Welche Rolle spielte der Altkanzler im Signa-Universum des Milliardenpleitiers? Rund um die Zeugenaussage vor der „Soko Signa“ taucht eine neue Rechnung auf. In Millionenhöhe.
Seit dem 23. Jänner sitzt René Benko in der Justizvollzugsanstalt Wien-Josefstadt in U-Haft. Fünf Tage später knöpften sich die Ermittler der Soko Signa den Millionenberater des Finanzjongleurs vor: Alfred Gusenbauer, der Anfang 2009 nahezu fliegend vom Kanzleramt in das Reich des Immobilienspekulanten gewechselt war, musste als Zeuge aussagen. Unter Wahrheitspflicht.
Hauptthema der Vernehmung: Das Geldkarussell, das René Benko im Sommer 2023 in Gang gesetzt haben soll, um der finanzmaroden Signa-Gruppe 35,35 Millionen Euro zu entnehmen.
Das viele Geld sollte durch diverse Signa-Gesellschaften geschleust werden, um am Ende bei einer Benko-Stiftung zu landen. Von dort wurde es dann wieder in die Signa eingebracht. Getarnt als vermeintlich frisches Eigenkapital. Der Verdacht der Ermittler: Signa-Gründer Benko wollte durch diese abenteuerliche Kreisüberweisung gegenüber seinen Co-Investoren den Eindruck erwecken, er würde bei einer bitter benötigten Geldbeschaffungsmaßnahme mit gutem Beispiel vorangehen, obwohl der bereits heftig schlingernden Signa tatsächlich kein eigenes Geld zugeführt wurde.
Gusenbauer erklärt zur geplanten Kapitalerhöhung: Er habe „dazu keine eigenen Wahrnehmungen, da ich nicht involviert war.“ Er sei aber später durch Benko und Co-Investor Hans Peter Haselsteiner, für dessen Stiftungen Gusenbauer ebenfalls tätig ist, informiert worden.
Mein Name ist Hase ...
Zweite Stoßrichtung der Kriminalisten: Wann hat der Altkanzler als Aufsichtsratschef diverser Kerngesellschaften sowie Beirat und Berater der Signa Holding „wahrgenommen, dass sich die Signa Holding GmbH in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befindet?“
Auch hier agierte Gusenbauer offenbar nach dem Motto: Mein Name ist Hase, ich weiß von fast nichts. Seine Antwort: „Der Beirat war diesbezüglich nicht eingebunden, daher habe ich dazu auch keine Kenntnisse.“
Keine Kenntnisse also. Das ist bei näherer Betrachtung der Fakten zumindest eine eigenwillige Sicht der Dinge, an deren Ende die größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte steht.
Drei-Millionen-Rechnung
Denn: Gusenbauer war im Jahr 2023, als in der Signa an allen Ecken und Enden nach Liquidität gefahndet wurde, sogar in „Kapitalaufbringungsmaßnahmen“ involviert. Das geht aus neuen Dokumenten hervor, die der „Krone“ und „News“ vorliegen.
Der ehemalige SP-Vorsitzende Gusenbauer stellte der Signa Holding über seine Beratungsgesellschaft noch am 24. Oktober 2023, rund einen Monat vor der Pleite, drei Millionen Euro in Rechnung. Für „die strategische Beratung der Geschäftsführung bei der Durchführung von Kapitalaufbringungsmaßnahmen der einzelnen Signa-Gesellschaften“, wie es im Rechnungstext wörtlich heißt. Der Leistungszeitraum: 1. April bis 31. Oktober 2023.
Dazu kommt eine weitere 300.000-Euro-Honorarnote, die der Signa Holding nur wenige Tage später, am 2. November, ins Haus flatterte. Damit rechnete Gusenbauer laut seinem Rechnungstext „den zweiten Teil des Bonusses 2023 laut Vereinbarung“ ab.
Am 22. November 2023, eine Woche vor der Insolvenzanmeldung der Signa Holding, schrillten zumindest beim Chefcontroller der Signa-Gruppe die Alarmglocken. Er übermittelte die beide Gusenbauer-Honorarnoten über insgesamt 3,3 Millionen Euro an die zwei Holding-Geschäftsführer und notierte dazu:
„Liebe Kollegen, ich wurde gestern von RB (offenbar: René Benko; Anm.) informiert, dass zu den Rechnungen anbei keine Vereinbarung bekannt ist/besteht. Vergleichbare Zahlungen wurden die letzten Jahre stets geleistet.“
50.000 Euro Fixgage
Übrigens: Die angespannte wirtschaftliche Lage der Signa Holding hätte Chefberater Gusenbauer bereits Monate zuvor ins Auge stechen können. Beim Blick auf sein Konto. Dabei wäre ihm aufgefallen, dass die Signa Holding die monatliche Basisvergütung für den Chefberater säumig ist.
Laut einem vorliegenden vertraulichen Dokument hat Gusenbauers Steuerberater der Holding am 13. Oktober 2023 sogar eine Mahnung über insgesamt 279.949 Euro übermittelt. Damals waren sämtliche Honorarnoten seit Mai offen.
Gusenbauers monatliche Fixgage als Beirat belief sich 2022 noch auf 29.950 Euro. Am 8. Februar 2023 wurde die Vergütung auf 50.000 Euro angehoben. An diesem Tag feierte Gusenbauer seinen 63. Geburtstag.
Der Ex-Kanzler ließ eine schriftliche Anfrage zu den neuen Dokumenten unbeantwortet. Von den Ermittlern wurde der prominente Zeuge zu diesem Sachverhalt noch nicht befragt.
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