Ein 60-jähriger Wiener, der von Mithäftlingen „Weihnachtsmann“ genannt wird, ist wegen Mordversuchs angeklagt. Er stach auf einen Mann im Sigmund-Freud-Park am Alsergrund ein. Eigenen Angaben nach aus „Nothilfe“. Er soll einen Angriff gegen seinen aus Afrika stammenden Freund abgewehrt haben. Zeugen sahen es anders.
Er ist Fliesenleger-Meister und Hafner, hat die Fiakerprüfung und könnte in jedem Einkaufszentrum im Advent als Santa Claus arbeiten. Wohl auch der Grund, warum der 60-Jährige in der Justizanstalt Josefstadt von den Mithäftlingen „Weihnachtsmann“ genannt wird. Am Montag sitzt er nicht vor wartenden Kindern mit leuchtenden Augen, sondern vor Geschworenen in dem Saal 401 im Wiener Landesgericht. Dort droht dem Mann mit den weißen Haaren und dem weißen Bart im schlimmsten Fall lebenslange Haft.
Fünf Stiche in Bauch und Oberkörper
Er ist wegen Mordversuchs angeklagt, soll am 29. Juli vergangenen Jahres im Sigmund-Freud-Park im 9. Bezirk gegenüber der Hauptuniversität auf einen Mann eingestochen haben. „Sein Opfer und er waren zufällig gleichzeitig in dem Park“, so der Staatsanwalt. „Man hat sich kennengelernt, getanzt und über das Leben philosophiert“, plädiert er. Irgendwann sei die Situation gekippt. Im Streit stieß er das Opfer zuerst um und stach, als dieser wieder aufstand, fünfmal in dessen Bauch und Oberkörper.
„Ich bekenne mich schuldig“, verantwortet sich der Angeklagte. Allerdings habe er aus Nothilfe gehandelt. Er sei zuerst im 1. Bezirk seine ehemaligen Fiakerkollegen besuchen gewesen, traf dann – ausgestattet mit einer Weinflasche und einem guten Buch – einen aus Afrika stammenden Freund im Park: „Das spätere Opfer kam alkoholisiert näher und ging seinen Freund an“, erklärt Verteidigerin Anita Schattner. „Er stach hin, damit er endlich aufhört, ihn zu attackieren.“
Widersprüchliche Aussagen
Zuvor hatte der 60-Jährige sein späteres Opfer mehrmals zu Boden gestoßen. „Ich war Judokämpfer, hatte den braunen Gürtel“, sagt der 60-Jährige. Doch der Mann sei immer wieder aufgestanden und habe immer wieder zugeschlagen. „Da war ich schon sehr erschöpft und mit den Nerven fertig. Mich hat die Kondition verlassen und ich habe Angst bekommen.“ Weshalb er zum Klappmesser, das er in der Hosentasche bei sich trug, griff. „Ich habe falsch reagiert. Das war nicht in Ordnung“, beteuert er in langsamer, klarer Stimme.
Die Aussagen des Angeklagten und der Zeugen klaffen auseinander. Urteil ausständig.
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