Faszination True Crime

Uni Graz untersucht Neugier an wahren Verbrechen

Steiermark
07.02.2025 07:00

Die Begeisterung rund um das Thema „True Crime“ ist ungebrochen. Grazer Psychologen erforschen nun die Anziehungskraft wahrer Verbrechen. Ist die Auseinandersetzung damit vielleicht sogar hilfreich bei der Angstbewältigung? 

Schon seit Längerem herrscht großes Publikumsinteresse an echten Kriminalfällen. Untersuchungen im angloamerikanischen Raum erkannten, dass die Faszination für Verbrecher und ihre Taten vor allem Frauen betrifft. Nun hat sich auch ein Psychologenteam der Uni Graz mit dem Phänomen „True Crime“ beschäftigt und diese These für Österreich bestätigt.

Das Ergebnis der Online-Befragung, die rund 600 Personen umfasst, ist eindeutig: Ja, es sind vor allem Frauen, die sich von wahren Verbrechen fesseln lassen. Während Männer durchschnittlich vier Stunden pro Woche mit dem Hören von True-Crime-Podcasts oder dem Schauen von Dokumentationen und Serien zum Thema verbringen, sind es bei Frauen rund sieben Stunden pro Woche. Also fast das Doppelte. 

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True-Crime-Fans zeigen eine höhere Fähigkeit, mit Angst und Stress im Alltag umzugehen.

Corinna Perchtold-Stefan

In der Befragung ging es vor allem um die Motive für die Beschäftigung mit realen Kriminalfällen. „75 Prozent der Befragten führten an, die Psychologie hinter den schrecklichen Taten verstehen zu wollen. 30 Prozent nannten allgemeine Neugier als Beweggrund, knapp 28 Prozent ein grundlegendes Interesse am Justizsystem, Polizeiarbeit und kriminalistischen Ermittlungen“, sagt die Projektleiterin Corinna Perchtold-Stefan. 

True Crime als Gegenmittel bei Angst
„Schuldig im Sinne der Anklage“, gesteht die Psychologin bei der Frage, ob sie selbst ein Fan von wahren Verbrechen sei. Ihr eigenes Interesse hat sie dazu gebracht, sich näher mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die steigende Beliebtheit des Genres bewegte sie schließlich zum Start ihrer ersten True-Crime-Studie.

Dabei konnte Perchtold-Stefan gemeinsam mit ihrem Team feststellen, dass viele der Befragten durch die Kriminal-Storys aber auch ein gewisses Gefühl von Sicherheit bekommen. Sie wollen die Hintergründe der Täter verstehen und Unsicherheiten auflösen. „Die Auseinandersetzung mit dem Verbrechen, der Versuch, es zu verstehen, macht die Gefahr greifbarer und damit erträglicher. Sie vermittelt das Gefühl, die Bedrohung zu kennen und somit im Alltag besser darauf vorbereitet zu sein“, erklärt Perchtold-Stefan.

Projektleiterin Corinna Perchtold-Stefan (Bild: Corinna Perchtold-Stefan)
Projektleiterin Corinna Perchtold-Stefan

Erstmalig wurden im Zuge einer Studie zu diesem Thema auch MR-Scans erstellt und analysiert. 130 der 600 Probanden der Online-Befragung meldeten sich dafür freiwillig. Die Untersuchungen waren sogenannte Ruhemessungen, bei denen die Gehirnaktivität im Ruhezustand beobachtet wurde. „Wir sahen, dass die Teilnehmer besonders viele Verbindungen in jenen Regionen aufweisen, die mit dem Bedürfnis, Neues zu erfahren, zu lernen und zu verstehen assoziiert sind“, sagt die Psychologin. Dergleichen konnten die Forscher auch in den Gehirnregionen, die mit dem Gerechtigkeitssinn, Empathie und moralischen Überlegungen verbunden werden, erkennen. 

Noch mehr Verbrechen, bitte
Das nächste Ziel von Perchtold-Stefan ist eine Langzeitstudie zum Thema: „Wir möchten beobachten, wie sich das Erleben und Verhalten, das Sicherheitsempfinden, Aggressivität und der Umgang mit Emotionen über Jahre hinweg entwickeln.“ Beim Projekt „Horror als kreative Emotionsregulation“ sollen also vor allem die Fragen nach langfristigen Auswirkungen von True-Crime-Konsum geklärt werden. Ob diese in Bezug auf die Bewältigung von Angst und Stress vielleicht sogar positiv sind, möchte die Psychologin über einen Zeitraum von zwei Jahren erforschen. Geplanter Start der empirischen Studie ist 2026. Sie soll sowohl Verbrechens-Fans als auch Nicht-Fans begleiten, um bei regelmäßigen Gehirnscans die Auswirkungen bestmöglich zu erkennen, vergleichen und analysieren zu können. 

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