Als „Ermutigung“

China verleiht Beamten jetzt „Schneckenpreise“

Ausland
20.02.2025 14:55

Chinas Staatsangestellte haben es nicht leicht: Gehälter werden verspätet gezahlt, der politische Druck steigt, und eine gnadenlose Anti-Korruptionskampagne rollt über sie hinweg. Doch nun kommt eine neue Schikane hinzu: Wer als ineffizient gilt, erhält den sogenannten „Schneckenpreis“ – eine öffentliche Bloßstellung für Beamte, denen vorgeworfen wird, zu langsam oder zu wenig zu arbeiten.

Lokale Regierungen setzen vermehrt auf diese zweifelhafte Motivationsmethode, um ihre Mitarbeiter zur Höchstleistung zu treiben. „Durch diese sarkastische ,Ermutigung‘ sollen die Preisträger erröten, ins Schwitzen geraten und ihren Geist erneuern“, hieß es auf einer parteinahen Webseite. Laut der „New York Times“ sollen bereits mehrere Städte diese fragwürdige Praxis eingeführt haben.

Angst regiert statt Innovation
Hintergrund des harschen Vorgehens: China steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Lokale Regierungen brauchen dringend Initiativen, Investitionen und Wachstum – doch die Beamten zeigen sich immer zurückhaltender. Viele fürchten, mit Eigeninitiative gegen Pekings zentrale Linie zu verstoßen und sich so ins politische Abseits zu manövrieren.

Unter Staatschef Xi Jinping wurden zahlreiche Wirtschaftssektoren – von Technologie bis Bildung – mit harter Hand reguliert. Viele Funktionäre haben aus Angst vor Konsequenzen aufgehört, proaktiv zu handeln. Wo früher lokale Politiker mit großen Infrastrukturprojekten glänzen wollten, herrscht heute die Angst, wegen eigenmächtiger Entscheidungen bestraft zu werden. Das sicherste Mittel scheint Nichtstun – doch genau das will die Regierung nun unterbinden.

Die Antwort: Öffentliches Bloßstellen
In mindestens drei Städten wurden laut der Parteizeitung „People’s Daily“ bereits „Schneckenpreise“ verliehen. Videos auf chinesischen Social-Media-Plattformen zeigen, wie emotionslose Männer in Anzügen auf Bühnen Urkunden überreicht bekommen – eine Schmach vor versammeltem Publikum.

Doch es bleibt nicht bei Auszeichnungen. In Guangdong wurde sogar eine Datenbank für Beamte eingerichtet, die als „Liegengelassene“ oder „Drückeberger“ gelten. In anderen Regionen wurden Mitarbeiter bereits entlassen oder versetzt. „Harte Maßnahmen gegen untätige Beamte schützen eigentlich diejenigen, die fleißig und initiativ sind“, rechtfertigen die Behörden das Vorgehen.

Tritt Pekings Führung auf die Bremse?
Gleichzeitig versucht die Zentralregierung, den Beamten aber neue Sicherheit zu geben. Präsident Xi Jinping traf sich kürzlich mit Chinas Top-Unternehmern - ein Signal für eine offenere Haltung gegenüber der Wirtschaft. Auch wurde angekündigt, dass staatliche Unternehmen „normale Investitionsrisiken“ tolerieren und Verantwortliche für gescheiterte Projekte nicht automatisch bestrafen sollen.

In Einzelfällen gibt es auch Milde: Ein Beamter in Sichuan, der ohne Genehmigung Mittel für öffentliche Toiletten umwidmete, erhielt lediglich eine Verwarnung – weil er keinen persönlichen Vorteil daraus gezogen hatte.

Die Angst bleibt
Ob diese Signale reichen, um verunsicherte Funktionäre aus der Reserve zu locken, bleibt fraglich. Denn die politische Kontrolle unter Xi wird immer schärfer. Erst im Januar rief er erneut zur „gnadenlosen Korruptionsbekämpfung“ auf – und machte damit klar, dass Spielraum für Eigeninitiative begrenzt bleibt.Trotz aller Widrigkeiten bleibt der öffentliche Dienst begehrt. Immer mehr junge Chinesen bewerben sich für Beamtenstellen.

„Ja, ein Job als Staatsangestellter ist nicht mehr so gut wie vor zehn Jahren“, sagte der Politikwissenschaftler Dongshu Liu von der City University of Hong Kong zur „New York Times“. „Aber die Alternativen sind noch schlechter.“

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