Interview

WK-Chef: „Es muss immer um ein Miteinander gehen“

Burgenland
23.02.2025 11:00

Im März stellt sich der Steinbrunner Unternehmer Andreas Wirth der Wiederwahl als Präsident der Wirtschaftskammer. Wie sein Verhältnis zur Landesregierung ist, warum die ÖVP im Burgenland besser in der Regierung aufgehoben wäre und was es mit grünen Luftblasen im Burgenland auf sich hat?

Politisch wird das Burgenland in den kommenden Jahren von Rot-Grün regiert. Wie begeistert sind Sie davon, dass die ÖVP wieder auf der Oppositionsbank sitzt?
Andreas Wirth: Eine rot-schwarze Regierung wäre mein Wunsch für das Burgenland gewesen. Da hätte man auch die angespannte finanzielle Notlage der Gemeinden leichter lösen können. Dass das jetzt nicht der Fall ist, liegt an den handelnden Personen.

Blickt man in den Bund, dann bahnt sich dort nun doch eine Zuckerlkoalition bestehend aus ÖVP, SPÖ und NEOS an. Was erwarten Sie sich von der neuen Regierung und wie stehen Sie zu Herbert Kickl?
Wirth: Ob Herbert Kickl das richtige Programm gehabt hätte, kann sich jeder selbst ausmalen, aber es muss schon klar sein, dass der Wahlsieger mit der Bildung einer Regierung beauftragt wird. Nach diesen unnötigen leeren Kilometern hoffe ich jetzt, dass die Wirtschaft in der aktuellen Regierungsbildungsphase einen hohen Stellenwert hat. Die Industrie schwächelt, der Wirtschaftsstandort muss gestärkt werden und da finde ich es auch nicht in Ordnung, dass während die ÖVP mit der SPÖ am Verhandlungstisch sitzt, die rote Gewerkschaft zum Bus-Streik aufruft.

Bleiben wir im Bund. Braucht es eine Bankenabgabe?
Wirth: Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass auch die Banken einen Teil beitragen müssen. Eine Bankenabgabe sollte nur einen Teil der Lösung ausmachen, gleichzeitig muss es auch günstigere Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen und private Haushalte geben. Das wäre für die Wirtschaft effektiver und würde positiv auf die Konjunktur wirken.

Wirtschaftlich sind die Herausforderungen also groß. Das vergangene Jahr war ein Rekord-Pleitenjahr im Burgenland. Wie laut schrillen die Alarmglocken?Wirth: Die Situation ist für viele Betriebe in der Tat angespannt. Hohe Kollektivvertragsabschlüsse haben die Preise in die Höhe getrieben. Wenn wir einen Blick in die Vergangenheit werfen, sehen wir, dass die Nachwehen der Corona-Pandemie - sprich hohe Material- und Energiekosten – noch immer spürbar sind. Diese Faktoren haben langfristige Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen.

In welchen Branchen ist es 5 vor 12?
Wirth: Vor allem das Baugewerbe kämpft. Die Gemeinden können nicht so investieren, wie in den Jahren zuvor und im Privatsegment wirken sich die strengeren Richtlinien für Kreditvergaben negativ aus und das zeigt sich besonders bei der Schaffung von Eigentum. Für junge Familien wird es immer schwieriger ein Haus zu bauen, eine Wohnung zu sanieren. Investiert wird stattdessen in Konsumgüter oder Urlaub.

Von ein wenig Glück kann gerade in herausfordernden Zeiten die Wirtschaft profitieren, sagt WK-Chef Andreas Wirth. (Bild: WKB)
Von ein wenig Glück kann gerade in herausfordernden Zeiten die Wirtschaft profitieren, sagt WK-Chef Andreas Wirth.

Hätte hier nicht der Bund mehr agieren müssen?
Wirth: Die Erwartungen an die grüne Sanierungsoffensive im Bund waren groß. Es waren aber eigentlich nur viele Luftblasen, die von Wien abgesetzt wurden, aber im Burgenland nicht angekommen sind. Mit der Wirtschaft im Boot hätte man hier viele Maßnahmen im Bereich der Sanierung vorantreiben können und genau für diese Richtung stehen wir auch.

Gerade das Baugewerbe gilt als Indikator für eine funktionierende Wirtschaft. Was braucht es hier, um den Motor wieder anzukurbeln?
Wirth: Die großen Zahnräder in diesem Kreislauf müssen wieder ins Laufen gebracht werden und da geht es um bessere und günstigere Kreditfinanzierungen. Das Auslaufen der KIM-Verordnung im Juni ist längst überfällig und macht es Familien wieder leichter, Eigentum zu schaffen. Aber auch die Wohnbauförderung ist ein wesentlicher Teil, um die Situation zu verbessern.

Seitens der Wohnbauträger gab es Kritik, dass die neuen Richtlinien des Landes unattraktiv sind. Ist das tatsächlich so?
Wirth: Ich denke, dass man mit der Wohnbauförderung einen Hebel hat, wo man vor allem junge Familien dazu bewegen kann, zu guten Konditionen Eigentum zu schaffen und gleichzeitig Betriebe damit unterstützen kann. Bei den Genossenschaften ist es das Thema, dass die Kriterien nicht erfüllt werden können, die vom Land vorgegeben werden. Ich sehe das auch als wichtigen Part für mich, um Brücken zwischen der Landespolitik, den Betrieben, aber auch den Genossenschaften zu bauen. Das Ziel muss immer ein Miteinander sein, anstatt ein Gegeneinander.

Gute Kontakte: Die Wirtschaftskammer und das Land Burgenland. (Bild: LMS/Wiesinger)
Gute Kontakte: Die Wirtschaftskammer und das Land Burgenland.

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil betont immer wieder das gute Verhältnis zur Wirtschaft. Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit dem Land?Wirth: Das Verhältnis ist mit der ganzen Landesregierung gut. Es gibt natürlich Themen, die als Interessenvertretung der Wirtschaft für uns nicht so positiv sind, aber es gibt viele Punkte, die wir in der Zukunft gemeinsam für den Standort Burgenland planen. Vor allem um internationale Betriebe ins Burgenland zu bringen, aber auch unsere Betriebe – da spreche ich auch vom Weinbau -international zu vermarkten.

Eine gemeinsame Kooperation ist jetzt auch mit der Stadt Hamburg gelungen. Kann man sagen, dass man über den Tourismus die Wirtschaft ankurbeln möchte?
Wirth: Man kann schon sagen, dass es ein Ziel ist, das Burgenland im Ausland schmackhaft zu machen. Dazu müssen wir aber auch weiterhin in Kultur, Radwege, die Festspielorte investieren, um all dies auch über die Saison hinaus zu bespielen. Wir müssen diese Phase nützen, damit Touristen Geld da lassen, auch im Hinblick auf die Maßnahmen zur Gegenfinanzierung. Stichwort: Gemeinden.

Vermissen Sie dieses gute Verhältnis zum Land, wenn es um die Verkehrsbetriebe Burgenland geht?
Wirth: Ich denke nicht, dass es das Ziel des Landes ist, private Bus- und Taxiunternehmen zu zerstören. Es gab vor den Wahlen eine gute Gesprächsbasis und die wird es wieder geben. Unser Zugang wäre, dass die VBB ihre Linien fährt und die privaten das Reisegeschäft übernehmen. Hier müssen wir einen gemeinsamen Weg finden.

Kommen wir noch zur Jugend. Wie will man junge Menschen in Jobs bringen?
Wirth: Wir müssen dringend für einen Imagewandel von Leistung sorgen. Jeder, der arbeitet, kann stolz sein und trägt was zum Sozialsystem bei und hier sind wir wieder beim Thema, dass sich Leistung lohnen muss. Wichtig wäre es auch, den jungen Leuten in der Schule wirtschaftliches Verständnis beizubringen. Beispielsweise, dass ich nicht 30 Euro ausgeben kann, wenn ich nur 20 habe und ich vorher arbeiten muss, damit mir dann Geld überbleibt.

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