Der renommierte Außenpolitik-Journalist Kurt Seinitz analysiert vor der deutschen Bundestags-Wahl die aktuelle Ausgangssituation. Etwa die Frage, weshalb die Ampelkoalition so klar gescheitert sei: „Na, weil sie nichts zusammengebracht hat. Ganz einfach. Aber diese Regierung hätte nicht alle Probleme lösen können, die sich in Deutschland aufgestaut haben. Seit der langen Ära Merkel. Und das geht zurück bis zu Kohl. Es gab Versäumnisse sondergleichen in dieser Zeit.“
Seinitz weiter: „Die jetzige Regierung ist gewählt worden, um diese Probleme zu lösen. Aber sie hat sie nicht lösen können. Durch inneren Streit und so weiter.“ Auf die Frage, wie sich dieses Versäumnis nun ausgewirkt habe, attestiert Seinitz: „Seit der letzten Wahl hat sich die Situation in der Bevölkerung gänzlich gewandelt. Aus Enttäuschung heraus, dass sich die Wirtschaftskrise in Deutschland noch weiter vergrößert hat.“
Den Grund für die aktuell sehr schlechten Umfragewerte der SPD verortet Seinitz jedenfalls klar in einer Person: „Das hängt mit Bundeskanzlers Olaf Scholz zusammen. Dem wird eigentlich das große Versagen der Regierung angekreidet. Aber der sogenannte Schweigekanzler ist jetzt im Wahlkampf wieder aufgeblüht und ziemlich scharf alles angegangen. Das heißt, er kennt die Probleme. Sein Problem ist die Führungsschwäche. Das heißt, er konnte nicht führen. Wer ist zerrieben worden zwischen den beiden Polen der Ampelkoalition. Links die Grünen Klimafanatiker, rechts der wirtschaftsliberale Wirtschaftsfanatiker Lindner von der FDP. Das ist nicht mehr anzuhören gewesen, was diese Regierung aufgeführt hat an Streitigkeiten. Es wurde nicht regiert und damit haben wir das schwache Ergebnis, das wir jetzt haben.“
Wieso ist die Ampel gescheitert? Schuld am Zusammenbruch der Ampel sei FDP-Chef Christian Lindner gewesen: „Ja, der hat die Ampel eigentlich zum Platzen gebracht. Durch seine Widerstandspolitik. Das waren Serien-Vetos, die er eingelegt hat. Aber das Phänomen war die Nicht-Führung von Bundeskanzler Scholz.“ Ob denn die aktuellen Gewalttaten in deutschen Städten wie Aschaffenburg oder München im aktuellen Wahlkampf der stark rechtsgerichteten AfD Stimmen gebracht hätten? Seinitz: „Die Lage ist erstaunlich stabil. Die zwanzig Prozent in den Umfragen für die AfD, die hat es vor Monaten schon gegeben. Und die dreißig Prozent für die CDU/CSU. Aber so wie die FDP abgestürzt ist in dieser Regierung, hat es die Ampel fertiggebracht, dass sich die AfD in den Umfragen verdoppelt. Von zuletzt zehn auf nunmehr zwanzig Prozent.“
Vergleich der FPÖ mit der AfD Wie würde denn aus Sicht des Außenpolitik-Journalisten der Vergleich der österreichischen FPÖ mit der deutschen AfD ausfallen? Seinitz: „Die AfD hat deutlich antidemokratischen Charakter. Zumindest in Teilen. Zum Beispiel Alice Weidel (Anmerkung: AfD-Chefin) war eigentlich umgänglich im Wahlkampf und hat sich immer bemüht, nicht abzugleiten ins rechtsradikale Lager. Aber hinter ihr stehen einige rechtsradikale Männer, von denen es keinen Zweifel gibt, dass sie bis zum nationalsozialistischen Gedankengut gehen.“ Ob das in der AfD geduldet werde? Seinitz: „Das wird geduldet in der Partei. Aber wir haben jetzt diese Munitionsaffäre in der Nähe des Nationalratspräsidenten auch (Anmerkung: gemeint ist Österreichs Nationalratspräsident Walter Rosenkranz von der FPÖ). Also, es gibt Parallelen. Wobei man noch immer sagen kann, dass die FPÖ nicht so radikal ist wie die AfD.“
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