Düstere Prognosen

Konjunktur: Es ist keine Besserung in Sicht

Vorarlberg
05.02.2025 16:45

Der Geschäftsklimaindex der Vorarlberger Industrie bleibt auch das zehnte Quartal in Folge im negativen Bereich. Die Wirtschaftsvertreter sehen nun die Politik gefordert – und zwar auf allen Ebenen.  

Die Wirtschaftskrise in Vorarlberg hat sich verfestigt. Am Mittwoch haben Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung die aktuelle Konjunkturumfrage für das 4. Quartal 2024 vorgestellt – und diese zeichnet ein teils dramatisches Bild: Zwar ist der Geschäftsklimaindex von -9,4 auf -9,0 Prozentpunkte geringfügig angestiegen, eine Erholung zeichnet sich allerdings nicht ab. Ganz im Gegenteil: Nach Einschätzung der Vorarlberger Industriebetriebe dürfte die Durststrecke noch Monate anhalten. Wie besorgniserregend die Lage ist, zeigen die Details der Umfrage: Nur elf Prozent der Vorarlberger Industriebetriebe bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als gut. Für 16 Prozent ist sie schlecht. Von knapp der Hälfte der Betriebe (46 Prozent) werden die Auslandsaufträge als schlecht beurteilt. Immerhin 23 Prozent erachten sie für gut.

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Die Deindustrialisierung, also die Verlagerung heimischer Produktion ins Ausland, hat längst begonnen, das ist ein schleichender Prozess. Unsere Unternehmen müssen nachhaltig profitabel sein und Gewinne zu schreiben. Sonst werden in Vorarlberg Arbeitsplätze und Standorte verloren gehen.

(Bild: Mathis Fotografie)

Markus Comploj, Spartenobmann der Industrie in der Wirtschaftskammer

Die Aufträge generell gehen jedoch weiter zurück, von einem Saldo von -29 aus dem Vorquartal auf aktuell -31 Prozentpunkte. Immerhin: Die aktuelle Ertragssituation hat sich anscheinend verbessert, der Saldo steigt von -47 auf -7 Prozentpunkte. Zum Hoffnungsschimmer taugt dieser Indikator allerdings nicht, zumal die Prognosen geradezu dramatisch sind: So rechnen 49 Prozent der Unternehmen damit, dass sich in sechs Monaten die Ertragslage wieder mieser darstellen wird. Demzufolge verschlechterte sich auch der diesbezügliche Saldo von -7 auf -37 Prozentpunkte. Befragt nach der allgemeinen Geschäftslage in sechs Monaten gaben 85 Prozent der Unternehmen an, dass man mit unveränderten Umsätzen rechne. 15 Prozent befürchten eine weitere Verschlechterung, kein einziges Unternehmen rechnet mit einer Verbesserung!

Die Deindustrialisierung ist bereits ein Faktum
Erst mit Anfang 2026, so die vage Hoffnung, könnte die Konjunktur wieder anziehen. Angesichts dieser düsteren Prognosen schrillen bei Markus Comploj, Spartenobmann der Industrie in der Vorarlberger Wirtschaftskammer, bereits alle Alarmglocken: „Die Deindustrialisierung, also die Verlagerung heimischer Produktion ins Ausland, hat längst begonnen, das ist ein schleichender Prozess. Unsere Unternehmen müssen nachhaltig profitabel sein und Gewinne zu schreiben. Sonst gehen Arbeitsplätze und Standorte verloren.“ Die Betriebe würden zwar alles daransetzen, die Mitarbeiter zu halten, das werde allerdings immer schwieriger. Umso dringlicher sei es, dass die Politik endlich in die Gänge komme und ihre Hausaufgaben erledige – und zwar auf allen Ebenen, von der EU bis zu den Gemeinden. Neben den bereits bekannten Forderungen – Bürokratieabbau, Senkung der Lohnnebenkosten, Steueranreize für Mehrleister, einen effizienten Verwaltungsapparat und Investitionen in Digitalisierung, Forschung und eine moderne Infrastruktur – sieht Comploj auch die Arbeitnehmervertreter in der Pflicht: „Wer in dieser äußerst angespannten Situation glaubt, bei KV-Verhandlungen überhöhte Forderungen stellen zu müssen, hat nicht verstanden, wie alarmierend die Lage ist.“ Bereits die massiven Lohnerhöhungen der vergangenen Jahre seien für die Vorarlberger Industrieunternehmen eine große Bürde. Mit dieser Sicht der Dinge kann sich Gewerkschaftsboss Reinhard Stemmer allerdings nicht anfreunden. „Der Vorwurf, die Arbeitnehmer seien schuld an der schlechten Wirtschaftslage der Unternehmen im Land, weil sie faire Gehalts- und Lohnabschlüsse für ihre Leistung verlangen, um die Inflation abdecken zu können, ist ein Affront sondergleichen!“

Betriebe stehen unter enormen Kostendruck
Wie stark die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe gefährdet ist, zeigt ein Blick auf die für Vorarlberg so wichtige Maschinen- und Metallindustrie, die bereits jetzt am stärksten unter der rezessiven Phase leidet – und die es noch schlimmer beuteln könnte. Denn in diesem Bereich rechnen sogar 76 Prozent der Unternehmen mit einer weiteren Verschlechterung der Ertragslage. Grund dafür sind nicht zuletzt die pessimistischen Erwartungen hinsichtlich der Verkaufspreise. Für 70 Prozent der befragten Betriebe werden diese in den kommenden drei Monaten weiter fallen. „Die dramatischen Werte zeigen den enormen Kostendruck und die Notwendigkeit von Kostensenkungsprogrammen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden“, betont Michael Amann, Geschäftsführer der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg.

Porträt von Vorarlberg-Krone
Vorarlberg-Krone
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