Deutschland sieht sich gerne als Weltmeister der Vergangenheitsbewältigung. Mit zahllosen Denkmälern und Gedenkstätten versucht das Land, seine Verantwortung für die Verbrechen der NS-Zeit aufzuarbeiten. Doch laut dem deutschen Satiriker Jan Böhmermann könnte genau dieser Umgang mit der eigenen Geschichte den Aufstieg der rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD) begünstigt haben.
In einem Videobeitrag für die „New York Times“ mit dem Titel „The Far Right is Rising in the Land of ,Never Again‘“ analysiert Böhmermann die aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland. Dabei setzt er auf seinen typischen satirischen Stil: Mit Anzug am Schreibtisch sitzend, präsentiert er Statistiken, Videoclips und erklärt dem englischsprachigen Publikum deutsche Eigenheiten.
Besonders im Fokus steht die bevorstehende Bundestagswahl, bei der die AfD laut Umfragen rund 20 Prozent der Stimmen erhalten könnte.
„Waren wirklich gut im Nazis erfinden“
„Deutsche sind erfinderisch“, sagt Böhmermann in seinem Video. „Aber natürlich gibt es noch etwas anderes, worin wir Deutschen wirklich gut waren: Nazis erfinden.“ Er kritisiert, dass Deutschland zwar seine Vergangenheit ausgiebig reflektiere, aber keine klare Anleitung für das „Nie wieder“ existiere. Das mache es der AfD leicht, in diesem Vakuum zu agieren.
Als Beispiel zeigt Böhmermann eine Rede von Björn Höcke, dem Vorsitzenden der AfD-Fraktion in Thüringen, der eine „180-Grad-Wende“ in der Erinnerungskultur forderte. Böhmermann kommentiert: „Höcke klingt etwas hitleresque.“ Er erinnert auch an Alexander Gaulands umstrittene Aussage, Hitler und die Nazis seien nur ein „Vogelschiss“ in über 1000 Jahren deutscher Geschichte gewesen. Zudem spielt er einen Clip, in dem AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel Adolf Hitler als „Kommunisten“ bezeichnet.
Zieht Vergleich mit Tech-Milliardär Musk
Böhmermann argumentiert, dass Nazis in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nie vollständig verschwunden seien. Er verweist auf die rassistischen Morde des NSU und kritisiert die zunehmende Geschichtsvergessenheit. „Die AfD kann Nazi-Dinge sagen und machen, solange sie aggressiv zurückweist, dass irgendjemand jemals ein Nazi war.“ Als Beispiel nennt er den umstrittenen Tech-Milliardär Elon Musk, der einen Hitlergruß zeigte, aber bestritt, ein Nazi zu sein.
„They just want Germany to be great again“
Am Ende des Videos stellt Böhmermann die Frage: „Sollte sich der Rest der Welt Sorgen um ein faschistisches Comeback Deutschlands machen?“ Seine Antwort: „Jawohl! Aber hallo, und zwar so richtig.“ Auf Englisch fügt er hinzu: „You should be worried.“
Er schließt mit einer Adaption des Wahlkampfslogans von Donald Trump: „The AfD is not the new Nazi party. They just want Germany to be great again. And that’s why now, in Germany, the Kacke is am Dampfen.“
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