Ein Jahr nach dem Tod des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny hat seine Witwe zum Kampf für ein anderes Russland aufgerufen. „An die Anhänger ihres Mannes appellierte Nawalnaja: „Tun wir alles, um seinen Traum wahr werden zu lassen.“
„Wir wissen, wofür wir kämpfen: ein zukünftiges Russland, das frei, friedlich und schön ist“, gab sich Julia Nawalnaja am Sonntag in einer Videobotschaft wie gewohnt kämpferisch. „Das, wovon Alexej geträumt hat, ist möglich.
Jeder könne etwas tun, betonte die Witwe des verstorbenen wichtigsten Widersachers von Kreml-Chef Wladimir Putin: „Demonstrieren, an politische Gefangene schreiben, die Meinung derjenigen ändern, die einem nahe stehen, sich gegenseitig unterstützen.“ Zugleich zeigte sie sich überzeugt, dass „das Gute siegen wird“.
Der russische Rapper und Aktivist „Noize MC“ hat zum Gedenken an Nawalny an folgendem Lied mitgewirkt:
Der von den russischen Behörden als „Extremist“ eingestufte Nawalny war am 16. Februar 2024 unter ungeklärten Umständen in einem Straflager in der Arktis gestorben, wo er eine 19-jährige Haftstrafe verbüßte. Seine Anhänger und zahlreiche westliche Politiker machen die russische Führung für den Tod des Oppositionellen verantwortlich. Nawalnaja will Sonntagabend in Berlin an einer Andacht und Gedenkveranstaltung für ihren getöteten Mann teilnehmen.
Hunderte pilgerten zum Grab Nawalnys in Moskau
Zuvor hatten Hunderte Menschen Nawalnys Grab in Moskau besucht. Sie kamen am Sonntag laut Berichten von AFP-Journalisten vereinzelt und in kleinen Gruppen zum Borisowski-Friedhof in Russlands Hauptstadt. Unter ihnen waren auch Familien mit Kindern. Viele Trauernde legten Blumen am Grab ab. Sie kamen zum Friedhof, obwohl sie sich damit der Gefahr von Repressalien durch die russischen Behörden aussetzten.
Eine gewaltige Schlange ist vor dem Grab Nawalnys in Moskau zu sehen:
Unterdessen geht die russische Justiz weiter rigoros gegen Andersdenkende vor. Vor allem sollen die Hunderten politischen Gefangenen abschreckend wirken und jeden Widerstandsgeist im Keim ersticken. Die Liste der inhaftierten Gegner von Präsident Wladimir Putin und seines Angriffskrieges gegen die Ukraine ist lang.
Drei Anwälte Nawalnys sind im Jänner zu hohen Haftstrafen verurteilt worden, weil sie den Putin-Gegner verteidigt hatten. Und Nawalny, der an seinem Todestag am 16. Februar erst 47 Jahre alt war, ist auch nicht der Einzige, der in Gefangenschaft starb. Die in Moskau verbotene, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Menschenrechtsorganisation Memorial listet 785 politische Gefangene auf.
Wie der Kreml Andersdenkende mundtot macht
Wer Nawalny als Vorbild stilisiert oder auch seinen Anti-Korruptions-Fonds FBK unterstützt, riskiert wegen Extremismus viele Jahre hinter Gittern. Nawalnys politische Bewegung gegen die verbreitete Schmiergeldkultur und Machtmissbrauch ist verboten. Und auch nach seinem Tod werden die Gesetze gegen Andersdenkende in Russland weiter verschärft. Seine im Exil arbeitenden Anhänger und nicht zuletzt seine Witwe Julia Nawalnaja müssen auch in der EU um ihr Leben fürchten.
Der russische Auslandsgeheimdienst SWR warnte kurz vor Nawalnys Todestag öffentlich vor möglichen Anschlägen auf Vertreter der russischen Opposition im Ausland. Putins Spionageapparat behauptete, dass der ukrainische Geheimdienst solche Taten plane und Russland in die Schuhe schieben wolle. Aber etwa der im vergangenen Jahr bei einem Gefangenenaustausch freigelassene Oppositionelle Ilja Jaschin macht klar, dass es sich vielmehr um eine für den Kreml typische offene Drohung handle: Kein Gegner Putins solle sich sicher fühlen können – egal wo.
Viele Gegner Putins schweigen aus Angst um ihr Leben
Der Kreml hat kritische Medien und die Opposition weitgehend ausgeschaltet. Die Kreml-Gegner im Ausland haben es ebenfalls schwer, wenn auch auf andere Weise. Viele sind seit langem im Exil, andere sind in den fast drei Jahren des Kriegs gegen die Ukraine geflüchtet. Die Oppositionellen Jaschin und Wladimir Kara-Mursa sowie Oleg Orlow von Memorial mussten gegen ihren Willen Russland verlassen.
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