Die Rekord-Kartellstrafe gegen die deutsche Lebensmittelkette Rewe wirbelt weiterhin viel Staub auf. Auch bei der Deutschen Handelskammer in Österreich stößt das „unverhältnismäßige“ Urteil des Obersten Gerichtshofes auf Unverständnis. Sie warnt vor dramatischen Folgen für den Wirtschaftsstandort in Österreich.
Der OGH wolle mit der Höhe der Geldbuße offensichtlich vorbeugend abschrecken. Allerdings, so der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Österreich, Thomas Gindele , habe das Gericht mit dem Urteil dem gesamten österreichischen Wirtschaftsstandort „einen Bärendienst“ erwiesen.
„Österreich verliert Rechtssicherheit“
Die „völlig überzogene Geldbuße“ des OGH würde Unternehmen zukünftig davor abschrecken, in Österreich zu investieren. „Auch ist es nicht vertrauensbildend, wenn bereits ein strenges, aber angemessenes Urteil gefällt wurde und dann nachgelegt wird“, meint Gindele. Die ohnehin schon unter enormem Druck stehende rot-weiß-rote Wirtschaft würde nunmehr einen weiteren Standortvorteil verlieren – die Rechtssicherheit und Verlässlichkeit, warnt der deutsche Kammer-Vertreter.
Rund 6000 deutsche Unternehmen seien in Österreich wirtschaftlich aktiv und trügen mit ihren Investitionen zu gut einem Drittel der gesamten österreichischen Wirtschaftsleistung bei. Ungefähr 600.000 österreichische Arbeitnehmer seien mittelbar und unmittelbar durch Engagement der deutschen Wirtschaft in Österreich und durch die Außenwirtschaftsbeziehung Österreichs mit Deutschland beschäftigt, gibt Gindele zu bedenken.
Wie berichtet, übernahm im Jahr 2018 die damalige Tochtergesellschaft Merkur Warenhandels AG (nun Billa Plus) Verkaufsflächen für einen Lebensmitteleinzelhandel im WELAS Park Einkaufszentrum in Wels, wo zuvor die Weiß Handels GmbH einen Lebensmitteleinzelhandel betrieben hatte. Dieser Vorgang wurde bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zuerst nicht als Zusammenschluss angemeldet.
Geldstrafe von 1,5 Mio. auf 70 Mio. Euro erhöht
Denn Rewe vertrat die Rechtsansicht, dass kein anmeldepflichtiger Zusammenschluss vorlag und holte die Anmeldung später nachträglich im August 2022 während des Verfahrens nach. Im Mai 2023 bestätigte das Kartellgericht das Vorliegen eines anmeldebedürftigen Zusammenschlusses, wies jedoch das Geldbußen- und Feststellungsbegehren der BWB wegen „mangelnder Strafwürdigkeit“ ab. Die BWB und der Bundeskartellanwalt erhoben damals Rekurs gegen den Entscheid. Der Oberste Gerichtshof (OGH) als Kartellobergericht gab den Rekursen im November 2023 statt und trug dem Kartellgericht die Festlegung einer Geldbuße in „spürbarer“ Höhe auf.
Das Kartellgericht verhängte dann eine Geldstrafe in Höhe von 1,5 Mio. Euro gegen Rewe. Dagegen erhoben die BWB und der Bundeskartellanwalt erneut einen Rekurs. Der OGH als Kartellobergericht erhöhte nun die Geldstrafe von 1,5 Mio. Euro auf 70 Mio.
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