeben habe, verletzt zu sein. Sie verdächtigt die Beamten, das Einsatzprotokoll gefälscht zu haben. Dem Postenchef wirft sie vor: „Er hat eine Stunde lang versucht, mir die Anzeige auszureden.“ Dieser wehrt sich: „Wir haben ein ganz normales Vorgespräch geführt. Ich wollte ihr nichts ausreden.“
Fall liegt jetzt bei Staatsanwaltschaft
Welche Version nun auch stimmt – Frau S. hat sich an die Staatsanwaltschaft Innsbruck gewandt, wie Sprecher Mayr bestätigt. Näheres verriet er nicht, grundsätzlich seien Anzeigen gegen die Polizei aber selten.
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