(Bild: KMM)

Wie der Kaiser starb

Franz Joseph nahm die Monarchie mit ins Grab

Am Abend des 21. November 1916 starb Kaiser Franz Joseph im Alter von 86 Jahren. Noch drei Stunden vor seinem Tod hatte er gearbeitet. Bei seinem Begräbnis nahmen die Menschen nicht nur von ihrem Kaiser Abschied, sondern auch von der k.u.k. Monarchie.

In seinen letzten beiden Lebensjahren hatte sich Kaiser Franz Joseph ganzjährig nach Schloss Schönbrunn zurückgezogen. Dort lebte und arbeitete er – zumeist in ausgezeichneter körperlicher und geistiger Verfassung. Doch ab Herbst 1916 zeigten sich die Auswirkungen seines hohen Alters intensiver, als zuvor. Der Kaiser begann zu kränkeln. Er litt an einem hartnäckigen chronischen Katarrh und wurde von schweren Hustenanfällen heimgesucht. Die 17-Stunden Arbeitstage, die er wie immer pflichtbewusst absolvierte, fielen ihm nun zunehmend schwerer.

Als jedoch sein Leibarzt vorschlug, Krankenschwestern zu seiner Pflege zu berufen, lehnte der Monarch brüsk ab, mit den Worten: „Meine drei Diener, die dem gesunden Kaiser treu dienten, sollen auch den kranken betreuen.“ Die Menschen in seiner nächsten Umgebung, wie die Tochter Marie Valerie, der treue Leibkammerdiener Ketterl und Obersthofmeister Fürst Montenuovo drängten ihn vergebens, sich Arbeitspausen zu gönnen. Schließlich ließ er sich immerhin dazu überreden, mehrmals am Tag in seinem Ohrensessel ein wenig auszuruhen – bis dahin undenkbar für den Kaiser.

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Den Kaiser bedrückte nicht die Furcht vor dem Tod, sondern die entsetzliche Angst, dass die Totenglocken, die ihm läuten würden, auch sein Reich zu Grabe geleiten könnten.

Franz Josephs Leibkammerdiener Eugen Ketterl, der beim Tod des Kaisers anwesend war

Kaiser Franz Joseph wurde 86 Jahre alt. (Bild: akg-images / picturedesk.com)
Kaiser Franz Joseph wurde 86 Jahre alt.

Letzte Worte: „Ich bin mit meiner Arbeit nicht fertiggeworden“
Am 19. November diagnostizierte der hinzugezogene Internist eine Lungenentzündung bei ihm – Franz Joseph arbeitete dennoch weiter. Auch am folgenden Tag stand er wieder um halb vier Uhr auf und setzte sich an seinen Schreibtisch, um zu arbeiten. Mehrmals vergrub er dabei vor lauter Müdigkeit und Schwäche seinen Kopf in seinen Armen, und raffte sich nach wenigen Minuten wieder auf, um die Arbeit fortzusetzen.

Zwei Tage später, am 21. November, nahte der Tod. Der Kaiser saß wieder seit frühmorgens am Schreibtisch, doch er fieberte stark, sank wiederholt zusammen und wurde immer schwächer. Auf Veranlassung der Ärzte brachten ihn seine Kammerdiener schließlich um sechs Uhr abends ins Bett, wobei er noch bat: „Bitte, mich morgen um halb vier wecken, ich bin mit meiner Arbeit nicht fertiggeworden“. Es sollten seine letzten Worte sein.

Franz Joseph lebte länger, als die meisten seiner Zeitgenossen
Der Kaiser verlor nun langsam das Bewusstsein, seine Atmung wurde zunehmend schwächer – der Sterbeprozess begann. Seine nächsten Familienangehörigen – Tochter Marie Valerie, deren Ehemann, das Thronfolgerpaar Karl und Zita, sowie Karls Mutter und die Witwe seines Bruders Karl Ludwig – sowie sein Obersthofmeister, seine Adjutanten, seine Ärzte und Diener waren zugegen, als Kaiser Franz Joseph um 21 Uhr 05 starb. Die offizielle Todesursache lautete: Herzschwäche nach Lungen- und Rippenfellentzündung.

Kaiser Franz Joseph kurz nachdem sein Tod festgestellt wurde, erst später kleidete man ihn in eine seiner Uniformen für die öffentliche Aufbahrung. (Bild: Roger Viollet / picturedesk.com)
Kaiser Franz Joseph kurz nachdem sein Tod festgestellt wurde, erst später kleidete man ihn in eine seiner Uniformen für die öffentliche Aufbahrung.

Obersthofmeister Montenuovo informierte die Spitzen des Staates telefonisch über das Ableben des Monarchen. Die Garden von Schönbrunn teilten der vor dem Schloss ausharrenden Menge mit, dass der Kaiser verstorben war. Denn seit die Zeitungen berichtet hatten, dass sich der Gesundheitszustand des Kaisers schnell verschlechtere, hatten sich mehr und mehr Menschen vor seiner Residenz eingefunden.

Neun Tage nach seinem Tod, am 30. November 1916, wurde Kaiser Franz Joseph zu Grabe getragen. Die Vorbereitungen dafür hatten schon Tage vorher begonnen. Franz Joseph erhielt das Begräbnis I. Klasse, das nur einem gekrönten Kaiser zustand, und naturgemäß einen ungeheuren Organisationsaufwand erforderte. Es war das erste Mal seit 81 Jahren, seit dem Tod Kaiser Franz I im Jahr 1835, dass in Wien wieder das ranghöchste kaiserliche Begräbniszeremoniell abgehalten wurde.

Der Leichenzug auf dem Weg zur Kapuzinergruft (Bild: K.u.k. Kriegsministerium - Press / ÖNB-Bildarchiv / picturedesk.com)
Der Leichenzug auf dem Weg zur Kapuzinergruft

Letzter Weg im schwarzen Gala-Leichenwagen
Franz Josephs Vorgänger Kaiser Ferdinand, der ihm zugunsten 1848 abgedankt hatte, war in Prag verstorben und anschließend lediglich in die Kapuzinergruft überführt worden. Und so konnten die Wiener nach langer Zeit wieder sehen, wie ein echter Kaiser zu Grabe getragen wurde – es sollte auch zum letzten Mal sein.

An einem sonnigen Herbsttag trat Kaiser Franz Joseph seine letzte Reise an. Zehntausende säumten seinen Leichenzug. Über der Stadt lag eine schwere Stille. Es schien, als würde nicht nur ein Kaiser, sondern ein ganzes Reich zu Grabe getragen.

Der berühmte Gala-Leichenwagen der Habsburger (Bild: Austrian Archives / brandstaetter images / picturedesk.com)
Der berühmte Gala-Leichenwagen der Habsburger

Acht Rappen zogen den prächtigen schwarzen Gala-Leichenwagen, mit dem der Sarg des Kaisers aus der Hofburg eingeholt wurde. Von hier aus führte die Route des Trauerzugs über einen großen Teil der Ringstraße zum Stephansdom, wo der Wiener Fürsterzbischof die Einsegnung vornahm. Danach bewegte sich der Trauerzug zur Kapuzinergruft, der traditionellen Grabstätte der Habsburger. Auf diesem letzten Teilstück folgten das neue Kaiserpaar Karl und Zita sowie der vierjährige neue Thronfolger Otto zu Fuß dem Sarg – eine Protokolländerung, die auf den neuen Monarchen zurückging.

Kaiser Karl brach mit der bisherigen Tradition: Statt allein folgte er in Begleitung seiner Ehefrau Zita und des vierjährigen Thronfolgers Otto dem Trauerzug zu Fuß. (Bild: ÖNB-Bildarchiv / picturedesk.com)
Kaiser Karl brach mit der bisherigen Tradition: Statt allein folgte er in Begleitung seiner Ehefrau Zita und des vierjährigen Thronfolgers Otto dem Trauerzug zu Fuß.

Um 15:30 Uhr erreichte der Trauerzug die Kapuzinergruft. Am Tor begehrte der Obersthofmeister beim Pater Guardian um Einlass für seinen Herrn. Nachdem die Kapuzinermönche den ihnen anvertrauten Sarg übernommen, den Kaiser zwischen seiner Frau und seinem Sohn gebettet und die engsten Familienmitglieder Abschied genommen hatten, versperrten sie die Gruft. Kaiser Franz Joseph war an seiner letzten Ruhestätte angelangt.

Er hatte so lange regiert, dass sich die wenigsten Menschen noch an eine Zeit erinnern konnten, in der er nicht Kaiser gewesen war. Nach 68 Regierungsjahren gab es keinen aktiven Beamten, keinen Militär mehr, der nicht unter Franz Joseph I gedient hätte. Zwei Jahre später zerfiel das jahrhundertealte Habsburgerreich.

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