Aufgrund der jüngsten Kontakte und Verhandlungen zwischen den USA und Russland befürchtet man in Europa einen Diktatfrieden für die Ukraine. Ein solcher würde Wirtschaftsexperten zufolge Österreich ebenfalls „indirekt treffen“.
Ein solcher „Friedensschluss“ würde deutlich weniger Investitionen in Osteuropa bedeuten – einer Region, in der 20 Prozent des heimischen Außenhandels abgewickelt wird. „Das würde Österreichs Wirtschaft belasten, denn man gehört zu den Hauptinvestoren in Osteuropa“, sagen Experten des Wiener Instituts für Wirtschaftsvergleiche (wiiw). Es könnte auch das Ende der Friedensdividende eingeläutet werden: dem Einsparen von Budgetmitteln durch die Kürzung der Militärausgaben. Europa wäre gezwungen, viel stärker aufzurüsten als bisher. Gewinner in der EU wären einzig und allein die großen Rüstungskonzerne.
Kriegsende könnte Osteuropa mehr schaden als Krieg selbst
Osteuropa könnte paradoxerweise das Ende des Krieges somit mehr schaden als der Krieg selbst. Denn die Effekte auf Investitionen seien in den ersten Kriegsjahren 2022 und 2023 „überraschenderweise gar nicht so groß“ gewesen. „Das wird sich jetzt ändern“, sagt der stellvertretende wiiw-Direktor Richard Grieveson in einem Interview mit der APA. Die Prognose zeige in der Region nach unten, ein Trend, der bis nach Mitteleuropa und somit Österreich nachwirken dürfte. Denn „die Verbindung mit Osteuropa war immer ein Stabilitätsfaktor für Österreichs Wirtschaft“.
Die Ukraine-Expertin Olga Pindyuk sieht sogar die Gefahr eines kompletten Investitionsstopps in Osteuropa und insbesondere der Ukraine. „Wir reden hier von einer Hochrisikozone, wo zwar Bodenschätze liegen, aber alles vermint ist“, sagt sie der APA. Wenn die Ukraine gezwungen werde, eine De-facto-Kapitulation zu Kremlchef Wladmir Putins Bedingungen zu akzeptieren, werde sie zu einem Vasallenstaat Russlands. Der besetzte Teil könnte zu einem „zweiten Belarus“ werden, lautet die Prognose Pindyuks. Die Rohstoffe, in den von Russland eroberten Regionen im Osten, würden ähnlich wie in einer „Kolonialwirtschaft“ ausgebeutet werden. Von den Erlösen aus dem Fördern von Seltenen Erden, Öl oder Gas werde kaum etwas in den Wiederaufbau der von drei Jahren Krieg verwüsteten Region gesteckt werden.
„Russland hängt am Krieg wie an einer Droge“
Russland gehört „mittelfristig“ zu den wenigen Gewinnern eines möglichen Diktatfriedens, betont Russland-Experte Vasily Astrov. Insbesondere wenn ein solcher, wie vom russischen Staatsfonds erwartet, durch die Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen mit den USA und die Rückkehr von US-Firmen nach Russland begleitet werde. Die Umstellung auf eine Kriegswirtschaft seit 2022 werde aber kurzfristig zu Komplikationen führen, sagt der Experte. Nach Kriegsende drohe Russland „ein veritabler Nachfrageschock durch geringere Staatsausgaben für Rüstung und Militär“. Russland hänge bisher am Krieg wie an einer Droge, befindet Astrov.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.