Die hohe Rückstellung in Russland hat die Ergebnisse der Raiffeisen Bank International (RBI) im Vorjahr stark belastet. Der Gewinn halbierte sich von rund 2,39 Milliarden Euro auf 1,16 Milliarden Euro.
Die Rückstellung ist die Folge eines Rechtsstreits der Strabag mit ihrem russischen Miteigentümer Rasperia. Rechtliche Probleme hat die RBI außerdem in Polen, auch hierfür musste die Bank hohe Rückstellungen buchen. Das Ergebnis 2024 stimmt Bankchef Johann Strobl dennoch optimistisch.
„Es läuft eigentlich sehr, sehr gut“
Abseits von Polen laufe es „in allen Teilen der RBI eigentlich sehr, sehr gut“, sagte Konzernchef Strobl am Dienstag bei der Jahrespressekonferenz. Das zeigten auch die Zahlen, die eine 840-Mio.-Euro-schwere Rückstellung in Russland, weitere Vorsorgen in Polen in Höhe von 649 Mio. Euro sowie den Ausstieg aus Belarus, der sich mit 824 Mio. Euro negativ auf das Ergebnis niedergeschlagen habe, verkraftet hätten. Die hohen Zinsen seien in allen Märkten gut genützt worden und die Eigenkapitalquote habe sich gut entwickelt. Der Zinsüberschuss werde künftig zwar wegen der fallenden Zinsen weniger, „aber das macht nichts, weil dafür wird die Qualität der Kunden besser und wird die Kreditnachfrage steigen“, so Strobl.
Ohne die Geschäfte in Russland und Belarus hat die RBI 2024 einen Konzerngewinn von knapp 975 Mio. Euro geschrieben. Das war um 1 Prozent weniger als im Jahr davor. Der Zinsüberschuss fiel um 1 Prozent auf 4,16 Mrd. Euro, der Provisionsüberschuss erhöhte sich dagegen um 5 Prozent auf 1,85 Mrd. Euro. Die harte Kernkapitalquote lag bei 15,1 Prozent. Rechnet man Russland und Belarus ein, halbierte sich der Gewinn auf 1,16 Mrd. Euro, der Zinsüberschuss stieg von 5,6 Mrd. auf 5,8 Mrd. Euro und der Provisionsüberschuss sank von 2,9 auf 2,6 Mrd. Euro. Die Kernkapitalquote fiel von 17,3 Prozent (2023) auf 17,1 Prozent.
Geschäft in Russland weiter abgebaut
Das Geschäft in Russland hat die Bank im Vorjahr weiter abgebaut. 2024 sei das Kreditvolumen in Russland um weitere 30 Prozent zurückgefahren worden und liege nun bei rund 4,2 Mrd. Euro, so die Bank. Auch die Kundeneinlagen seien um 35 Prozent reduziert und Fremdwährungszahlungen aus Russland seien weiter eingeschränkt worden. An dem Plan, das Geschäft zu reduzieren, will die RBI auch im Falle eines Kriegsendes vorerst nicht rütteln. „Ich wünsche mir, dass der Krieg aus ist“, so Strobl. Ob das aber auch Einfluss auf die Rahmenbedingungen habe, sei aber offen. Derzeit wolle die RBI ihre Strategie nicht ändern. Wann genau die Bank in Russland das Exposure auf Null reduzieren könne, sei nicht abschätzbar, es sei aber durchaus denkbar, dass es in zwei bis drei Jahren kein Kreditportfolio mehr in Russland gebe.
Auch wie es im Rechtsstreit zwischen Strabag und Rasperia, in den auch die Raiffeisen Russland und damit die RBI verwickelt ist, weitergeht, ist derzeit offen. In einem erstinstanzlichen Urteil wurde Rasperia ein Schadenersatz von rund 2 Mrd. Euro zugesprochen. Sollte das Urteil auch in zweiter Instanz halten und die Raiffeisen in Russland damit finanziellen Schaden erleiden, will die RBI wiederum in Österreich Schadenersatz einklagen. Dann könnte sie sich an den in Österreich liegenden Vermögenswerten der Rasperia – Aktien und Dividendenansprüche im Wert von rund 1,2 Mrd. Euro – „bedienen“. Halten will die RBI die Strabag-Anteile aber nicht, diese sollen im Fall des Falles gerichtlich verwertet werden und der Erlös Raiffeisen zukommen.
Zweites Sorgenkind Polen
Neben Russland ist Polen ein ewiges Sorgenkind der RBI. In dem seit Jahren laufenden Streit geht es um Tausende Polen, die noch vor der Finanzkrise wegen damals niedriger Zinsen in der Schweiz Kreditverträge in Franken abgeschlossen haben, um ihr Haus zu finanzieren. Der polnische Zloty verlor jedoch in der Folgezeit gegenüber dem Franken massiv an Wert, was die Häuselbauer stark belastete. Viele Kreditnehmer klagten daraufhin gegen ihre Banken, um aus den teuren Krediten herauszukommen.
Im Geschäftsjahr 2024 verbuchte die Bank 649 Mio. Euro an Vorsorgen für Schweizer-Franken- und Euro-Hypothekarkredite, insgesamt hat die RBI schon knapp 2 Mrd. Euro (1,965 Mrd. Euro) an Rückstellungen für den Rechtsstreit getätigt. Aushaftend sind aktuell noch Schweizer-Franken-Kredite im Wert von rund 1,6 Mrd. Euro. Für Euro-Hypothekarkredite gibt es weitere 106 Mio. Euro an Rückstellungen, hier sind noch Kredite im Wert von 395 Mio. Euro aushaftend.
Ob noch weitere Rückstellungen folgen müssen, ist offen. Inzwischen seien viele der Franken-Kreditnehmer bereits vor Gericht. Insgesamt rechne die Bank damit, dass 92 Prozent derer, die einen Kredit in Polen haben, auch vor Gericht gehen werden. Die Rechtsprechung in Polen habe dazu große Anreize gegeben, da die Urteile die Verträge der Kunden einfach annullieren würden. Dadurch würde Kunden ein zinsloser Kredit ohne negative Wechselkurseffekte zugesprochen. Solche Urteile könnten weitere Klagen nach sich ziehen, beispielsweise von Kunden, die bereits einen Frankenkredit zurückgezahlt und das Wechselkursrisiko verdaut hätten, nun aber eventuell versuchen könnten, für einen zinslosen Kredit zu kämpfen. Wann das Ende erreicht ist, sei damit schwer zu sagen. Für die Franken-Kredite sei die Bank aber gut bevorsorgt.
RBI-Kunden als Kriegsprofiteure?
Zu einem Bloomberg-Artikel, laut dem die Bank unter ihren Kunden Unternehmen habe, die das Militär des Landes beliefern, äußerte sich der RBI-Chef zurückhaltend. Die Bank halte alle Sanktionsbestimmungen ein und habe keine Geschäftsbeziehungen zu sanktionierten Kunden. Es würden auch seit Langem keine Kredite mehr an russische Kunden vergeben, seien es sanktionierte oder nicht sanktionierte. Es gebe aber abreifende Kreditportfolien. Die RBI finanziere auch prinzipiell keine Rüstungsindustrie. „Es gibt keine großen Zahlungen in diese Richtung“, so Strobl. Bloomberg hatte am Montag über den Fall eines Chemie-Konzerns, von dem Raiffeisen 62 Millionen Rubel (606.629 Euro) für Dienstleistungen erhalten haben soll. Das Unternehmen soll Produkte geliefert haben, die für die Erzeugung militärischer Güter benötigt würden.
Trotz aller Probleme setzt die RBI für das laufende Jahr auf Wachstum. So peilt die Bank 2025 ein Kreditwachstum von 6 bis 7 Prozent sowie eine stabile harte Kernkapitalquote an. Unter der Annahme, dass das Russland-Geschäft ohne Einnahmen – also mit einem Kurs/Buchwert-Verhältnis von Null – ausgebucht werden muss, rechnet die Bank mit einer Kernkapitalquote von rund 15,2 Prozent. Als Dividende für 2024 schlägt die RBI 1,10 Euro je Aktie vor. Für 2023 war eine Dividende von 1,25 Euro ausgeschüttet worden.
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