U-Haft beantragt

Grinse-Attentäter stach gezielt in Herz und Bauch

Kärnten
17.02.2025 14:41

Der Schock in Villach sitzt tief: Nach dem Terroranschlag hat die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft für den Täter beantragt. Alle vier Schwerverletzte sind mittlerweile außer Lebensgefahr. Zum Villacher Fasching gibt es eine erste Entscheidung. Kirche und Politik gedenken Dienstagabend der Opfer des Messerattentats in Villach. 

Drei Schwerverletzte werden nach wie vor auf der Intensivstation behandelt, ihr Zustand ist stabil, teilte der Krankenhausbetreiber Kabeg mit. „Wir haben fünf Verletzte, davon vier Schwerverletzte. Nach aktuellem Stand sind jetzt alle außer Lebensgefahr“, erklärte Staatsanwaltschaftssprecher Markus Kitz. Ein Bursch hat laut Staatsanwaltschaft Klagenfurt einen Bauchstich erlitten mit möglichen Dauerfolgen, ein 32-Jähriger einen Herzstich. Der syrische Attentäter dürfte gezielt auf die empfindlichen Körperregionen eingestochen haben.

Am Montag soll der Attentäter in die Justizanstalt Klagenfurt überstellt werden, wo dann binnen 48 Stunden über die Verhängung der beantragten Untersuchungshaft entschieden werden muss. Laut Gerichtssprecher Christian Liebhauser-Karl ist bis Mittwochabend ein Pflichtverhör durch den Haft- und Rechtsschutzrichter abzuhalten, bei dem der Täter dann spätestens einen Anspruch auf Verteidiger hat. Wenn der 23-Jährige die Mittel dafür nicht aufbringen kann, muss ihm ein Verfahrenshelfer als Pflichtverteidiger gestellt werden, bisher ist das nicht erfolgt.

Waffe drei Tage vor Tat gekauft
Unterdessen gelangen immer mehr Details zum Attentäter ans Tageslicht. So hatte sich der 23-Jährige – wie berichtet – über das Internet radikalisiert. Der Mann gilt nach aktuellem Ermittlungsstand als Einzeltäter. Seine Absicht war es, „Männer im wehrfähigen Alter“ zu töten, wie er nach seiner Festnahme angab. Hinweise auf mögliche Mitwisser liegen gegenwärtig nicht vor. Auf die Frage, weshalb er ausschließlich auf Männer losgegangen sei, soll der 23-Jährige in seiner Einvernahme erklärt haben, der IS verbiete Gewalt gegen Frauen und alte Leute. Daran habe er sich gehalten.

Laut Kitz sei der Täter beim ersten Verhör sehr mitteilungsfreudig gewesen. Er erzählte auf Arabisch, dass er sich binnen weniger Wochen radikalisiert habe. TikTok-Videos hätten ihn dazu gebracht, „sich praktisch selbst als Teil des IS zu sehen“. In seiner Wohnung hatte er IS-Fahnen an der Wand. Die Tatwaffe, ein Klappmesser mit einer zehn Zentimeter langen Klinge, hatte er sich erst drei Tage vor der Tat gekauft.

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Er war beim ersten Verhör sehr mitteilungsfreudig und erzählte – auf Arabisch – dass er sich selbst binnen drei Monaten radikalisiert hat. TikTok-Videos haben ihn dazu gebracht, sich praktisch selbst als Teil des IS zu sehen.

Staatsanwaltschaftssprecher Markus Kitz äußerte sich zum Täter

Bei einer ersten, oberflächlichen Sichtung seines Handys fand sich Propagandamaterial der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS). Der Syrer hatte auch ein Video mit einer „Beitrittserklärung“ zum IS aufgenommen und am Gerät abgespeichert, aber nicht abgeschickt. Sein sah Tatplan vor, so lange auf Menschen einzustechen, bis er von der Polizei erschossen wurde. Danach – so sein Vorhaben – sollte die Polizei das Video weiterleiten. Online-Kontakte zu anderen IS-Anhängern oder einschlägigen Chat-Gruppen waren bei der oberflächlichen Durchschau des Handys nicht ersichtlich. Es bleibt abzuwarten, ob eine genaue Auswertung der Handy-Daten weitere Erkenntnisse liefert.

Tiefe Trauer in Villach (Bild: APA/GERD EGGENBERGER, Krone KREATIV)
Tiefe Trauer in Villach

Keine Hinweise auf eine psychische Erkrankung
Es gibt auch keine Indizien, die für eine psychische Erkrankung und damit mögliche Zurechnungsunfähigkeit des Syrers sprechen. „Er hat bei seiner polizeilichen Einvernahme die an ihn gerichteten Fragen sehr klar und verständlich beantwortet“, meinte Kitz. Von einem Schuldausschließungsgrund sei daher im derzeitigen Ermittlungsstadium nicht auszugehen. Auch die beiden Mitbewohner des Mannes hätten keine dahin deutenden Wahrnehmungen gemacht. Dessen ungeachtet lässt die Staatsanwaltschaft ein psychiatrisches Gutachten einholen, um Einblicke in das Seelenleben des Mannes zu bekommen. Bei vorsätzlichen Tötungsdelikten ist die Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen zur Begutachtung von Tatverdächtigen durchaus üblich.

Die Ermittler bekräftigen am Montag, dass der Verdächtige zuvor weder in Österreich noch in Deutschland strafrechtlich belangt worden ist und somit nicht polizeibekannt war. Allerdings hat er im Jahr 2024 in Deutschland – dorthin hat er laut Informationen aus dem Innenministerium familiäre Bezüge – eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen verbüßt. Grund war eine nach dem Verwaltungsrecht verhängte, nicht bezahlte Geldstrafe nach einer Urkundenfälschung aus dem Jahr 2021. Verwaltungsstrafen führen nicht zu einer polizeilichen Vormerkung.

In Wien um Asyl angesucht
Der 23-Jährige war 2019 nach Österreich gekommen. Nach seiner Ankunft in Österreich habe er auch in Deutschland um Asyl angesucht, er wurde von dort aber nach Österreich zurückgeschickt. Sein Asylansuchen begründete er mit der Angst, dass er in seiner syrischen Heimat zum Militär eingezogen würde und dann Kriegsverbrechen begehen müsste. Wie es von der Staatsanwaltschaft hieß, verfügte der Mann seit Jänner 2021 über einen Asyl-Status in Österreich. Kurz nach der Tat ist ein Aberkennungsverfahren eingeleitet worden.

In Villach arbeitete der 23-Jährige laut eigenen Angaben als Zeitungsverkäufer. Er wohnte hier gemeinsam mit zwei anderen Männern in einer Wohngemeinschaft. „Diese wurden natürlich einvernommen und überprüft, sie sind aber unauffällig“, erklärte Kitz. Den Mitbewohnern, aber auch Familienmitgliedern fiel auf, dass sich der Syrer in letzter Zeit immer mehr zurückgezogen und mit so gut wie niemandem mehr Kontakt hatte. Auch habe er mehrmals am Tag gebetet, allerdings auch das immer alleine.

Der Syrer hatte am Samstagnachmittag mit einem Messer in der Villacher Innenstadt wahllos auf Passanten eingestochen. Ein beherzter Essenszusteller fuhr den Täter mit seinem Auto an, woraufhin dieser das Messer fallen ließ und festgenommen werden konnte. Am Villacher Hauptplatz haben am Sonntag Hunderte Menschen Kerzen angezündet und getrauert. Die Stadt Villach will vor allem den Angehörigen einen Raum zum Trauern und des Austausches geben und will ein Angehörigen-Cafe einrichten.

Für Wirbel sorgt die Ankündigung, dass eine Bürgerwehr eingerichtet werden soll. Bei der Polizei hält man wenig von dieser Idee: „Wir sind darauf angewiesen, dass die Bevölkerung mit uns zusammenarbeitet und freuen uns über jede positive Form der Kooperation. Aber eine Bürgerwehr wäre kontraproduktiv, die Sicherheit wird durch die Polizei gewährleistet“, sagte Polizeisprecher Rainer Dionisio. Man befürworte die Einrichtung einer Bürgerwehr „in keiner Weise“.

Faschingsumzug auf der Kippe
Bezüglich des bevorstehenden Faschingsumzugs hat sich die Stadt Villach mit einer Bitte an Vereine und Institutionen gewendet: Man solle der Stadt folgen und aus Pietätsgründen auf Feierlichkeiten verzichten. Viele Bands und Kulturinitiativen sind bereits vor dem Appell dem nachgekommen. Der Vorstand des Villacher Faschings hat für seine TV-Aufzeichnungen ebenfalls eine Entscheidung getroffen. Man werde rein das Bühnenprogramm aufzeichnen, aber auf sämtliche Empfänge und das übliche Rahmenprogramm verzichten, hieß es Montagmittag seitens der Villacher Faschingsgilde. Noch keine endgültige Absage gab es für den großen Faschingsumzug, der am 1. März stattfinden soll. Hier werde es noch eine Entscheidung geben, hieß es.

Schallenberg bei Gedenkfeier am Dienstagabend
Kirche und Politik gedenken Dienstagabend der Opfer des Messerattentats in Villach. Höhepunkte der Trauerfeierlichkeiten sind ein Gedenkmarsch durch die Innenstadt sowie ein ökumenischer Gottesdienst mit dem katholischen Diözesanbischof Josef Marketz und dem evangelisch-lutherischen Superintendenten Manfred Sauer. Erwartet werden dabei auch die Spitzen der Bundes- und Landespolitik, Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).

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