134 Tage sind seit der Nationalratswahl vergangen und noch immer hat Österreich keine Regierung. FPÖ und ÖVP mühen sich in zähen Verhandlungen, davor platzte schon das „Zuckerl“. Sollte Blau-Schwarz doch scheitern, stehen Neuwahlen ins Haus – oder doch wieder eine andere Variante? Man sei jedenfalls bereit, betonten die Vertreter von SPÖ, Grünen und NEOS am Sonntagabend.
Andreas Babler (SPÖ) und Werner Kogler (Grüne) appellierten an die ÖVP, die Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ zu beenden und doch noch mit der SPÖ und eventuell einer dritten Partei Gespräche zu führen. „Es ist nie zu spät zur Umkehr“, sagte Kogler in der ORF-Sendung „Das Gespräch“. Babler appellierte an die „Vernunft“ der ÖVP. Auch die NEOS wären bereit zu neuen Gesprächen, sagte NEOS-Mandatar Sepp Schellhorn.
Babler: „Unsere Hand ist ausgestreckt“
Babler betonte, es gehe darum, Verantwortung zu übernehmen. „Unsere Hand ist ausgestreckt“, sagte er einmal mehr in Richtung ÖVP. Denn man wisse, „was droht“: „Nämlich, dass der Vorsitzende einer rechtsextremen Partei Bundeskanzler werden könnte, durch die Hilfe der ÖVP.“ Die erste Voraussetzung für eine Wiederaufnahme von Gesprächen sei, dass in der ÖVP „die Vernunft“ einkehre. „Es liegt an der ÖVP, jetzt eine Entscheidung zu treffen. Sie wissen, mit wem sie sich ins Bett legen“, sagte er mit Blick auf FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Gefragt, ob die SPÖ bereit wäre, Kompromisse einzugehen, sagte Babler, seine Partei habe in den Dreierverhandlungen bzw. jenen mit der ÖVP allein „keine roten Linien gezogen“. „Wir sind sitzen geblieben, wir wollten diese Verhandlungen fertig führen. Wir waren der Meinung, dass die Punkte lösbar sind“ und man Kompromisse eingehen könne. „Eine kleine Gruppe in der ÖVP hat das anders gesehen.“ Und: „Ich bin sicher, dass ich mit Karl Nehammer diese Verhandlungen fertig führen hätte können. Nur hat er sich nicht mehr bewegen können und ist ganz beinhart demontiert worden und die ÖVP hat den Verhandlungstisch verlassen.“ Die SPÖ habe bewiesen, dass man „weite Wege“ gehe: „Wir können alles aushandeln außer der Demokratie“, sagte Babler.
Kogler warnt vor Kickl als Kanzler
Kogler warnte die ÖVP davor, der FPÖ ins Kanzleramt zu verhelfen: „Wenn die ÖVP die in Teilen rechtsradikale FPÖ und Herbert Kickl ins Kanzleramt hievt, lädt sie historische Schuld auf sich.“ Bevor es Neuwahlen gibt, wäre es für Kogler „vernünftig und verantwortungsvoll, dass die ÖVP wieder auf die SPÖ zugeht“, eventuell „mit einem Dritten“ – dies würden wohl die NEOS sein, so der Noch-Vizekanzler. „Wir würden das unterstützen, auch mit Zweidrittelmehrheiten, daran hat sich nichts geändert“, sagte er.
Die Verhandlungen der ÖVP mit der FPÖ bezeichnete Kogler als ein „No Go“: „Die ÖVP ist angetreten und hat damit Stimmen lukriert, Kickl und die FPÖ aus guten Gründen – als ,Sicherheitsrisiko‘ (wie die ÖVP Kickl im Wahlkampf nannte, Anm.) – zu verhindern.“ Jetzt aber stehe die Volkspartei davor, Kickl zum Kanzler zu machen. Auch Babler sagte, er hätte nie geglaubt, „dass die ÖVP ihr Wort bricht“.
NEOS weiterhin gesprächsbereit
NEOS-Mandatar Schellhorn, dessen Partei Anfang Jänner als erste die Dreiergespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS verlassen hatte, sagte, man sollte „nichts unversucht lassen“ und deutete etwa die Unterstützung einer ÖVP-Minderheitsregierung an. Denn Neuwahlen würden „jene befeuern, die damit spielen“, blickte er auf die FPÖ, ohne diese direkt zu nennen. Man könnte Kompromisse schließen, meinte er. Jetzt seien FPÖ und ÖVP am Zug. „Wenn sie sich nicht einigen, wird man vielleicht auch mit anderen Rollenaufgaben wieder aufeinander zugehen müssen.“ Das Stützen einer ÖVP-Minderheitsregierung schloss auch Babler nicht gänzlich aus.
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