Rund 700 Schüler werden jedes Jahr in Wien suspendiert. Die Unbelehrbaren unter ihnen bekommen bald „Orientierungshilfe“, die Eltern inklusive. So sollen sie die Konsequenzen ihres Verhaltens abseits von Gefängnis spüren.
Vorträge von Grätzel-Polizisten, Coaching, Deradikalisierungs-Workshops, Sonderklassen und nicht zuletzt die Suspendierung vom Unterricht: Bei einer laut Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr „kleinen, aber besorgniserregenden Gruppe“ von rund 20 minderjährigen Schulpflichtigen in Wien hat all das bisher nicht geholfen: Sie haben sich immer wieder solcher Delikte schuldig gemacht, für die sie wohl ins Gefängnis müssten, wenn sie älter als 14 Jahre wären.
Strenge „Orientierung“ für Schüler und ihre Eltern
Den schlimmsten unter den Problemkindern will die Stadt ab Herbst „Orientierungshilfe“ bieten und investiert dafür 500.000 Euro. Wiederkehr findet es zwar weiterhin „nicht sinnvoll, unter 14-Jährige ins Gefängnis zu stecken, aber es braucht ein Zeichen, dass das eigene Verhalten Konsequenzen hat“. Vor allem aber gehe es bei den Maßnahmen um die Sicherheit aller anderen Kinder in der Schule.
Abseits von Sonderfällen werden Suspendierungen vom Unterricht in Wien im Durchschnitt für zwei bis fünf Tage ausgesprochen. Dass die Schulleitungen darüber allein zu entscheiden haben und es damit keine einheitlichen klaren Regeln gibt, empfindet Wiens Bildungsdirektorin Elisabeth Fuchs nicht als Nachteil, während Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr „grundsätzlich Reformbedarf“ bei Disziplinarmaßnahmen im schulischen Umfeld ortet.
Die „Orientierungshilfe“ soll für Eltern und Kinder verpflichtend sein, die Konsequenz bis zur Kindesabnahme durch die MA 11 reichen. Zusätzlich dazu sollen auch schon bisher genutzte Werkzeuge vermehrt genützt und mit mehr Budget ausgestattet werden. Wiederkehr betonte dabei die Bedeutung von Deradikalisierungsmaßnahmen: „Wir sehen eine verstärkte salafistische Online-Bewegung, die die Jugendlichen voll erwischt. Dass das zunimmt, ist evident.“ Zugleich betonte Wiederkehr, die Bekämpfung von Extremismus sei „keine pädagogische Arbeit, sondern eine der Polizei.“
„Suspendierung wirkt im Normalfall schon“
Die neue Wiener Bildungsdirektorin Elisabeth Fuchs ist überzeugt, dass die bisherigen Disziplinierungsmaßnahmen „im Normalfall schon wirken“. Nach einer Suspendierung „rückfällig“ würden meist nur solche Schüler, die klinisch-psychologische Probleme hätten. Konkrete Zahlen dazu konnte sie jedoch nicht nennen. Sie schwört jedoch auf Schulungen zur Gewaltprävention: Die hätten an den betreffenden Schulen zu einer inzwischen nur „verschwindenden Zahl“ an Suspendierungen geführt.
Tatsächlich sinken die Zahlen von Suspendierungen nun schon drei Jahre in Folge, „trotz erhöhter Schülerzahlen und steigender Herausforderungen“, wie Wiederkehr betonte. Die Zahl der Suspendierungen liegt derzeit bei rund 700 Schülern pro Schuljahr, das ist ein Minus von 12,44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
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