Was sagt unsere Ernährungsweise über uns aus und wie beeinflussen Gedanken, Gefühle und soziale Einflüsse unser Essverhalten? Ein aktueller Report vom Verein „Land schafft Leben“ gibt neue Antworten auf bekannte Themen. Im Interview mit der „Krone“ spricht Vereinsgründerin Maria Fanninger über ein sattes, gutes Bauchgefühl und gesunde Nervennahrung.
Wer kennt es nicht: Wenn der Sommer naht, soll die „Bikinifigur“ her. Gewicht zu verlieren, ist das Ziel vieler Menschen. Deshalb wollen sie sich gesünder ernähren. Um sich jedoch langfristig eine gesunde Lebenseinstellung „anzutrainieren“, sollte man mehrere Faktoren berücksichtigen.
Die Verbindung von Ernährung und mentaler Gesundheit
Unsere Ernährungsweise wirkt sich maßgeblich auf unsere psychische Gesundheit aus und damit auf das, was wir denken, wahrnehmen und fühlen. Der Verein „Land schafft Leben“ widmet sich in einem aktuellen Report dem spannenden Themenkomplex „Essen und Psyche“. Auf Basis einer umfassenden Literaturrecherche und zahlreichen Gesprächen mit Experten wird auf rund 50 Seiten auf Fragen wie „Warum kann uns Essen glücklich machen?“, „Wie hängen Darm und Hirn zusammen?“ oder „Wie wirkt sich Stress auf die Ernährung aus?“ eingegangen.
Die „Krone“ sprach mit Vereinsgründerin Maria Fanninger über das wachsende Interesse an Wissen rund um Ernährung und psychisches Wohlbefinden.
„Krone“: Kann unsere Ernährung die Psyche beeinflussen?
Maria Fanninger: Was wir essen, hat einen Einfluss darauf, wie wir uns fühlen – sowohl körperlich als auch psychisch. Essen kann unsere Stimmung beeinflussen und sogar eine Rolle bei psychischen Erkrankungen spielen. Die Forschung zeigt, dass Menschen beispielsweise mit Depressionen oder Angststörungen oft ein verändertes Darmmikrobiom haben. Auch wenn Krankheiten wie diese natürlich nie nur darauf zurückzuführen sind, können wir unser psychisches Wohlbefinden mit einer entsprechenden Ernährung fördern.
Der Darm redet also mit?
Sozusagen, ja. Das Mikrobiom ist die Gemeinschaft von Bakterien, Viren und Pilzen, die in unserem Darm miteinander leben und interagieren. Diese Mikroorganismen kommunizieren mit unserem Gehirn – und umgekehrt – und beeinflussen unsere Stimmung, unseren Appetit, unsere Gefühle und sogar kognitive Funktionen. Rund 90 Prozent des Glückshormons Serotonin werden im Darm gebildet. Das zeigt, wie eng unser Essen und unsere Psyche zusammenhängen.
Lässt sich erklären, warum wir uns ungesund ernähren?
Leider fehlt das Bewusstsein für diese Zusammenhänge – nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei Fachleuten. Laut einer Studie wissen nicht einmal ein Prozent der befragten Psychiater und Psychologen sehr gut über den Einfluss von Ernährung auf die psychische Gesundheit Bescheid. Das ist ein blinder Fleck in unserem Gesundheitssystem.
Maria Fanninger ist Wirtschaftspädagogin, Unternehmerin und Gründerin des Vereins „Land schafft Leben“. Ihr Herzensprojekt ist der Lebensmittelschwerpunkt – die größte österreichische Bildungsinitiative rund um Lebensmittel, Ernährung und Konsum.
Kann man sich glücklicher essen?
Man darf sich den Einfluss der Ernährung auf unsere Psyche nicht so vorstellen, dass einzelne Lebensmittel explizite Gefühle hervorrufen. Es ist vielmehr unser gesamtes Ernährungsverhalten, das sich positiv oder negativ auf unser psychisches Wohlbefinden auswirken kann. Idealerweise sollten wir uns so ernähren, dass wir unser Mikrobiom davon profitiert. Eine vielfältige, ausgewogene Ernährung ist der Schlüssel zu einem intakten Mikrobiom. Besonders gut sind Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse, fermentierte Lebensmittel wie Joghurt, Kefir oder Sauerkraut und auch Fisch. Ungünstig sind hingegen stark verarbeitete Lebensmittel, zu viel Zucker, Fett und Alkohol.
Wir geraten täglich in Konsumfallen. Trifft das auch auf unsere Ernährung zu?
Wenn es um unseren Lebensmittelkonsum geht, lassen wir uns gerne von unseren Gefühlen leiten. Hier haben wir uns Essgewohnheiten antrainiert, die oft wenig mit echtem Hunger zu tun haben. Wer als Kind für gute Noten mit Süßigkeiten belohnt wurde, greift auch als Erwachsener zu Schokolade, wenn er etwas geschafft hat. Auch negative Gefühle wie Ärger oder Trauer können durch Essen in mildere Empfindungen umgewandelt werden. Essen wird so zu einer Strategie, um mit Gefühlen umzugehen – leider oft unbewusst und vor allem nicht immer gesund.
Was ist dein Rat, um ungesunde Essgewohnheiten zu verändern?
Der erste Schritt zu einem bewussten Essverhalten ist, sich darüber klar zu werden, warum man gerade isst. Eine gute Methode ist es, sich vor dem Essen kurz zu fragen: Braucht mein Körper gerade wirklich etwas zu essen – oder verlangt er eigentlich nach etwas anderem? Wenn wir zum Beispiel bei Stress mit Heißhunger-Attacken zu kämpfen haben, kann ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft helfen. Denn dann braucht der Körper kein Stück Schokolade, sondern eine kurze Pause.
In aktuellen Studien wird immer wieder betont, dass Fettleibigkeit bereits im jungen Alter ein großes Thema ist. Wie erklärst du dir, dass so viele Kinder von Überernährung betroffen sind?
Vor allem Kinder und Jugendliche haben oft keinen gesunden Zugang zum Thema Essen. Sie sagen, dass ihnen viele Lebensmittel nicht schmecken und ernähren sich sehr einseitig mit viel Zucker und Fett. Dabei bekommen sie oftmals nur nicht die Möglichkeit, die Vielfalt an Geschmäckern kennenzulernen. Hier mangelt es auch ganz klar am Wissen über eine gesunde Ernährung. Denn viele Kinder haben nicht das Glück, aus einem Haushalt zu kommen, in dem darauf Wert gelegt wird.
Wie können wir das Thema Essen und Psyche stärker ins Bewusstsein rücken und mehr Aufmerksamkeit dafür gewinnen?
Ernährungsbildung sollte ein fixer Bestandteil der Schulbildung sein. Jedes Kind sollte wissen, wie es durch die richtige Ernährung Körper und Psyche unterstützen kann. Bei „Land schafft Leben“ stellen wir bald kostenloses Unterrichtsmaterial zu diesem wichtigen Thema zur Verfügung. Denn Wissen ist hier der Schlüssel zu Veränderung – und zu einer gesunden und zufriedenen Gesellschaft.
Den vollständigen Report des Vereins „Land schafft Leben“ zum Thema „Essen und Psyche“ können Sie hier nachlesen, ausdrucken oder herunterladen.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.