Welche Strafe ist gerecht, wenn ein Betrunkener einer Familie den Sohn und Bruder nimmt? Damit haderten die Richterin und auch die Angehörigen eines 19-Jährigen, der von einem Alko-Geisterfahrer in den Tod gerissen worden war. Es war ein selten emotionaler Prozess rund um einen Mann, der um seinen Umgang mit dem Alkohol keinen Hehl machte.
„Ich möchte mich entschuldigen, Ihnen mein Beileid ausdrücken. Ich habe mich selbst ins Aus geschossen.“ – Auf Krücken gestützt, zu den Eltern und drei von fünf Geschwistern gewandt, suchte im Welser Gerichtssaal jener Angeklagte Vergebung, der im September des Vorjahres als Alko-Geisterfahrer den 19-jährigen Maximilian H. aus dem Leben gerissen hatte. Einige Angehörige sahen dem 47-Jährigen in die Augen, andere mussten sich abwenden – gemeinsam war ihnen, dass es für die Tränen keinen Halt mehr gab.
Erinnerung fehlt
Unumwunden gab der Beschuldigte zu, dass er nach einem Feuerwehreinsatz noch „etwas trinken“ gegangen war – „ein paar Bier, etwas Schnaps“, genau wusste er es nicht. Es fehlt auch die Erinnerung, wie er dann bei Laakirchen falsch auf die Westautobahn aufgefahren und zehn Kilometer als Geisterfahrer unterwegs war. Die Erinnerung setzt erst mit dem Unfall wieder ein. Aber dass man ihn abhalten wollte, selbst zu fahren, wusste er noch. Der Alkotest ergab 1,78 Promille!
Zweimal Führerschein schon weg, aber das gilt nicht mehr
„Eine Wahnsinnsfahrt“, so Richterin Christina Steininger-Höller, die nachfragte, wie das mit angeblichen früheren Führerscheinentzügen wegen Alkoholisierung gewesen sei, weil die offizielle Auskunft darüber fehlte. „Zweimal“, gab der 47-Jährige zu. Auch, dass er schon öfter betrunken gefahren sei, aber „nie so, dass ich nicht fahren konnte“. „Das ist eine subjektive Einschätzung“, meinte die Richterin; Antwort: „Ja.“
„Zeichen muss gesetzt werden“
Verteidiger Andreas Mauhart sprach von einem „großen Fehler“ seines Mandanten, der sonst „immer ein guter Mensch“ gewesen sei – und dass die Führerscheinabnahmen lange her und damit getilgt seien. Doch die Richterin nahm beim Urteil darauf schon Bedacht, weil es der Angeklagte auch selbst erzählt hatte. „Eine adäquate Strafe zu finden, ist fast vermessen“, sagte sie, sprach aber von einem Zeichen, das gesetzt werden müsse. Für den Angeklagten selbst, aber vor allem auch für die Allgemeinheit. Das Urteil: 18 Monate Haft, davon sechs unbedingt. Von den geforderten 61.000 Euro Trauerschmerzensgeld für Angehörige wurden 17.000 Euro zuerkannt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Wichtiger Schritt am Weg der Trauerarbeit
„Eine passende Strafe gibt es dafür ohnehin nicht“, sagten auch zwei der Geschwister und ihr Vertreter Michael Lanzinger, empfanden die Haftstrafe aber als wichtig und richtig auf dem Weg der Trauerarbeit. Der Angeklagte hatte übrigens geschworen, seit dem Unfall keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken zu haben.
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