Es sind mindestens 600 Millionen Euro Schaden, um die es in der Commerzialbank-Pleite geht. Einen Teil davon hat wohl ein ehemaliger Angestellter der Österreichischen Nationalbank zu verantworten, der Ex-Bankchef Martin Pucher Prüfungstermine verraten hatte. Im Landesgericht Korneuburg (NÖ) kommt er dank seines Geständnisses glimpflich davon.
Während im Landesgericht Eisenstadt seit Mitte Jänner der bisher größte Prozess in der Causa Commerzialbank Mattersburg läuft, ist der Bankenskandal auch in Korneuburg (NÖ) Thema. „Es handelt sich um einen kleinen Nebenstrang“, erklärt der Oberstaatsanwalt der WKStA. Auf der Anklagebank sitzt ein ehemaliger Mitarbeiter der Österreichischen Nationalbank (OeNB).
Termine für Bankprüfungen verraten
„Es geht um einen Besuch, der dich nicht sehr freuen wird“, habe der 58-Jährige gegenüber Martin Pucher, dem damaligen Chef der Commerzialbank, Prüfungen durch die OeNB angekündigt. Dadurch blieb genug Zeit, gefälschte Kredite und Malversationen zu vertuschen, diverse Zahlen vorzeigbar zu machen. „Das machte er nicht nur einmal, sondern bei allen Prüfungen“, klagte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Verletzung des Amtsgeheimnisses im Jahr 2014, 2019 und 2020 an.
„War mit Martin Pucher befreundet“
Mit gesenktem Blick und hängenden Schultern sitzt der nun Arbeitslose vor Richter Manfred Hohenecker, der mit dem Angeklagten das Warum herausarbeitet. Zwar stand der gebürtige Wiener auf der Geschenkliste der Commerzialbank Mattersburg, bekam Zusendungen wie eine Käseglocke, ein Teeset, ein Badetuch oder auch einen Toaster, Herr Rat ist jedoch überzeugt: „Für so etwas das Amtsgeheimnis zu verletzen, ist ja völlig unverständlich.“
Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger klärt auf: „Mein Mandant war mit Martin Pucher befreundet.“ Man hätte die Liebe zum Fußball geteilt – natürlich keine Rechtfertigung. „Ihm ist das so unangenehm. Er hat alles verloren. Sein Leben ist quasi vorbei“, kündigt der Anwalt ein Geständnis an. Was den Prozess wesentlich abkürzt. Zeugen werden deswegen nämlich keine mehr benötigt. Ex-Commerzialbankvorständin Franziska Klikovits – sie ist wegen Puchers Verhandlungsunfähigkeit die Hauptangeklagte im Riesenprozess in Eisenstadt – kann also wieder nach Hause gehen.
Es ist für Sie besser, dass wir den Schaden, für den Sie verantwortlich sind, nicht kennen.
Richter Manfred Hohenecker im Landesgericht Korneuburg
Nach einer halben Stunde und dem Ausschließen einer Diversion aus „generalpräventiven Gründen“ fällt auch schon das milde Urteil gegen den Ex-OeNB-Mitarbeiter: acht Monate bedingte Haft. „Ich glaube, dass Sie kaum mehr in die Lage kommen, so eine Tat zu begehen“, begründet Richter Hohenecker. Der 58-Jährige nimmt das Urteil an, die WKStA hat Berichtspflicht und gibt deswegen keine Erklärung ab.
Herr Rat schließt die Verhandlung mit der Mahnung: „Es ist für Sie besser, dass wir den Schaden, für den Sie verantwortlich sind, nicht kennen.“ Der Gesamtschaden in der Causa Commerzialbank beläuft sich nämlich auf 600 Millionen Euro. Wie viel davon durch eine rechtmäßige Bankenprüfung hätte verhindert werden können, bleibt offen ...
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