Weshalb Prinz Charles Ehefrau ganz selbstverständlich den Titel „Königin“ trägt und warum es in Ordnung ist, die österreichische Landesmutter Maria Theresia „Kaiserin“ zu nennen, obwohl sie nur Regentin war? Weil Dynastien keine Präzedenzfälle schaffen wollen, die ihren Fortbestand gefährden.
Königin Elisabeth II. machte kurz vor ihrem Tod unmissverständlich klar, nach welchen Regeln eine Dynastie funktioniert. Anlässlich ihres 70-jährigen Thronjubiläums im Jahr 2022 gab sie bekannt, welchen Titel Prinz Charles’ Ehefrau nach dessen Thronbesteigung tragen würde: nämlich „Queen Consort“ („Königsgemahlin“) und nicht – wie oft kolportiert – den Titel „Princess Consort“. Schon seit der Heirat von Charles und Camilla im Jahr 2005 wurde spekuliert, ob Camilla einmal „Königin“ werden darf. Kurz nach der Hochzeit von Charles und Camilla schien das noch unmöglich. Man fürchtete den Zorn der zahlreichen Diana-Fans, gäbe es eines Tages eine Königin Camilla.
Es geht nicht darum, wer einen Titel „verdient“, es geht um Kontinuität
Aber macht der Titel einen großen Unterschied? Und ob! Und dabei geht es weniger um Camilla als um das Königshaus selbst. Würde man Camilla nur den Titel „Princess Consort“ geben, würde man Präzedenzfälle für die Zukunft schaffen – und nichts ist für eine amtierende Dynastie gefährlicher. Denn aus Präzedenzfällen können künftig, je nach Zeit und Hintergrund, individuelle Ausnahmen werden, vor allem aber: Man kann damit immer Gründe finden, jemandem einen Titel zu verwehren.
Kurz: In dem Moment, in dem man beginnt, darüber zu diskutieren, wer welchen Titel „verdient“ – soll es nach Beliebtheit, Herkunft, öffentlicher Meinung gehen? –, ist das dynastische Prinzip am Ende. Klingt unmodern, aber nur so funktioniert es. Mögen also übereifrige Höflinge oder Meinungsmacher auch den rangniedrigeren Titel „Princess Consort“ für Charles’ Ehefrau vorgesehen haben, die Queen hat Klartext gesprochen und als Wunsch formuliert, was seit 1000 Jahren eine Selbstverständlichkeit ist: Die Ehefrau eines britischen Königs trägt immer den Titel „Queen Consort“, Königin. Ausnahmen gibt es keine.
Maria Theresia darf natürlich Kaiserin genannt werden
Einen ähnlichen Fall gibt es übrigens in Österreichs Geschichte. Auch hier wurde eine Ausnahme geschaffen, die es eigentlich nie gab. Die Rede ist von Kaiserin Maria Theresia, die große Politikerin, die nicht nur verhinderte, dass die österreichischen Erblande von den europäischen Großmächten geschluckt wurden, sondern die das Land auch in einen modernen Verwaltungsstaat verwandelte.
Maria Theresia mag als regierende Monarchin „nur“ Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn und Böhmen gewesen sein, aber man darf sie auch Kaiserin nennen. Denn schließlich war ihr Ehemann Franz Stephan von Lothringen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches – und die Ehefrau eines Kaisers heißt immer auch Kaiserin. Deshalb darf man die legendäre Maria Theresia allen Unkenrufen zu Trotz natürlich als „Kaiserin Maria Theresia“ titulieren.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.