Einstiger Gartentrend

Ansturm auf Schlosspark wegen kolossaler Agave

Kärnten
02.03.2025 15:03

Weg von der Geometrie, hin zum Paradiesischen ging der Trend im 18. Jahrhundert. Ein historischer Spaziergang rund um Schloss Lippitzbach, wo eine kolossale Agave mit 35 Armen ein Besuchermagnet war und der Garten so wichtig war, dass die Gräfin sogar den Gärtner im Testament bedachte.

„Verlockend anzusehen und mit köstlichen Früchten“: So wird in der Genesis der Garten Eden beschrieben. Schon im Paradies hatte der Garten also zwei Aufgaben: Er sollte Zier- und Nutzgarten sein, das Auge erfreuen und den Magen füllen. Dafür legten auch die antiken Völker Gärten an.

Victoria amazonica im Garten von Chatsworth House in Großbritannien: Auf einem der schwimmenden Blätter steht ein Mädchen, was 1849 zu dieser Illustration führte. (Bild: Geschichtsverein Kärnten)
Victoria amazonica im Garten von Chatsworth House in Großbritannien: Auf einem der schwimmenden Blätter steht ein Mädchen, was 1849 zu dieser Illustration führte.

„Ein neuer Gartenstil verbreitete sich ab den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts, der die nach geometrischen Mustern gegliederten französischen Barockgärten zusehends verdrängte: Der englische Landschaftsstil, der Naturlandschaften imitierte, war ein Bruch mit der barocken Tradition, in der sich absolutistische Herrschaft mit Unterwerfung der Natur unter mathematische Prinzipien verband“, so der Klagenfurter Historiker und Hobbygärtner Roland Bäck, der immer wieder für den Geschichtsverein Kärntner Geschichtsforschung betreibt – beispielsweise rund um den Garten der Grafen Egger in Lippitzbach.

Einstige Modegärten

Bekannte Landschaftsgärten in Kärnten gab es in Damtschach bei Wernberg, bei den Grafen Lodron in Gmünd, beim Fürsten Porcia in Spittal, beim Ritter von Bohr in Rosegg, bei den Edlen von Moro in Mageregg bei Klagenfurt, bei den Grafen Christalnigg auf Hagenegg bei Bad Eisenkappel sowie bei Graf und Gräffin Egger auf Lippitzbach bei Ruden.

Aufsehen erregende, exotische Pflanzen
Dieser Landschaftsgarten beim Schloss in Ruden folgte dem internationalen Modetrend und drückte eine moderne Geisteshaltung aus. „Lippitzbach ist ein hervorhebenswertes Beispiel – ein gärtnerischer Mikrokosmos – dafür, wie die englische Gartenkultur in Kärnten Fuß fasste, welche sozialen Schichten und Persönlichkeiten daran beteiligt waren und wie Gartenkonzepte nach 1850 gegenüber dem Artenreichtum einer botanischen Pflanzensammlung an Bedeutung verloren haben“, so Bäck. Nicht ausgefeilte Gartenideen, sondern eine seltene blühende Seerose oder eine Agave hätten damals Aufsehen erregt.

Schön anzusehen und wohlriechend
Schloss Lippitzbach, ursprünglich Herrenhaus des Hammerwerkes, kam 1791 in den Besitz von Graf Maximilian Thaddäus von Egger, der das spätbarocke Gebäude klassizistisch-biedermeierlich umbauen ließ. Ab 1833, nach der Heirat von Ferdinand von Egger mit Nothburga von Lodron-Laterano, dürfte der Garten neu angelegt worden sein. Das das Gelände um das Schloss uneben ist, musste es terrassiert werden. Südlich des Schlosses trennen Stützmauern drei Gartenebenen – die letzte liegt direkt an der Felskante oberhalb der Drau. Ein englischer Garten mit fremdländischen Gehölzen und einer Rosenzucht wurde angelegt. Dazu wurde der Graf wohl durch eine England-Reise inspiriert, die Gräfin dürfte solche Anlagen aus in ihrer Heimat Gmünd gekannt haben, wo ihre Familie einen Landschaftsgarten hatte. Die Rosenzucht war im 19. Jahrhundert beliebt. „Es ging um die dekorative Wirkung und um den Duft“, weiß Historiker Bäck.

„...als habe ihm die Phantasie eines geübten Landschaftsmalers das Daseyn gegeben...“, so beschreibt der Domherr und Historiker Heinrich Hermann 1841 den Schlossgarten von Lippitzbach. Staffagebauten wie Tempel und Ruinen fehlten ob des begrenzten Platzes natürlich. Dafür wurde de rumliegende Wald als erweiterter Park miteinbezogen.

Raritäten im Garten
Nach Graf Ferdinands Tod 1860 verwandelte sich der Landschaftsgarten zu einem Garten des Historismus, in dem auch Raritäten zu finden waren. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten Gärtnereien bereits Pflanzenneuheiten ein. „Rund 90 Pflanzengattungen mit mindestens 140 Arten, Varietäten und gezüchteten Hybridsorten waren 1875 allein im Gewächshaus in Lippitzbach zu sehen“, schreibt Bäck. Palmen, Farne, Orchideen, Bromelien, Kaffeepflanzen und Papaya wurden in den beiden Gewächshäusern, die eine Rauchkanalheizung hatten, gezogen. Für die Königin-Viktoria-Riesenseerose, die in ganz Kärnten nur in Lippitzbach zu bestaunen war, wurde ein eigenes Gewächshaus mit beheizbarem Bassin errichtet.

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Für die durch den Obergärtner Leopold Miltschinsky aus importierten Samen gezogene tropische Königin-Viktoria-Riesenseerose, die Viktoria amazonica,  hatte man noch zu Lebzeiten Graf Ferdinands ein eigenes Gewächshaus mit einem beheizbaren Bassin erbaut.

Roland Bäck, Historiker und Hobbygärtner, erforschte den Garten von Schloss Lippitzbach bei Ruden

Besucheransturm wegen der kolossalen Agave
Aufsehen erregte 1876 eine gewaltige, blühende Agave: Knapp 1200 Besucher strömten binnen weniger Woche in den Garten! Die Agave hatte einen Durchmesser von viereinhalb Metern. Über sechs Meter hoch wuchsen die Blüten im August 1876.  Von den zwei Haupt- und 33 Seitenarmen trug jeder 150 bis 200 kleine Blütenglocken.

Nachdem die hochbetagte Gräfin Nothburga 1884 gestorben war, übernahmen ihre Neffen, die Freiherren von Helldorf, das krisengeschüttelte Walzwerk, das vor der Schließung stand, und die Besitzungen. Für die Altersversorgung ihres Obergärtners hatte Gräfin noch zu Lebzeiten in ihrem Testament gesorgt.

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