FPÖ und ÖVP werden kommende Woche noch viel zu reden haben. Protokolle aus den Untergruppen zeigen eindrücklich, dass es noch große inhaltliche Differenzen zwischen den Koalitionsverhandlern gibt. Dabei versperren auch symbolische Brocken wie Flaggen den Weg.
So scheitert es derzeit nicht nur an den medial präsenten Punkten wie Sky Shield und dem ORF. Auch den Ausstieg aus internationalen Abkommen wie dem WHO-Pandemievertrag und der NATO-Partnerschaft für den Frieden sollen die Freiheitlichen fordern.
Die nach heftigeren Differenzen unterbrochenen Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP waren am Freitag auch auf Chefebene wieder aufgenommen worden. Zuvor hatte es gröbere Unstimmigkeiten gegeben, der Hauptstreitpunkt war die Ressortverteilung.
Hier dürfte es jedoch einen Fortschritt geben. So sollen die Freiheitlichen dem Verhandlungspartner das Außenministerium angeboten haben, dem künftig auch wieder die EU-Kompetenzen zufallen sollen. Die FPÖ bestätigte auf APA-Anfrage lediglich, dass man bereits am Freitag den Türkisen ein Angebot gemacht habe, ohne auf den Inhalt einzugehen. Ob damit auch der Richtungsstreit auf europäischer Ebene geklärt ist, bleibt abzuwarten.
Die EU-Agenden waren unter ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz 2017 erstmals aus dem Außenministerium ins Kanzleramt gewandert, nun könnten sie wieder ins Außenministerium zurückkehren. Damit läge die EU-Koordinierung nicht im angestrebten freiheitlichen Kanzleramt. Der FPÖ-Chef soll bereits in seinem Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Donnerstag angekündigt haben, der ÖVP hier entgegenkommen zu wollen.
Bestätigt wurde der Inhalt des Angebots durch die FPÖ zwar nicht, allerdings ein Gespräch mit dem Bundespräsidenten, bei dem dieser von einem Entgegenkommen informiert worden sei. Wenn die ÖVP ihre Kernkompetenz Außenpolitik und EU bekommt, sei es nur logisch, dass die FPÖ ihre Kernkompetenz Sicherheit und Asyl beansprucht, hieß es aus blauen Verhandlerkreisen. Auch die ÖVP beanspruchte bis zuletzt das Innenministerium für sich.
Am Montag wird wieder verhandelt, auch über Flaggen
Die Parteichefs Herbert Kickl (FPÖ) und Christian Stocker (ÖVP) sollen auch ab Montag vorwiegend auf Chefebene und in den Steuerungsgruppen weiter verhandeln, denn Probleme gibt es noch immer viele.
Dass es selbst in den Untergruppen mehrheitlich hakt, zeigen die nun aufgetauchten Protokolle, über die auch der ORF berichtete. So fordert die FPÖ laut den am Wochenende geleakten Papieren, dass nicht alle Amtsgebäude eine EU-Fahne tragen sollen. Selbst in der Asylfrage ist man sich nicht einig: Die blauen Verhandler wollen etwa „Pushbacks“ an den Außengrenzen und stellen das Asylrecht infrage.
Dauer von Grundwehrdienst ebenfalls Thema
Im Bereich Inneres – beide Parteien beanspruchen das Ministerium für sich – will die FPÖ laut den Protokollen das Krisensicherheitsgesetz abschaffen. Hier werden globale Krisen wie Kriege und Pandemien in den Blick genommen, staatliche Resilienzen sollen dadurch gesteigert werden.
Gestrichen werden soll im Sinne der FPÖ auch die CO2-Bepreisung. Auch eine Anhebung des Grundwehrdienstes auf zehn Monate und „Schmerzensgeld“ für die Coronavirus-Maßnahmen schweben den blauen Verhandlern vor. Viele große Brocken sollen nach wie vor die Parteispitzen selbst ausverhandeln.
ÖVP sieht Linien überschritten
Vor allem der Wirtschaftsflügel der ÖVP sieht sich mit für ihn unmöglichen FPÖ-Forderungen konfrontiert. Nach Bankenabgabe und einem finanziellen Beitrag der Kammern zur Budgetsanierung verlangen die Freiheitlichen nun auch, dass Kirchenbeitrag und Spenden an gemeinnützige Vereine nicht mehr steuerlich absetzbar sind.
Auch das Ende der Grundsteuerbefreiung für Kirchengebäude wird gefordert. Nach FPÖ-Rechnungen könnte die gestrichene Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags jährlich 155 Millionen Euro bringen, die Steuerbegünstigungen 60 Millionen Euro.
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