„Krone“-Analyse

Trump torkelt wie ein Blinder durch Minenfeld Gaza

Kolumnen
05.02.2025 22:00

Man weiß eigentlich nicht, ob man lachen oder weinen soll. Immer wenn du glaubst, absurder geht es nicht mehr, zündet US-Präsident Donald Trump einen neuen Geistesblitz. Ist das noch Politik oder Lust an immer größeren Schockwellen?

Wie ein Blinder torkelt er durch das Minenfeld des Nahen Ostens. Diese blutgetränkte Landschaft hat schon viel erlebt, Schreckliches, aber den Gazastreifen, die Hölle auf Erden, nun zu einer Riviera umzubauen, kann nur einem zu einem Präsidenten mutierten Baulöwen in den Sinn kommen.

Falls die zwei Millionen Palästinenser nicht freiwillig gehen, könnte auch die US-Army nachhelfen, sinniert Trump vor sich hin. Welch eine albtraumhafte Vorstellung: US-Marines landen am Gazastreifen und vertreiben die Hamas – was schon Israel nicht gelungen ist! Diese Ideen schwirren in einem Kopf, der Kriege beenden, nicht beginnen will, sagt er. Da würden auch seine Wähler nicht mehr mitgehen.

Analysiert für die „Krone“: Außenpolitik-Experte Kurt Seinitz (Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com)
Analysiert für die „Krone“: Außenpolitik-Experte Kurt Seinitz

Auch wenn dieser Gaza-Riviera-Plan nur den Lust-Fantasien eines Mannes entsprang, der seine Worte nicht halten kann, ist doch maximaler Schaden angerichtet; allein schon, dass er in die Welt gesetzt wurde. Aus Gründen:

  • Die Palästinenser würden niemals freiwillig gehen. Sie haben ein nationales Trauma, die „Nakba“ (= Unglück, Katastrophe): Flucht und Vertreibung und ohne Rückkehr nach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg und dem Sechstagekrieg von 1967. Sie wissen: Wo sie einmal weg sind vom Heimatboden, gibt es kein Zurück. Und: Keiner will sie haben.
  • Israels Rechtsextremisten können ihr Glück kaum fassen: Gaza palästinenserfrei machen für eine jüdische (Wieder-)Besiedlung ist ja ihr Ziel.
  • Die ganze arabische Welt ist vor den Kopf gestoßen durch einen Plan, der sie an die finstersten Kapitel des westlichen Kolonialismus, besonders nach dem Ersten Weltkrieg, erinnert: Damals teilte sich der Westen das Osmanische Reich auf – die Wurzel aller nachfolgenden Nahostkriege und des israelisch-palästinensischen Konflikts. Jetzt kommt wieder einer aus dem Westen und will den Nahen Osten aufteilen.
  • Für die jordanische Monarchie, die dieses kleine Land als Friedensinsel im Nahen Osten bewahrt hat, ist Trumps Plan existenzgefährdend. Die jordanische Bevölkerung besteht schon jetzt nach den zwei Fluchtwellen aus über zwei Drittel Palästinensern. Das Königshaus stammt aus Mekka – eine heikle Angelegenheit. Palästinenserführer Arafat wollte seinerzeit die Macht ergreifen und wurde von den Beduinentruppen des König Hussein vertrieben. Für die israelischen Rechtsextremisten ist Jordanien schon längst der eigentliche Palästinenserstaat, der eine Zweistaatenlösung auf dem Westjordanland und Gaza unnötig macht.
  • Ägypten hat zwar 100 Millionen Einwohner, könnte also einen Zuzug absorbieren, will aber keinen palästinensischen Unruheherd im Land riskieren. Das Regime des General-Präsidenten al-Sisi sitzt auf Bajonetten und muss jederzeit mit Hungerrevolten und Widerstand der Moslembrüder rechnen. An der Gaza-Grenze hat Ägypten einen dreifachen (!) Schutzzaun errichtet ...
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