Live im Gasometer

Girlschool: Kult-Rockband endlich wieder in Wien

Musik
19.02.2025 09:00

Vor mehr als 45 Jahren formierte sich in Süd-London mit Girlschool die erste weibliche Rockband. Unter der Führung von Frontfrau Kim McAuliffe ist die Band noch immer erfolgreich unterwegs – zum Beispiel am 21. Februar mit Saxon im Wiener Gasometer. Der „Krone“ erzählte die Vollblutmusikerin von ihrem aufregenden Leben mit der Band.

Was angesichts der heutigen Musiklandschaft fast unvorstellbar scheint, war vor einigen Jahrzehnten noch Usus – Frauen an Instrumenten waren sträflich unterrepräsentiert. Zu den wichtigsten Pionierinnen für eine erfolgreiche Gegenbewegung zählte das Süd-Londoner Kollektiv Girlschool, das sich rund um Sängerin und Gitarristin Kim McAuliffe bereits 1978 gründete und heute als langlebigste weibliche Rockband der Musikhistorie gilt. „Begonnen hat alles mit dem Projekt Painted Lady – ein furchtbarer Name, ich weiß – und Cover-Songs“, erzählt McAuliffe rustikal und gut gelaunt im „Krone“-Interview, „wir hatten damals keine Ahnung, wie man die Instrumente überhaupt richtig hält. Es gab bei uns aber die grandiose Gitarristin Deirdre Cartwright. Sie war ein paar Jahre älter als wir, bog dann in den Jazz ab und hat uns auf unserem Weg zu eigenständigen Musikerinnen immens geholfen. Wir waren einfach von der Musik begeistert und wollten so viel spielen wie möglich.“

Tragisches Schicksal
Das klassische Line-Up bestand aus McAuliffe, Schlagzeugerin Denise Dufort, Enid Williams und Kelly Johnson. Nur die beiden ersten sind heute noch mit an Bord. Williams verließ die Band Anfang der 80er-Jahre am Höhepunkt, um ans Theater zu gehen und zeitweise als Astrologin zu arbeiten. Sie kam später wieder zurück, zog sich Anfang 2019 aber ganz aus dem Musikgeschäft zurück. Johnson war neben McAuliffe die Haupt-Songwriterin und sorgte neben den Punk-, Rock- und Heavy-Metal-Zitaten für die poppige Note der Tracks. 1984 zog sie zu Vicki Blue von den Runaways nach Los Angeles, kam in den 90er-Jahren ebenfalls wieder zu Girlschool zurück, verlor 2007 im Alter von nur 49 Jahren aber den harten Kampf gegen ihren Rückenmarkskrebs. Die Historie von Girlschool ist von schwindelerregenden Erfolgen und betrüblichen Tiefen durchzogen – eine mehr als passende Vorlage für eine amtliche Verfilmung.

„Der Bruder meiner Cousine hat mich damals nicht mitspielen lassen, weil sie keine Frauen in der Band haben wollten. Wir hatten also gar keine andere Wahl, als selbst etwas auf die Beine zu stellen, um unsere Leidenschaft verfolgen zu können. Heute bin ich uns dankbar, dass wir das immer so durchgezogen und nie Männer in die Band integriert haben“, lacht sie verschmitzt. Während des Booms der harten britischen Musik mussten McAuliffe und Co. aber früh „ihren Mann stehen“. Iron Maiden, Judas Priest, Saxon und Def Leppard starteten von England aus voll durch, Motörhead waren Anfang der 80er längst Superstars. Der oft so knorrig wirkende Vollblut-Rock’n’Roller Lemmy Kilmister war einer der größten Fans und Unterstützer von Girlschool. Er behandelte die Band nicht nur respektvoll (was damals alles andere als selbstverständlich war), sondern nahm sie auch immer wieder mit auf Tour und sorgte dafür, dass ein immer größeres Publikum vorstellig wurde.

Die Jahre vergehen
Die beiden ersten Alben „Demolition“ (1980) und „Hit And Run“ (1981) gelten gemeinhin als große Klassiker, bis in die frühen 90er-Jahre hinein veröffentlichten Girlschool regelmäßig neues Material. Die letzten knapp 30 Jahre konzentrierte man sich auf Touren, Festivalauftritte und die eigene Legendenverwaltung – ohne aber darauf zu vergessen, immer wieder neues Material zu schreiben. Das letzte Album datiert aus 2023 und trägt den klingenden Namen „WTFortyfive?“, eine brachial-humorige Anspielung auf das 45-jährige Bandjubiläum. Mittlerweile gehen Girlschool steil auf die 50 zu, McAuliffe feierte letztes Jahr ihren 65. Geburtstag. „Wir waren in unseren 20ern, als wir die größten Erfolge feierten und ein echtes Rock’n’Roll-Leben hatten“, erinnert sie sich freudig zurück, „wir hätten damals nie gedacht, dass wir in unseren 40ern noch auf die Bühne gehen würden. Und jetzt sind wir zum Teil Mitte 60 – gottverdammt!“

Die Rolling Stones, die sich mittlerweile zuweilen schon in ihrem neunten Lebensjahrzehnt befinden, verschieben die vermeintlich unverrückbaren Grenzen immer weiter. „Viele männliche Rockstars sind schlohweiß, sehen völlig kaputt aus und spielen noch immer“, lacht McAuliffe, „das ist bei Frauen nicht so leicht. Aber wir sehen nun einmal so aus, wie wir aussehen. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass wir in unseren 70ern noch immer auf die Bühne gehen, aber wer weiß das schon. Vielleicht gibt’s dann schon Technologien, die uns wieder jünger werden lassen.“ Wie man im Haifischbecken Musikbusiness so lange überleben kann, ist der Frontfrau selbst ein Rätsel. „Zum Spaß haben wir das immer auf unsere Sturheit und Naivität geschoben. Egal welche Hürden sich uns in den Weg stellten, wir haben einfach immer weitergemacht. Probleme sind da, um gelöst zu werden.“

Zeiten haben sich geändert
Wie für fast alle Frauen im Rocksegment war auch für Girlschool die Kultmusikerin Suzi Quatro Vorbild und Inspiration für das eigene Tun. „Viel mehr Frauen gab es damals ja auch nicht. Sie war die einzige Frau, die ein Instrument beherrschte. Dann kamen noch die Runaways, aber da waren wir schon selbst am Start.“ Mit Bands wie Thundermother, Vulvarine oder den Burning Witches ist der Rock-/Metalsektor heute voll mit Weiblichkeit. Girlschool hat all diesen ambitionierten Acts die Rutsche gelegt. Im gesetzteren Alter freut sich das Quartett aber auch über gewisse Annehmlichkeiten. „Wir haben heute gute Hotels mit Frühstück und einem gewissen Service. Die Zeiten, wo man sich in den Bus gequetscht und die ganze Nacht durchgezecht hat, sind doch vorbei“, lacht die 65-Jährige, „das bedeutet aber noch lange nicht, dass wir es nicht auch noch immer krachen lassen, wenn es gerade passt.“

Mit Saxon live in Wien
Am Freitag, den 21. Februar, spielen Girlschool als Support von Saxon im Zuge deren „Hell, Fire And Steel Tour“ im Wiener Gasometer. Nach diversen Gigs im westlicheren Österreich wird dies tatsächlich die erste Wien-Liveshow der Kultband seit 1993 sein! Unter www.oeticket.com gibt es noch ein paar Karten für das Heavy-Metal-Highlight dieses Monats.

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