Zu Gast bei Coaching

„Es sind nie die Kinder“: Was Lehrer im Job stört

Wien
17.02.2025 15:00

Wenn Wiener Pädagogen in Coaching-Gruppen ihr Herz ausschütten, geht es oft um ganz andere Dinge als man glauben würde – und nie um Probleme mit Schülern. Oft geht es um das Verhältnis der Lehrer untereinander und das Gefühl, nicht zu genügen. Und manchmal sind Lösungen „ganz einfach“.

Zehn Wiener Schulen betreut der Verein „Teacher Support“, finanziert aus einem Teil der „Mutmillion“ von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr. Der Bedarf wäre weit höher: „Fast jede Woche ruft eine Schule an“, sagt eine der Organisatorinnen. Wie viel es zu bereden gibt, wird auch in einer Währinger Mittelschule gleich klar, obwohl die „Krone“ als aufmerksamer Zuhörer zu Gast ist. Die Sorgen sprudeln nur so aus den Lehrkräften hervor. Alle haben dafür eine freie Stunde geopfert.

„Das Lehrerzimmer ist anstrengender als das Klassenzimmer“
In keinem einzigen Fall geht es in der Gruppen-Gesprächsrunde um Probleme mit Kindern, denn auch allen anwesenden Lehrern ist klar: Das ist einfach Teil des Berufs. „Es sind nie die Kinder“, bestätigt Coaching-Leiterin Carina Altenriederer, früher selbst Lehrerin. Ihr Verein bietet die Kurse schon seit zwei Jahren in Wien an. Stolz erzählt sie: Gerade zuletzt habe sie erfahren, dass eine Lehrerin an einer vor längerer Zeit besuchten Schule, die damals ihren Job aufgeben wollte, immer noch an der Schule unterrichtet.

Vizebürgermeister Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr mit Schuldirektorin Erika Tiefenbacher (Bild: Eva Manhart)
Vizebürgermeister Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr mit Schuldirektorin Erika Tiefenbacher
In einem Brainstorming erarbeiten die Lehrkräfte selbst Vorschläge, wie die vorhandenen Probleme zu lösen wären. (Bild: Eva Manhart)
In einem Brainstorming erarbeiten die Lehrkräfte selbst Vorschläge, wie die vorhandenen Probleme zu lösen wären.

In der Gruppe sind Sätze zu hören wie „Das Lehrerzimmer ist anstrengender als die Klasse – wir ziehen uns gegenseitig immer so runter“, „Wenn ich Unterricht so mache, wie ich ihn mir vorstelle, ist’s Ende nie“ oder „Ich schreibe immer To-do-Listen, von denen ich weiß, dass sich das unmöglich ausgehen kann.“ Eine Lehrerin meint, dass der Montag für sie immer der schwerste Tag sei, weil der „Rollenwechsel“ von der Privatperson am Wochenende zur Lehrkraft so schwerfalle. Ein Kollege nickt und wünscht sich, dass er deshalb „nicht schon am Montagmittag wieder ausgelaugt“ wäre.

„Es geht oft um sehr einfache Dinge“
Direktorin Erika Tiefenbacher ist normalerweise nie bei den Gesprächsrunden dabei. Heute schaut sie kurz vorbei, hält sich im Hintergrund, und bestätigt, dass „oft sehr einfache Dinge“ auf den Tisch kommen. Dass es Coaching braucht, damit Lehrer nicht aus ihrem Beruf flüchten, sieht sie nicht als Alarmsignal: Die Zeiten hätten sich geändert, und sie findet es im Gegenteil positiv, dass nun vermehrt auch ohne Scheu in der Schule darüber geredet werde, wie es Lehrkräften und Schülern dort geht.

Schuldirektorin Erika Tiefenbacher (Bild: Eva Manhart)
Schuldirektorin Erika Tiefenbacher

Direktorin sieht merkbare Verbesserungen
Dass die Gesprächsrunden von einem externen Verein angeboten werden, sieht Tiefenbacher nicht als Lücke in schulischen Strukturen, sondern als Vorteil. Dadurch würden die Lehrer noch freier von der Leber weg sprechen, ist sie überzeugt. Und: „Wenn ich mit ihnen ein Auflockerungsspiel zum Beginn eines Gesprächs spielen würde wie hier in der Runde, würden sie mich ja auslachen.“ Als ihre Aufgabe sieht es Tiefenbacher, so viel wie möglich von den hier aufgetauchten Wünschen umzusetzen. 

In der Vergangenheit etwa waren Gangaufsichten ein großes Thema: Immer dieselben Schüler hätten mit ihrem Bewegungsdrang Unruhe in die Pausen gebracht. Die Lösung war in dem Fall ganz einfach: Auch der Turnsaal ist nun in den Pausen geöffnet – und die, die sich austoben wollen, können das nun, und die anderen haben ihre Ruhe. Nach dieser Gesprächsrunde will Tiefenbacher ausprobieren, ob eine „Positivrunde“ zum Beginn von Konferenzen die Stimmung verbessert, und sie sucht einen Raum in der Schule, wo Lehrkräfte abseits des Lehrerzimmers still arbeiten können – in der Hoffnung, dass so wieder mehr Energie für die Kinder bleibt. 

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