Nach München-Amokfahrt

Taliban bieten Deutschland Hilfe bei Abschiebungen

Ausland
13.02.2025 20:09

Der Anschlag in München überschattet den Wahlkampf kurz vor der Bundestagswahl: Ein 24-jähriger Asylwerber rast in einen Demozug. Die Sicherheits- und Migrationsdebatten, die das Land seit Wochen erschüttern, eskalieren weiter. Politiker fordern harte Konsequenzen – und auch die Taliban zeigen sich offen für eine Zusammenarbeit bei Abschiebungen.

Es war wohl wieder ein Täter, der um Asyl in Deutschland angesucht hatte. Wie sich am späten Donnerstagabend herausgestellt hat, sei der Täter weder ausreisepflichtig noch strafauffällig gewesen. Der 24-Jährige soll demnach eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis von der Stadt München gehabt haben. Es gebe aber Hinweise auf eine islamistische Gesinnung, wie die Ermittler nun prüfen werden. Die bittere Erkenntnis offenbart sich nicht erst an diesem Donnerstag, dass es in Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg und jetzt auch noch in München jeweils Migranten waren, die zu Tätern wurden.

Amokfahrt während Sicherheitskonferenz
Die Münchner Innenstadt ist an diesem Donnerstag voller Polizisten, als der 24-jährige Farhad N. mit einem Mini-Cooper in eine Menschenmenge rast.  Die Polizei gab einen Schuss auf das Auto des Amoklenkers ab, um ihn zu stoppen. Trotzdem fährt er 28 Menschen nieder, darunter Kinder – eines musste noch vor Ort reanimiert werden. Es gilt die höchste Sicherheitsstufe und erhöhte Alarmbereitschaft wegen der bis zum Wochenende dauernden Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag beginnt. Am selben Abend nach der Amokfahrt werden unter anderem US-Vizepräsident J.D. Vance und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet.

Um den Fahrer zu stoppen, sei ein Schuss auf das Fahrzeug abgegeben worden. Der mutmaßliche Täter – ein 24-jähriger Afghane – wurde festgenommen. (Bild: AFP)
Um den Fahrer zu stoppen, sei ein Schuss auf das Fahrzeug abgegeben worden. Der mutmaßliche Täter – ein 24-jähriger Afghane – wurde festgenommen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat nach dem mutmaßlichen Anschlag in München Härte gefordert. „Erneut ist der mutmaßliche Täter ein junger Mann aus Afghanistan“, erklärte die SPD-Politikerin in Berlin. „Die Antwort kann nur sein: Der Rechtsstaat muss maximale Härte zeigen.“ Die Bundesregierung habe die Gesetze zur Ausweisung von Gewalttätern und für mehr Abschiebungen „massiv verschärft“, betonte Faeser. Jetzt müssten sie mit aller Konsequenz durchgesetzt werden. „Als einziger Staat in Europa schieben wir trotz der Taliban-Herrschaft wieder nach Afghanistan ab und werden das weiter tun.“

Symbolische Geste statt wirksamer Lösung
Der Satz der Innenministerin entspricht im Realitätscheck nicht ganz der Wahrheit. Denn im vergangenen Jahr startete lediglich ein einziger Abschiebeflug mit 28 Straftätern nach Afghanistan. Diese Maßnahme von Symbolpolitik kurz vor den Wahlen in Ostdeutschland erfolgte nach dem Anschlag in Solingen, bei dem ein abgelehnter Asylbewerber aus Afghanistan mehrere Menschen mit einem Messer attackierte. Zuvor waren Abschiebungen nach Afghanistan aufgrund der unsicheren Lage und der Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 ausgesetzt worden. Die Wiederaufnahme der Abschiebungen markierte eine Veränderung in der deutschen Migrationspolitik, die Kritiker mit Sorge betrachten.

Abschiebungen nach Afghanistan waren lange ausgesetzt, weil das Land als unsicher gilt, Deutschland keine diplomatischen Beziehungen zur Taliban-Regierung unterhält und völkerrechtliche Bestimmungen Schutz vor Verfolgung garantieren. Scholz nahm seinen Wahlkampfauftritt in Fürth als Anlass, um die Abschiebungen von ausländischen Straftätern zu fordern und kündigte hartes Durchgreifen an. „Dieser Täter kann nicht auf irgendeine Nachsicht rechnen. Er muss bestraft werden, und er muss das Land verlassen“, sagte der SPD-Politiker. Eine Tat wie in München könne man weder dulden noch hinnehmen. „Deshalb muss ganz klar sein, dass die Justiz mit all ihren Möglichkeiten hart vorgeht gegen diesen Täter“, so Scholz.

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Wer Straftaten in Deutschland begeht, wird nicht nur hart bestraft und muss ins Gefängnis, sondern er muss auch damit rechnen, dass er seinen Aufenthalt in Deutschland nicht fortsetzen kann.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

Taliban machen Deutschland Abschiebe-Angebot
Die radikal-islamistischen Taliban ergriffen die Gelegenheit und boten Deutschland bereits am Donnerstag ihre Zusammenarbeit an: „Wir haben unsere Bereitschaft signalisiert, die konsularischen Dienste für Afghanen in Deutschland wieder aufzunehmen, die alle Aspekte der Migration abdecken“, erklärte der Sprecher des Taliban-Außenministeriums, Abdul Kahar Balchi. Kritiker hatten zuvor vor solchen Gesprächen mit den international isolierten Islamisten gewarnt. Die Taliban könnten von Abschiebungen profitieren, indem sie diese als Chance für eine Zusammenarbeit mit einem westlichen Staat darstellen.

Einen Umweg über Nachbarländer Afghanistans wie Pakistan, wie er bereits in der Vergangenheit von der deutschen Regierung erwogen wurde, lehnen die Taliban ab und werten dies als Verstoß gegen die geltenden Konventionen. „Wir sind nicht bereit, irreguläre Verfahren zu akzeptieren, die Afghanistan umgehen und eine Gefahr für unsere nationale Sicherheit darstellen“, betonte Balchi. Eine mögliche Bestrafung der Straftäter nach ihrer Ankunft in Afghanistan solle über bilaterale Gespräche geregelt werden. Auf das Wort der Extremisten darf wohl kaum Verlass sein.

München erschüttert Wahlkampf
Es ist kaum möglich, zehn Tage vor der Bundestagswahl nicht ins Grübeln zu kommen, was der mutmaßliche Anschlag von München für das Wahlergebnis bedeuten wird. Probleme im Umgang mit Migration erfordern dringend neue Lösungen. Das Land steht vor der Frage, wie es seinen Bewohnern Sicherheit gewährleistet und zugleich offen, menschlich und hilfsbereit bleibt. 

Ob dieser Anschlag der AfD erneut Wählerstimmen bringt – für ihren kompromisslosen Kurs nicht nur gegen Asylsuchende, sondern generell gegen alles Fremde – bleibt abzuwarten. Die politische Debatte verschärft sich, und die Folgen für die kommenden Jahre sind kaum absehbar. Nicht nur bei der Union ist man überzeugt, der AfD nur dann Stimmen abnehmen zu können, wenn man in der Migrationspolitik einen ähnlich harten Kurs fährt. Der scharfe Ton, den Faeser, Scholz und Merz zuletzt angeschlagen haben, bestätigt dies einmal mehr.

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