„Krone“-Film-Interview

„Nathalies Geschichte steht für viele Frauen“

Unterhaltung
06.02.2025 14:00

Es war ein Verbrechen, das 2019 das Land erschütterte: In der Steiermark wurde eine junge Mutter entführt und festgehalten. Die Verfilmung „Ohne jede Spur“ ist heute auf ORF 1 zu sehen (20.15 Uhr). Wir sprachen mit den Hauptdarstellern über das fordernde Projekt.

Ein Verbrechen zu verfilmen, das erst vor wenigen Jahren begangen wurde, ist besonders heikel. Deshalb hat Luise von Finckh mit dem Entführungsopfer Nathalie B. vorab Kontakt aufgenommen: „Ich habe mit Nathalie gesprochen, sie hat mir ihr Vertrauen für die Rolle gegeben. Sie hat mir auch gesagt, was ihr am wichtigsten ist zu erzählen: Nämlich, dass der wahre Kampf erst nach der Tat begann. Mit der Angst umzugehen und weiterzuleben, war die größte Herausforderung.“

Triathletin Nathalie macht nach der Geburt ihres Kindes die erste Radtour und wird überfallen und eingesperrt. (Bild: ORF)
Triathletin Nathalie macht nach der Geburt ihres Kindes die erste Radtour und wird überfallen und eingesperrt.
Ihr Lebensgefährte und ihr Vater suchen mit Freiwilligen nach ihr.  (Bild: ORF)
Ihr Lebensgefährte und ihr Vater suchen mit Freiwilligen nach ihr. 

Allen Beteiligten am Film „Ohne jede Spur“ war eines besonders wichtig: „Hier wird nicht wie üblich nur die Tätergeschichte erzählt, sondern eine Heldinnengeschichte“, erklärt Hauptdarstellerin von Finckh. Ihr Kollege Dominic Marcus Singer, der den Entführer spielt, sieht es ähnlich: „Das war der Grund, dass ich die Rolle annehmen konnte: Die Geschichte wird aus der Sicht der Frau erzählt, die sich mit ihrer Stärke widersetzt.“ Sein Zugang zu seiner Figur: „Für meine Rolle habe ich nach dem ,Warum‘ gesucht, ich habe mich darauf fokussiert, dass die Tat aus einem Schmerz heraus begangen wurde. Wir haben hier ein Monster, dass sich seiner Taten bewusst ist, aber nicht dagegen ankämpft. Das war spannend für mich, zu erzählen – dass es solche Menschen gibt.“ Dennoch sei es für ihn besonders schwierig gewesen, diesen Charakter zu mimen: „Nach dem Dreh war ich emotional aufgebraucht. Ich habe mich der Rolle so ausgeliefert, dass ich danach für sechs Monate alles abgesagt, nichts gespielt habe. Ich musste Ruhe finden.“

Viel Kraft kostete der Dreh auch von Finckh: „In einer Szene, in der der Täter Nathalie zwingt, aus einer Weinflasche zu trinken, schaltete mein Körper in den Überlebensmodus. Ich zitterte und weinte – unsere Intimitätskoordinatorin hat mir da sehr geholfen.“ Der Film solle vor allem Betroffenen Mut machen: „Nathalies Geschichte steht für viele Frauen da draußen, die nach Angriffen ihren Selbstwert wieder aufbauen müssen. Gewalt an Frauen ist real und hat in den letzten Jahren sogar zugenommen. In Deutschland wird jeden zweiten Tag eine Frau in von ihrem (Ex-)Partner umgebracht, in Österreich sieht es sogar noch schlimmer aus.“ Den Film begleitet eine Doku (s. unten).

„Das zweite Leben von Nathalie“
Die Entscheidung, nicht zu zerbrechen

In dieser Dokumentation kommt das Opfer selbst zu Wort. Direkt nach dem Spielfilm „Ohne jede Spur“ (s. o.) startet auf ORF 1 die Dokumentation „Das zweite Leben von Nathalie“ (21.50 Uhr). Diese setzt dort an, wo der Film aufhört, nämlich nach der Entführung. Sie zeigt, wie Nathalie B. und ihr Umfeld mit den schrecklichen Geschehnissen umgingen, wie sie wieder zurück ins Leben fanden. Nathalie berichtet im Interview von den ersten Tagen nach ihrer Rückkehr, ihrem ersten Radtraining nach den Geschehnissen und von den Erinnerungen, die immer wieder hochkommen – und schließlich auch von ihrer Entscheidung, daran nicht zu zerbrechen, sondern sich ihrer Angst zu stellen. Nathalie lebt auch bis heute in ihrem Heimatort. Zu Wort kommen in der Doku auch ihr Ehemann, der damals per Facebook eine große Suchaktion starten konnte, Familienmitglieder, Freunde, Psychiater und Polizisten.

Entführungs-Opfer Nathalie B. spricht in der Doku über das Verbrechen und die schwierige Zeit danach. (Bild: ORF)
Entführungs-Opfer Nathalie B. spricht in der Doku über das Verbrechen und die schwierige Zeit danach.

Der Täter wurde damals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und außerdem als nicht zurechnungsfähig in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen.

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