Nach dem beispiellosen Eklat im Weißen Haus hat sich die US-Spitze im Gegensatz zu Wolodymyr Selenskyj eine Pause gegönnt. US-Präsident Donald Trump fuhr wenige Stunden nach dem diplomatischen Desaster in seinen Golfklub und sein Vize JD Vance in den Skiurlaub – wo wütende Demonstranten auf ihn warteten.
Die groß inszenierte Bloßstellung des ukrainischen Präsidenten im Weißen Haus war noch keinen Tag her, da entschied sich die US-Spitze um Trump und Vance dafür, sich für das peinliche Schauspiel selbst zu belohnen.
Zunächst berief Trump am Freitag neben dem Landeplatz des Weißen Hauses spontan eine Pressekonferenz ein – und trat gegen Selenskyj nach: „Er muss sich nicht hinstellen und sagen ,Putin dies, Putin das‘, die ganzen negativen Dinge. Er muss sagen ,Ich will Frieden schließen‘.“
Danach brach er direkt zu seinem Anwesen „Mar-a-Lago“ in Florida auf, wo er die Nacht verbrachte. Am Samstagmorgen amerikanischer Zeit wurde die Wagenkolonne des Präsidenten auf dem Weg zum „Trump International Golf Club“ in West Palm Beach gesichtet. Frei nach dem Motto: Golfen gegen den Stress, einem angegriffenen Land die Verantwortung für „den Dritten Weltkrieg“ zuschieben zu wollen.
Vance konnte nicht auf Skipiste
Sein Vize Vance tat es ihm gleich. Er fuhr mit seiner Familie in den Skiurlaub nach Vermont, wo er die Auswirkungen der neuen US-Außenpolitik am eigenen Leib zu spüren bekam (siehe Tweet oben). Der Republikaner wurde von lokalen Demonstranten „begrüßt“. Sie hielten Schilder in die Höhe, auf denen eine Abkehr des kremlfreundlichen Kurses gefordert wurde. Vance hat sich daraufhin Medienberichten zufolge zurückgezogen.
Der Kontrast zu Selenskyjs Stunden nach dem Eklat könnte kaum größer sein. US-Medien zufolge soll die ukrainische Delegation nach dem Streit im Oval Office in einem anderen Raum gewartet und noch darauf gehofft haben, doch noch einmal zu dem US-Präsidenten vorgelassen zu werden.
US-Außenminister Marco Rubio und Trumps Sicherheitsberater Mike Waltz sollen den Ukrainern aber klargemacht haben, dass sie jetzt gehen müssten und eine weitere Unterredung mit Trump kontraproduktiv sei.
Britischer Premier umarmt gerührten Selenskyj
Innerhalb weniger Stunden wurde der ukrainische Präsident von zahlreichen Staatenführern aus Europa persönlich kontaktiert. „Danke für Ihre Unterstützung“, schrieb Selenskyj am Freitag und Samstag als Reaktion auf rund 30 Veröffentlichungen, in denen die Verbündeten der Ukraine ihre Solidarität bekundeten. Trump und Vance warfen ihm vor, keine Dankbarkeit zu zeigen.
Der ukrainische Präsident gab Trumps Haus- und Hofsender Fox News nach seinem Rauswurf noch ein Interview. Danach flog er unverzüglich zurück auf europäischen Boden. Seine erste Station: Großbritannien. Der britische Premier Keir Starmer kam Selenskyj am Samstag entgegen und empfing ihn mit einer Umarmung. Vor der berühmten schwarzen Tür der 10 Downing Street schüttelten die beiden noch einmal demonstrativ die Hände. Schaulustige hatten Selenskyjs Konvoi zuvor zugejubelt.
In einem kurzen Gespräch vor laufenden Kameras bekräftigte Starmer die Bereitschaft Großbritanniens, die Ukraine „so lange es nötig ist“, in ihrer Abwehr gegen den russischen Angriffskrieg zu unterstützen.
Man sei außerdem entschlossen, „einen dauerhaften Frieden für die Ukraine, basierend auf Souveränität und Sicherheit für die Ukraine“ zu erreichen. Das sei nicht nur für Kiew, sondern auch für Europa und das Vereinigte Königreich wichtig. Selenskyj, der zudem von König Charles empfangen werden wird, schien sichtlich gerührt (siehe Tweet oben). London gewährte der Ukraine als Reaktion auf die US-Kehrtwende einen Kredit in Höhe von 2,7 Milliarden Euro für die Verteidigung gegen Russland.
Ursprünglich sollte das Treffen mit dem britischen Premier erst am Sonntag stattfinden, vor einem von Starmer einberufenen Ukraine-Gipfel europäischer Staats- und Regierungschefs sowie der Führung von EU und NATO. Die Verbündeten wollen über das weitere Vorgehen angesichts der von den Trump angestoßenen Entwicklungen beraten. Doch nach dem Eklat in Washington wurde das bilaterale Treffen vorgezogen.
Macron spricht über atomare Abschreckung
Im Hintergrund wird bereits an der Aufrüstung Europas gearbeitet. Wie so oft gibt der französische Präsident den Takt vor und legt dabei Tabuthemen auf den Tisch. Emmanuel Macron ist bereit, Gespräche über eine nukleare Abschreckung für Europa zu beginnen. Macron sagte dem portugiesischen Sender „RTP“ in einem Interview, dass Europa, wenn es bei der Verteidigung und der nuklearen Abschreckung eine „größere Autonomie“ anstrebe, eine Diskussion darüber starten sollte.
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