Nach Anklage

Mahrer: „Für mich gilt die Unschuldsvermutung“

Wien
26.02.2025 15:45

Der Wiener ÖVP-Chef steht in nach der Wienwert-Anklage im Kreuzfeuer harter Kritik. Karl Mahrer über Vorverurteilung, Integration, den Wahlabend und mögliche Nachfolger.

„Krone“: Herr Mahrer, Sie sind in der Causa Wienwert angeklagt. Ihnen drohen bis zu drei Jahre Haft. Arbeitsfähige Strafgefangene sind in Justizanstalten zur Arbeit verpflichtet. Von Buchbinderei über Tischlerei bis Schusterei. Welche Fähigkeiten würden Sie als nicht amtsführender Stadtrat ins Gefängnis mitbringen?
Karl Mahrer: Ich halte diese Frage für völlig unsachlich und gebe auch darauf keine Antwort. Für mich ist klar, ich habe ein hundertprozentig gutes Gewissen und ein hundertprozentiges Vertrauen in die unabhängigen Gerichte. Jeder Mensch in Österreich hat das Recht auf Unschuldsvermutung. Und dieses Recht nehme ich auch für mich in Anspruch.

Zu den Vorwürfen: Bei der Causa Wienwert sollen 1800 Anleger im Ausmaß von 41 Millionen Euro geschädigt worden sein. Auch Sie und Ihre Frau Christine, die eine PR-Agentur führt, sind in einer Causa angeklagt. Ihnen wird Beitrag zur Untreue vorgeworfen. Ist das korrekt?
Ich gebe zu diesem Verfahren keine weitere Antwort mehr. Ich lasse mich medial nicht vorverurteilen. Für mich gilt die Unschuldsvermutung.

Aber meine Frage war keine Vorverurteilung, sondern eine Tatsache.
Ich habe Ihnen gesagt, dass ich ein reines Gewissen habe. Jetzt sind die unabhängigen Gerichte am Zug und die werden entsprechend entscheiden.

Laut Staatsanwaltschaft soll sich zwischen dem Wienwert-Chef Stefan Gruze und dem Ehepaar Mahrer im Jahr 2017 „binnen kurzer Zeit eine freundschaftliche Beziehung“ entwickelt haben. Ist das korrekt?
Auch dazu gebe ich, weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt, keine Auskünfte an die Medien.

„Krone“-Wien-Chef Michael Pommer im Gespräch mit Karl Mahrer. Die Wiener ÖVP ließ für das Interview netterweise Faschingskrapfen auftischen. (Bild: Zwefo)
„Krone“-Wien-Chef Michael Pommer im Gespräch mit Karl Mahrer. Die Wiener ÖVP ließ für das Interview netterweise Faschingskrapfen auftischen.

Im Juni sollen sie beide mit ihm mündlich einen Vertrag abgeschlossen haben, wonach die Wienwert monatlich 12.000 Euro, also 10.000 Euro netto an die Agentur zahlte. Ist das korrekt?
Sie wissen genau, dass das nicht stimmt. Das habe ich auch mehrmals öffentlich gesagt. Auch hier bleibe ich dabei. Ich gebe keine weiteren Auskünfte zu einem laufenden Verfahren.

Was stimmt nicht?
Ich gebe keine weiteren Auskünfte zu einem laufenden Verfahren.

Sie sagen, es stimmt nicht, aber sagen nicht, was nicht stimmt.
Sie haben mich gefragt, ob wir dazu beigetragen haben, einen Vertrag oder eine Vereinbarung zu schließen. Ich habe mit dem Zustandekommen der Vereinbarung überhaupt nichts zu tun.

Es folgt ein Block mit neun Fragen zu den Geschäften der Ehefrau, die Vorwürfe, dass sich Wienwert mit Mahrer einen politischen Kontakt warmhalten wollte, zu seinen Tätigkeiten in der PR-Agentur der Frau, zu Kontakten zur Polizei und Bundespensionskasse, die Mahrer hergestellt haben soll, und zu Zahlungen, die laut Staatsanwaltschaft „ohne entsprechend werthaltige Gegenleistungen” stattgefunden haben könnten. Karl Mahrer antwortet auf alle Fragen mit: „Ich gebe zu einem laufenden Verfahren keine Antwort.“

„Krone“: Für Karl Mahrer gilt die Unschuldsvermutung. Das ist völlig richtig. Aber kann man so einen Wahlkampf bestreiten?
Karl Mahrer: Selbstverständlich. Glauben Sie mir, ich bekomme sehr positive Rückmeldungen. Die Menschen sehen genau, was hier auch medial zum Teil abläuft und, dass die Unschuldsvermutung für alle gilt. Auch für Menschen, die im öffentlichen Leben stehen.

Zitat Icon

Ich gebe keine weiteren Auskünfte zu einem laufenden Verfahren.

Karl Mahrer mehrmals

Unabhängig von der strafrechtlichen Komponente – sollten für Politiker wie Sie nicht andere Maßstäbe der Moral gelten?
Ich halte diese Maßstäbe der Moral immer sehr hoch und jeder, der mich kennt, weiß, dass ich anständig bin, dass ich ehrlich bin und dass ich korrekt bin. Und dabei bleibt es. Und ich lasse mich da auch jetzt nicht durch Ihre Fragen in meiner Haltung erschüttern.

Ich habe das Gefühl, dass sie sich durch meine Fragen belästigt fühlen.
Ich fühle mich durch ihre Fragen darin bestärkt, dass Sie offenbar nur Lust haben, über meine persönliche Situation zu sprechen und nicht über die Probleme in Wien. Ich lade Sie dazu ein, sprechen wir über die Probleme in Wien.

Gut. Die ÖVP ist seit beinahe 40 Jahren in der Bundesregierung, hat immer wieder die Integrationsagenden innegehabt und mitverantwortet. Wieso ist die SPÖ Wien schuld am Integrationsdesaster?
Für die Umsetzung der Integrationsmaßnahmen ist Wien zuständig ist. Wien ist zum Sozial- und Kriminalitätsmagneten geworden, weil Wien entgegen dem Sozialhilfegrundsatzgesetz das Dreifache an Sozialleistungen für abgelehnte Asylwerber zahlt im Vergleich zu den Bundesländern rund um Wien. Die Stadtregierung ist dafür verantwortlich, dass es in Wien in der Zwischenzeit abgeschottete Communitys gibt. Und dafür, dass in der Schule jeder zweite Volksschüler nicht Deutsch kann. Die Systeme sind überfordert, wie man an den Containerklassen sieht, im Bildungsbereich allgemein, aber auch daran, dass die Wiener monatelang auf Untersuchungen und Operationen warten müssen.

Karl Mahrer kritisiert Wiens Integrationspolitik (Bild: Tomschi Peter)
Karl Mahrer kritisiert Wiens Integrationspolitik

Sie vertreten also die Meinung, dass einem ÖVP-Innenminister oder einem ÖVP-Integrationsminister die Hände gebunden sind, weil es einen SPÖ-Sozialstadtrat und einen NEOS-Bildungsstadtrat gibt?
Die Stadt Wien ist für Integrationsmaßnahmen im operativen Sinn selbst verantwortlich. Wenn wir Integration dadurch unmöglich machen, dass wir eine Magnetwirkung in Wien entwickelt haben durch die Sozialpolitik, dann müssen wir ganz einfach sagen, es ist eine Größenordnung der Zuwanderung erreicht, wo die Systeme überfordert werden.

Sie haben die Probleme im Gesundheitswesen angesprochen. Wie wollen Sie die lösen?
Im Gesundheitswesen braucht es klare Zuständigkeiten und gute Kommunikation. Der Wiener Gesundheitsstadtrat muss sicherstellen, dass Krankenhäuser funktionieren und seine originären Aufgaben erfüllt werden. Ein Beispiel für effiziente Steuerung ist die Telefonnummer 1450. Sie kann helfen, Patientenströme zu lenken und Spitalsambulanzen zu entlasten. Wer krank ist, muss nicht sofort ins Krankenhaus, sondern kann sich dort beraten lassen. Per Telefon, Telemedizin oder Video. Falls nötig, wird ein Termin beim Arzt organisiert oder eine Ambulanz empfohlen. Da hätten wir im Bereich der Belastung der Ambulanzen natürlich eine Wellenwirkung auch in die Stationen.

Wiener Spitäler müssent entlastet werden, fordert Mahrer (Bild: Karl Schöndorfer TOPPRESS)
Wiener Spitäler müssent entlastet werden, fordert Mahrer

Das heißt, wenn ich mit starken Bauchschmerzen nicht mehr in die Ambulanz fahre, sondern 1450 anrufe, bekommt Herr Müller schneller sein künstliches Kniegelenk?
In der Weiterentwicklung führt das auch zur Entlastung von Stationen. Mit einem Baustein verändern wir nicht die ganze Welt, aber wir bringen Bewegung ins Ziel, die Wartezeiten zu verändern.

Auch auf Gefahr hin, dass Sie wieder ein bisschen grantig werden, aber ich habe noch ein paar politische Fragen. Wo wäre am Wahlabend Ihre persönliche Rücktrittsgrenze? Ist die bei 11 Prozent, 10 Prozent, unter der Manfred-Juraczka-Marke?
Ich bin gekommen, um zu bleiben. Und das tue ich auch.

Meine These: Die Partei hält Sie bis zum Wahlabend, dann beginnt die Verabschiedungszeremonie?
Das ist Ihr Szenario. Das ist nicht mein Szenario.

Zitat Icon

Ich bin gekommen, um zu bleiben. Und das tue ich auch.

Karl Mahrer über seine Zukunft

Sie sind am Wahlabend 70 Jahre alt und ich hoffe sehr, dass wir gemeinsam Ihren 100. Geburtstag feiern können. Aber nichtsdestotrotz: Machen Sie sich schon Gedanken über ihre Nachfolge?
Gute Führungskräfte machen sich immer Gedanken.

Ist das ein Ja?
Sie haben konkret gefragt, und ich sage Ihnen abstrakt: Gute Führungskräfte machen sich immer Gedanken, wie es in ihrer Organisation weitergeht. Und ich bin eine gute Führungskraft. Aus meiner Sicht.

Wen hätten Sie denn dann als Nachfolger im Kopf?
Das werde ich Ihnen mit Sicherheit nicht sagen.

Was halten Sie von Döblings Bezirksvorsteher Daniel Resch als Nachfolger?
Ich beteilige mich nicht an Personaldiskussionen. Ich habe mit dem Daniel Resch ein sehr, sehr gutes Einvernehmen.

Die letzten Sätze dieses Interviews gehören ganz Ihnen. Bitte halten Sie Ihr Schlussplädoyer.
Mein Schlussplädoyer ist ganz einfach. Die Wiener, die Wien lieben, mögen überlegen, wen sie wählen. Wenn sie die linken Parteien in dieser Stadt wählen, dann wird sich an den Problemen nichts ändern. Wenn sie die FPÖ wählen, dann eine Partei, die die Probleme nicht lösen wird und realpolitisch gar nicht lösen kann. All jene, die die Probleme in der Bildung, der Sicherheit, der Integration und der Gesundheitsversorgung lösen wollen, für die ist die Volkspartei die richtige Wahl. Ich lade alle ein, uns so stark wie möglich zu machen, damit wir in einer Regierungsverantwortung Wien verändern können.

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