Keine Ballsaison ohne die obligaten Ballspenden für die Damen. Diese sind eine österreichische Erfindung und waren einst kunstvoll gestaltete Kostbarkeiten, die verhinderten, dass eine Dame ohne Tanzpartner blieb.
Kleine Dampfschiffe, fein geschmiedete Mini-Dosen mit Porträts von Mitgliedern des Kaiserhauses oder kleine Jugendstil-Kostbarkeiten: Der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt, wenn es um die berühmten Ball- oder Damenspenden ging.
Ob in der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien oder in den entferntesten Garnisonsstädten der österreichisch-ungarischen Monarchie, überall wurden den Damen zu Ballbeginn Ballspenden überreicht. Damenspenden sind ein alt-österreichisches Phänomen, das seine künstlerische Hochblüte zwischen 1880 und 1914, dem Beginn der Ersten Weltkriegs, erlebte.
Schultaschen, Druckerpressen, Bierfässchen
Hunderte Bälle wurden damals jährlich veranstaltet, und die jeweiligen Ballveranstalter – der Kaiserhof, die Stadtverwaltungen, Universitäten, Innungen und Vereine – wetteiferten darum, wer die originellsten Ballspenden vorweisen konnte. So wurde etwa beim Apothekerball eine kleine Waage offeriert, beim Universitätsball dafür eine winzige Schultasche. Verleger, die Bälle ausrichteten, verschenkten winzige Druckerpressen, beim Ball der Brauergesellen wurden stilgerecht kleine Bierfässchen überreicht.
Die Techniker wiederum bevorzugten kleine Dampfkessel und Schiffsmodelle als Ballspende. Gemeinsam hatte diese Damenspenden, dass sie allesamt kleine kostbare Meisterwerke waren. Ab den 1880er-Jahren hatte sich eine eigene Galanteriewarenindustrie entwickelt, die sich auf die Herstellung dieser Ballspenden spezialisiert hatte und nach ganz Europa und sogar in die USA exportierte.
Für einen Tanz musste man sich in die Tanzkarte eintragen
Doch woher kam diese Tradition der Damenspende? Sie ist im Prinzip nichts anderes als eine künstlerische Weiterentwicklung der traditionellen „Tanzordnung“. Diese war eine gedruckte Tanzkarte, die jede Dame bei einem Ball mit sich trug. In diese Tanzkarte mussten die Herren zu Ballbeginn eine Reservierung für einen Tanz eintragen lassen. Es stand somit bereits zu Beginn eines Balls fest, welchen Tanz eine Dame um wie viel Uhr mit welchem Herrn absolvieren würde.
Eine spontane Tanzpartnerwahl, noch dazu vielleicht immer mit der gleichen Dame, wurde in alter Zeit weder als angemessen noch als erwünscht angesehen. Die Herren durften die Damen auch nicht ausschließlich nach persönlicher Neigung zum Tanz auffordern.
Aus den Tanzkarten gingen die Ballspenden hervor
Anstand und Sitte verlangten, dass man vor allem Töchter aus höherem Haus nicht brüskierte, indem man stets nur die attraktivsten Damen zum Tanz aufforderte. Diese strenge und vorab festgesetzte Tanzordnung sicherte also eine gewisse Ausgewogenheit unter den Tanzenden und verhinderte, dass Mauerblümchen gänzlich ohne Tanzpartner blieben.
Im Lauf der Zeit wurden diese unentbehrlichen Tanzordnungen von originellen kleinen Kunstwerken quasi „umhüllt“ – barg doch fast jede der Ballspenden im Inneren immer noch die obligate Tanzkarte. Aus der alten Tanzordnung hatte sich also die Ballspende entwickelt. Heute sind diese Kostbarkeiten aus der k. u. k. Zeit begehrte Sammlerobjekte.
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