Ohne eine Gesetzesänderung läuft die Familienbeihilfe für 77.000 Geflüchtete aus der Ukraine mit März 2025 aus. Die Ukrainehilfe Steiermark wendet sich nun mit einem offenen Brief an die Parlamentsparteien, den Anspruch zu verlängern.
Explosionen in Tschernobyl, kalte Winter, Kräftemessen zwischen Weißem Haus und Kreml: Nach fast drei Jahren ist ein Ende des Kriegs in der Ukraine nicht in Sicht. Aktuell leben etwa 77.000 Ukrainerinnen und Ukrainer in Österreich – viele davon sind Kinder und Jugendliche. In der Steiermark sind laut „Steiermark hilft“ rund 6000 Ukrainer in der Grundversorgung, 2500 arbeiten. „Es kommen auch jetzt noch laufend Geflüchtete zu uns, gerade im Winter“, gibt Marion Bock von „Steiermark hilft“ zu bedenken. „Die Leute haben keine Heizung, und die Winter sind dort um einiges härter als bei uns.“ Man geht davon aus, dass etwa 3000 ukrainische Kinder in der Steiermark leben.
Bis zu 30.000 Bezieher in ganz Österreich könnten ab März aber um die Familienbeihilfe, die ihnen durch den Vertriebenenstatus zusteht, umfallen – mit Höchstsätzen von bis zu 200 Euro ein massiver Dämpfer vor allem für Familien mit mehreren Kindern.
„Das trifft auch die, die arbeiten und sonst keine Sozialhilfe bekommen. Wenn mehrere Hundert Euro im Monat wegfallen, tun sich viele schwer, die Miete zu bezahlen.“
Marion Bock, „Steiermark hilft“
Bild: zVg
Gesetz muss neu gemacht werden
„Eine Frau hat sich an uns gewandt, weil sie einen Brief vom Finanzamt bekommen hat“, erzählt Bock. „Wir waren darüber schockiert.“ Die Recherchen haben dann gezeigt: Im Gesetzestext, der Vertriebenen die Familienbeihilfe zuspricht – nämlich einer Novelle des Familienlastenausgleichsgesetzes aus dem Jahr 2022 – steht, dass Ukrainer nur bis März 2025 ein Recht haben, sich in Österreich aufzuhalten. Das wurde prinzipiell schon geändert, aber in diesem Gesetz nicht angepasst.
OFFENER BRIEF zum drohenden Aus für die Familienbeihilfe
Sehr geehrter Herr Klubobmann August Wöginger,
sehr geehrter Herr Klubobmann Andreas Babler, MSc,
sehr geehrter Herr Klubobmann Mag. Werner Kogler,
sehr geehrte Frau Klubobfrau Mag.a Beate Meinl-Reisinger!
Aufgrund einer entsprechenden zeitlichen Befristung in der Novelle zum Familienlastenausgleichsgesetz 2022 endet der Anspruch der Vertriebenen aus der Ukraine auf Familienbeihilfe mit Ende März 2025. Dieses Datum wurde in die Novelle aufgenommen, weil die EU-Massenzustroms-Richtlinie ursprünglich eine Befristung des Aufenthaltsrechts für Vertriebene mit März 2025 vorsah.
Inzwischen wurde der Vertriebenen-Status auf EU-Ebene bis März 2026 verlängert, und die Betroffenen haben teils auch bereits die neuen Blauen Karten erhalten. Es erfolgte jedoch bisher noch keine Änderung im Familienlastenausgleichsgesetz. Das Finanzamt muss den Betroffenen mitteilen, dass ihr Anspruch mit Ende März 2025 endet, und hat dies vielfach schon getan. Damit endet auch der Anspruch auf diverse Beihilfen sowie auf das Schulstartgeld und auf Vergünstigungen im Öffentlichen Verkehr. Die erhöhte Familienbeihilfe für behinderte Kinder fällt ebenfalls weg.
Für diese Familien – mehrheitlich Mütter mit ihren Kindern – bedeutet dies den Wegfall eines erheblichen Beitrages zur Entlastung in Bezug auf die Kosten für Ernährung, Bekleidung, Unterbringung, Ausbildung und Erziehung der Kinder. Betroffen sind alle Familien aus der Ukraine. Der Wegfall der Familienbeihilfe wäre ein herber Rückschlag in ihrem Bemühen darum, sich bis zum Ende des Krieges eine eigenständige Existenz in Österreich aufzubauen. Die Leidtragenden sind die Kinder!
Die Aktivistinnen von „Steiermark hilft“ engagieren sich gemeinsam mit vielen Institutionen und Organisationen in der Steiermark für die Vertriebenen aus der Ukraine und helfen bei der Bewältigung des Alltags.
Wir appellieren dringend an die Parlamentsklubs aller Parteien, umgehend die Anpassung des Familienlastenausgleichsgesetzes in die Wege zu leiten.
Mag.a Marion Bock, Mag.a Ulrike Krawagna, Cornelia Schweiner (für Steiermark hilft)
Galyna Skotnik (für den Ukrainischen Kulturverein Ridna Domivka)
Mag. Fritz Möstl (Honorarkonsul für die Ukraine, Initiator des Projekts VinziHerz)
Eva Reithofer-Haidacher, MA (für den Verein LebensGroß)
Walter Kogler (für den Verein Jugend am Werk)
Mag.a Edith Zitz (für den Verein Inspire)
Deswegen wenden sich „Steiermark hilft“ und andere Vereine sowie das Honorarkonsulat für die Ukraine nun an die Klubobleute der Parlamentsparteien mit einem Offenen Brief. „Für diese Familien – mehrheitlich Mütter mit ihren Kindern – bedeutet dies den Wegfall eines erheblichen Beitrages zur Entlastung in Bezug auf die Kosten für Ernährung, Bekleidung, Unterbringung, Ausbildung und Erziehung der Kinder.“
„Es wird daran gearbeitet“
Im Familienministerium von Susanne Raab (ÖVP), die auch für Integration zuständig ist, bestätigt man, dass die Familienhilfe noch bis März 2025 ausbezahlt wird. „Für eine Verlängerung des Familienbeihilfenanspruches ab April 2025 bedarf es einer Änderung des Gesetzes im Parlament, wo derzeit daran gearbeitet wird.“
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