Neuer Roman

Franzobel: Ein wahres Schicksal im „Menschenzoo“

Oberösterreich
09.02.2025 16:00

Der Autor Franzobel ist eine der wichtigsten Stimmen der österreichischen Gegenwartsliteratur. Am 18. Februar erscheint sein neuer Roman „Hundert Wörter für Schnee“. Darin erzählt er die Geschichte eines Inuit, der einst in der „Völkerschau“ landete – und daran zerbrach. Nach Trumps Griff nach Grönland ist Franzobels Buch topaktuell. 

Grönland, die Insel im hohen Norden, ist derzeit im Zentrum der Weltpolitik. US-Präsident Donald Trump möchte Grönland kaufen oder annektieren. Die überwiegend traditionell lebenden Bewohner, die Inuit, würden dann „ein Indianer-Schicksal“ erleiden, glaubt der oberösterreichische Autor Franzobel.

Sein neuer Roman „Hundert Wörter für Schnee“ (Zsolnay) spielt auf Grönland. Im Zentrum steht das Schicksal des Inuit Minik, der 1897 von dem Polarforscher Robert Peary gemeinsam mit einigen Verwandten als Schauobjekt in einen „Menschenzoo“ nach New York gebracht worden ist.

„Krone“: Warum muss Miniks Geschichte genau jetzt erzählt werden?
Franzobel: Die Klimakatastrophen werden immer schlimmer, die westliche Welt lebt nur noch nach dem Prinzip Wachstum. Da fand ich es reizvoll, eine Gesellschaft zu beschreiben, die ganz andere Werte hat und noch wirklich im Einklang mit der Natur lebt, keinen Krieg kennt, aber auch keinen König, keinen Präsidenten, nicht einmal einen Chef – daher finden sich die Inuit in der westlichen Welt auch nur schwer zurecht.

(Bild: Julia Heimburger)

Sie waren selbst ein Monat in Grönland. Was ist Ihre stärkste Erinnerung?
Das Essen von roher Robbe, das Zerteilen von Narwalen und die mächtige, grandiose Natur. Im Gegensatz zu den Inuit in Kanada und Alaska leben die Menschen hier noch sehr traditionell. Jede Familie hat rund ein Dutzend Schlittenhunde. Es gibt ja in ganz Grönland vielleicht 10 Kilometer Straße. Die Jagd erfolgt teilweise noch immer mit Harpune und Kajak.

(Bild: Zsolnay)

Sie erzählen die wahre Geschichte von Minik, ein Inughuit, der im Menschenzoo landet. Über ihn erzählen Sie das Schicksal eines Naturvolkes. Wie kann man ihn sich vorstellen?
Minik ist ein Zerrissener, ein Heimatloser und somit eine Identifikationsfigur für alle Auswanderer und Vertriebenen. In Amerika wird er zum Spielball verschiedenster Interessen, in Nordgrönland, wohin er schließlich wieder zurückkehrt, bleibt er ein Fremder.

Nun will Trump Grönland ausbeuten. Wiederholt sich die Geschichte?
Bereits die sanfte Kolonisation der Dänen hat für die Inuit viel Unheil gebracht, aber ein amerikanisiertes Grönland mit proletarisierten Einheimischen und US-Millionären, die zum Spaß auf die Jagd gehen, wäre eine Katastrophe.

Was halten Sie dagegen?
Die Menschheit kann von den Inuit sehr viel lernen. Ein bisschen davon vermittelt hoffentlich der Roman.

Franzobel: „Hundert Wörter für Schnee“, ZsolnayVerlag; 28 €, erhältlich ab 18. Februar;

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