Volle Lippen, pralle Brüste, flacher Bauch – das Geschäft mit der Schönheit boomt. Immer mehr Frauen legen sich unters Messer, um einem künstlich geschaffenen Schönheitsbild nachzujagen. Heimische Ärzte schlagen Alarm: Die Fälle hochriskanter Kurpfuscherei in Hinterhof-Ordinationen steigen.
Egal, ob Aufspritzen, Absaugen oder Schneiden, die Eingriffe sind teuer. Geschätzte 100.000 Behandlungen bis hin zu OPs werden österreichweit jährlich durchgeführt. Dabei ist die Versuchung groß, auf billigere Lockangebote im In- und Ausland auszuweichen. Und nicht immer muss man dazu ins Ausland fahren – heimische Anbieter mischen im illegalen Geschäft immer mehr mit.
Fatales Angebot von „Instagram-Kosmetikerin“
Mit fatalen Folgen für Kundinnen, die sich den Traum vom Aussehen eines Supermodels oder einer Influencerin erfüllen möchten. Deren Bilder in sozialen Medien aber in Wahrheit aufwendigst bearbeitet werden. So konnte auch eine 28-jährige Wienerin der Werbung einer „Instagram-Kosmetikerin“ nicht widerstehen. 14 Tage nach dem Lippen-Aufspritzen starb die junge Mutter – wie berichtet –, nachdem sie in mehreren Wiener Spitälern trotz akuter Beschwerden abgelehnt wurde.
Seit mehr als einem Jahr kämpft der Witwer um Schadenersatz von der Stadt. Die Kosmetikerin ist längst untergetaucht.
Patientin lebensgefährlich verletzt
Jetzt der neueste schockierende Fall: Eine 58-jährige Frau, die lebensgefährliche Gesichts- und Halsverletzungen bei einem georgischen „Arzt“ in einer Hinterhofpraxis in Wien-Landstraße erlitten hatte, musste mit einer Not-OP gerettet werden. Zulassung für Österreich konnte der Georgier jedenfalls keine vorweisen. Vorerst sitzt er in Haft.
Besonders im Osten des Landes häufen sich die Fälle mit verpfuschten OPs. Auch bei Dr. Johannes Matiasek klopfen verzweifelte Patientinnen an. So musste der erfahrene plastische Chirurg eine Wienerin behandeln, die sich in der Türkei einer Bauchdeckenstraffung unterzogen hatte. Am Telefon hatte man ihr gesagt, sie solle dorthin fliegen.
Eingriffe im Ausland sind oft deutlich billiger. Mit dem Risiko, nach der OP keinen Ansprechpartner zu haben. Der Leidensweg wird dadurch länger.
Dozent Dr. Johannes Matiasek, plastischer Chirurg
Bild: Matiasek
„Die Patientin hat einen Schnitt im Schambereich. Die Narbe hat sich entzündet. Zuerst haben wir die Wunde ohne OP behandelt. Später wurde die Narbe korrigiert. In Summe hat die Patientin mehr bezahlt“, erklärt Matiasek. Der Arzt verweist darauf, größere Eingriffe nur von plastischen Chirurgen mit Erfahrung machen zu lassen. Kleinere können beim Dermatologen durchgeführt werden. Aber niemals in einem Kosmetikstudio, außer ein Arzt hat dort seine Praxis!
Dutzende Opfer klagen an
Mehr als eineinhalb Jahre dauern bereits die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien und des Landeskriminalamtes in einem weiteren spektakulären Fall rund um mutmaßlichen Schönheits-Pfusch an. Es geht um eine längst in die Insolvenz geschlitterte „Beauty-Klinik“ in bester Lage im Herzen der Stadt. Dutzende Opfer klagen an.
Unsägliche Schmerzen
So wie Krankenpflegerin Snezana T., die seit 2023 auf Gerechtigkeit wartet. Bei einer „Korrektur“ ihrer Nase wurde das Riechorgan der 49-Jährigen praktisch vollständig zerstört. Seitdem plagen die Frau „unsägliche Schmerzen“, wie sie in mehreren „Krone“-Interviews beschrieb. Und einer weiteren jungen Kundin sollen die Lippen beim Aufspritzen völlig verunstaltet worden sein.
Architektin als „Beauty-Ärztin“
Hinter dem Institut, das einst auf Hochglanz-Prospekten „leistbare Schönheit für jeden“ versprach, stehen zwei bildhübsche Schwestern mit persischen bzw. iranischen Wurzeln. Die Chefin selbst ist eigentlich gelernte Architektin und keine „Beauty-Ärztin“. Angeboten wurden größere Eingriffe wie Brustvergrößerung (3500 Euro) oder Fettabsaugung (1600 Euro) bis hin zur Hyaluron-Therapie gegen Falten (169 Euro).
Die Vorwürfe der Justiz wiegen jedenfalls schwer: schwerer gewerbsmäßiger Betrug, Untreue und Sozialversicherungsbetrug und im Zusammenhang mit angeblich unfachgemäß durchgeführten Haut-Behandlungen auch Kurpfuscherei und fahrlässige Körperverletzung.
Beide beschuldigten Damen werden auch von einem ehemaligen Geschäftsführer der Pleite-Klinik, er ist selbst Zahnmediziner, in den Einvernahmen zu dem Fall bei der Wirtschaftspolizei belastet: „Nach mehreren Eingriffen ohne meine Genehmigung habe ich gekündigt.“
Die nach vorübergehender Festnahme auf freiem Fuß befindliche Hauptverdächtige – vertreten von Top-Anwalt Rudolf Mayer – und ihre Schwester streiten alles kategorisch ab. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Mayer geht von einer Einstellung des Verfahrens aus.
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