„Ich kann´s mir logisch nicht erklären“ – jener 32-jährige Polizist, der wegen Amtsmissbrauch in Linz vor Gericht stand, „druckste“ in seiner Einvernahme herum, warum er einen Akt gegen eine Kollegin runtergespielt hatte. Und der Staatsanwalt zeigte mit einem selten leidenschaftlichen Plädoyer auf, unterlag aber dem Schöffensenat.
„Wir von der Staatsanwaltschaft sind Schreibtischtäter. Die Polizisten sind unsere Augen, Ohren und Nasen. Wenn diese ihre Arbeit nicht richtig machen, kommen wir zu falschen Entscheidungen, das Gericht kann seine Arbeit nicht tun. Und das unterminiert die Strafverfolgung und erschüttert das Vertrauen in diese. Das ist gerade in Zeiten wie diesen nicht tragbar“ – in einem leidenschaftlichen Schlusswort sprach sich der Staatsanwalt dagegen aus, dass der angeklagte Polizist eine Diversion – also keinen Schuldspruch – bekommt, wie dessen Anwältin die Richterin gebeten hatte.
„Alles ist schiefgegangen“
Von Anfang an gestand der Beamte die Schuld ein. Er hatte von einer Kollegin einen Akt über einen Brand in Puchenau übernommen, aber nicht ordentlich zu Ende geführt. „Es ist alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte“, sagte der zweifache Familienvater. „Das ist untertrieben“, entgegnete die Richterin. Denn der Polizist hatte wissentlich in dem Abschlussbericht geschrieben, dass ein Brand in einem Haus in Puchenau von einer Nachttischlampe ihren Ausgang genommen hatte. Obwohl es zwei Brandstellen gab, obwohl die Lampe unbeschädigt war und obwohl in einem Amtsvermerk die Kollegin bereits von einer Vorsatztat gesprochen hatte. „Sie haben sich diesen Amtsvermerk siebenmal angesehen“, sagte die Richterin - auch am Tag, als er den Abschlussbericht wegschickte.
Zuerst Verfahren eingestellt
„Ich kann es mir nicht logisch erklären“, druckste der Polizist, der seit sieben Jahren im Dienst ist, herum. Er hatte den Amtsvermerk seiner Kollegin und weitere Einvernahmen nicht weitergeschickt, und deshalb war der Akt zuerst auch eingestellt worden. Erst als sich das Opfer meldete und meinte, dass hier etwas nicht stimme, wurde weiterermittelt.
Persönliche Probleme als Erklärung
Als Erklärung gab der Angeklagte an, dass er „den Akt vom Tisch haben wollte“, weil er zu einer Ausbildung abkommandiert war und es daheim wegen einer Problemschwangerschaft bei seiner Gattin schwierig war, weshalb er „den Kopf nicht bei der Arbeit hatte“. Dass sein Verhalten damit zusammenhängen könnte, dass er gegen einen Kollegen hätte ermitteln müssen – denn der mutmaßliche Brandstifter ist ein Polizist –, verneinte er: „Ich habe mit ihm noch nie zusammengearbeitet, kenne seinen Namen nur aus Akten.“ Denn es hatte schon öfter Probleme im Hause des Kollegen gegeben, Betretungs- und Waffenverbote mussten ausgesprochen werden.
Als der Angeklagte nach dem Papamonat in den Dienst zurückkehrte, lag der Akt wieder auf seinem Tisch, und er musste gegen den Kollegen ermitteln.
Einen Monatslohn zahlen
Trotz des Plädoyers des Staatsanwalts sprach sich der Schöffensenat dafür aus, dem Angeklagten eine „zweite Chance zu geben“, und es wurde auf eine Diversion entschieden. Binnen 14 Tagen muss der Polizist einen Monatslohn in der Höhe von 2700 Euro zahlen, dann wird das Verfahren eingestellt. Der Staatsanwalt sprach sich dagegen aus. Unklar ist, ob die Anklagebehörde gegen den Beschluss Einspruch erhebt. Damit ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig.
Auslöser steht am Mittwoch vor Gericht
Damit ist das Verfahren gegen den ersten angeklagten Polizisten vorerst beendet, morgen, Mittwoch, muss sich noch jener Beamte vor Gericht verantworten, mit dessen mutmaßlicher Tat alles begonnen hatte. Er soll den Brand vorsätzlich verursacht haben.
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