Islamistisches Motiv

Amokfahrer Farhad N. ist bewusst in Demo gefahren

Ausland
14.02.2025 14:05

Nach dem Anschlag in München geht die Polizei mittlerweile von einer „islamistischen Tatmotivation“ aus. Der 24-jährige Afghane hat in seiner Vernehmung gestanden, am Donnerstag bewusst in die Menschenmenge eines Demozugs gefahren zu sein. Gegen ihn soll ein Haftbefehl wegen Mordversuchs in 36 Fällen beantragt werden.

Die Anzahl der Verletzten ist mittlerweile auf 36 Menschen gestiegen, zwei von ihnen schwer, wie die Polizei am Freitag im Rahmen einer Pressekonferenz zum aktuellen Ermittlungsstand bekanntgab. Es gab keine Neuigkeiten über den Gesundheitszustand der Schwerverletzten – unter ihnen befindet sich ein zweijähriges Mädchen.

Dabei wurde vonseiten der Ermittler bestätigt, dass Farhad N. im Beisein der Ermittler vor seiner Festnahme „Allahu Akbar“ (Gott ist groß, Anm.) gerufen habe. Bei seiner Einvernahme gab er zudem an, „bewusst in den Demozug“ gefahren zu sein. Am Freitag soll Farhad N. einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.

Ermittler gehen von „islamistischem Tatmotiv“ aus
Die leitende Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann der bayerischen Zentralstelle für Extremismus und Terrorismus (ZET) gehe mittlerweile von einer „islamistischen Tatmotivation“ aus. Ob es Verbindungen zum Islamischen Staat (IS) oder einer weiteren extremistischen Organisation geben würde, sei noch nicht abschließend ermittelt, es „gebe aber derzeit keine Hinweise darauf“.

In der anschließenden Fragerunde durch Medienvertreter gaben die Polizeivertreter an, es würde nichts darauf hinweisen, dass der Tatverdächtige psychische Probleme haben würde, dafür gebe es „keine Anhaltspunkte“, erklärte Tilmann. Eine psychiatrische Begutachtung werde vorgenommen. Der Täter werde aber voraussichtlich nicht in eine psychiatrische Unterbringung, sondern in Untersuchungshaft kommen. 

Die Ermittler würden nun das Handy des Tatverdächtigen und seine Social-Media-Aktivitäten auswerten. Hierbei stehe man noch ganz am Anfang, so Tilmann. In den sozialen Medien habe Farhad N. religiöse Inhalte gepostet und sich auch in Whatsapp-Gruppe religiös geäußert. 

Der Täter gestand in seiner Einvernahme, „bewusst“ in den Demozug gefahren zu sein. Er soll am Freitag einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. (Bild: Bild/privat, AFP)
Der Täter gestand in seiner Einvernahme, „bewusst“ in den Demozug gefahren zu sein. Er soll am Freitag einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.

Behörden korrigierten Angaben über Tatverdächtigen
Vertreter der Münchner Polizei und des Landeskriminalamts äußerten sich am Freitag auch zu den Falschinformationen, die nach der Tat von Behörden und Landesregierung verbreitet worden waren. Es habe eine „Chaosphase“ gegeben, in der viele Informationen „virulent“ gewesen seien, sagte Münchens Polizeivizepräsident Christian Huber. „Es dauert eine gewisse Zeit, bis man ein Bild bekommt.“

Circa zwei Stunden nach der Amokfahrt hatte sich Innenminister Joachim Herrmann am Donnerstag gemeinsam mit Ministerpräsident Markus Söder (beide CSU) vor die versammelte Menge von Medienvertretern und hatte erklärt, der Täter wäre polizeibekannt gewesen. Auffällig geworden sei er durch Ladendiebstähle und Drogendelikte – allerdings hätte er nicht abgeschoben werden können. Die Aussage implizierte, dass der 24-Jährige längst hätte ausreisen müssen und somit „ausreisepflichtig“ gewesen wäre.

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Der Tatverdächtige war bisher eher unauffällig. Er war nicht ausreisepflichtig. Und auch bisherige extremistische Hintergründe sind jedenfalls nicht auf den ersten Blick so leicht erkennbar.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU)

Am Donnerstagabend stellte Söder klar: Der Mann war nicht ausreisepflichtig, hatte trotz des abgelehnten Asylantrags einen gültigen Aufenthaltstitel. 2020 wurde die Ablehnung zwar gerichtlich bestätigt, aber weil Farhad N. in München eine Schule besucht und eine Ausbildung gemacht hatte, durfte er in Deutschland bleiben.

Täter arbeitete als Ladendetektiv
Auch dass der 24-Jährige „polizeibekannt“ war, wurde von Herrmann in den falschen Kontext gestellt. Der Mann sei zwar aus früheren Ermittlungsverfahren bekannt – aber als Zeuge „aus seiner vorherigen Tätigkeit als Ladendetektiv“. Söder sagte im ZDF-Interview am Donnerstagabend noch, kleinere Verfahren gegen Farhad N. seien eingestellt worden. Er ist nicht vorbestraft.

Die Frage, von wem die Falschinformation ursprünglich ausgegangen war, wollte Huber nicht beantworten. Er nannte es nachvollziehbar, dass zunächst fälschlich angenommen wurde, der Verdächtige sei wegen Straftaten bekannt, da er in einem System zu Ladendiebstählen registriert war. Die Information stamme aus „Polizeibeständen“, doch wer sie wie weitergab, sei unklar.

Um den Fahrer zu stoppen, sei ein Schuss auf das Fahrzeug abgegeben worden. Der mutmaßliche Täter – ein 24-jähriger Afghane – wurde festgenommen.(Bild: AFP) (Bild: AFP)
Um den Fahrer zu stoppen, sei ein Schuss auf das Fahrzeug abgegeben worden. Der mutmaßliche Täter – ein 24-jähriger Afghane – wurde festgenommen.(Bild: AFP)
30 Personen wurden teils schwer verletzt – darunter Kinder. (Bild: AFP)
30 Personen wurden teils schwer verletzt – darunter Kinder.
Die Polizei sucht nach Antworten zum Tatmotiv des 24-jährigen Afghanen. (Bild: AFP)
Die Polizei sucht nach Antworten zum Tatmotiv des 24-jährigen Afghanen.

Bodybuilding-Wettbewerbe und islamische Fürbitten 
Das Social-Media-Profil des Verdächtigen wird nun im Detail geprüft. Vor allem Profile auf Instagram und Tiktok, von denen Polizei und Verfassungsschutz annehmen, dass sie höchstwahrscheinlich seine sind. In seinen – inzwischen nicht mehr abrufbaren – Profilen soll laut Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ auf den ersten Blick nichts auf eine extremistische Einstellung hinweisen.

Laut „Spiegel“-Recherchen ist Farhad N. muslimischen Glaubens. In seinem Profil bekannte er sich dazu, veröffentlichte Grüße nach dem Freitagsgebet und hielt wenige Tage vor der Tat eine Art „digitale“ Predigt. Doch nicht alle seiner geteilten religiösen Inhalte waren unbedenklich: N. verbreitete Videos eines salafistischen Predigers aus Nordrhein-Westfalen mit Hunderttausenden Followern. Wenige Tage vor der Amokfahrt postete er ein Bild von sich mit zwei jungen Männern und schrieb islamische Fürbitten. Ein späterer Eintrag fiel besonders auf: „Lösche alle aus, die schlecht zum Islam sind.“

Dem Anschein nach soll er bei Bodybuilding-Wettkämpfen teilgenommen und eine Vorliebe für schicke Klamotten und teuren Schmuck gehabt haben. Das letzte Bild zeigt den mutmaßlichen Inhaber des Profils mit Jacke und Sneaker, die seiner Kleidung bei der Festnahme gleichen. Es zeigt auch ein Foto, bei dem er an einem cremefarbenen Mini Cooper posiert – einem Auto, wie es auch für die Tat verwendet wurde.

Mini Cooper ist auf Täter zugelassen
Zum Tathergang bestätigten die Ermittler die bereits nach der Tat bekannt gewordenen Informationen: Gegen 10.30 Uhr fuhr ein Mann hinter der Demonstration her, überholte einen Polizeiwagen, beschleunigte und steuerte in den Demozug, in dem auch Eltern mit kleinen Kindern waren. Die Polizei schoss in seine Richtung und nahm ihn fest. Der Mini Cooper war auf ihn zugelassen.

Keine Anhaltspunkte für ausländische Einflussnahme
Laut Bundesinnenministerium gibt es keine Hinweise auf ausländische Einflussnahme bei den jüngsten Anschlägen in Deutschland. In den letzten zwei Monaten gab es Taten neben München auch Anschläge in Aschaffenburg und Magdeburg. Ein Ministeriumssprecher betonte, es bestehe hohe Wachsamkeit der Sicherheitsbehörden, aber kein Zusammenhang mit der Bundestagswahl.

Die Demonstration war Teil der Warnstreiks im öffentlichen Dienst und wurde von Verdi organisiert. Rund 1500 Menschen waren auf dem Weg zur Schlusskundgebung am Königsplatz, als das Auto in die Menge raste. Trotz des Vorfalls sagte die Gewerkschaft ihre für Freitag geplanten Veranstaltungen in Bayern nicht ab. Am Abend wurden am Tatort Blumen niedergelegt und Kerzen entzündet. Spezialkräfte sicherten Spuren bis in die Nacht, das Landeskriminalamt war im Einsatz.

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