Ayad Akhtars vertrackter Konversationsthriller „Der Fall McNeal“ überzeugt im Burgtheater dank herausragender Schauspieler.
Überall in dem Stück sind Fallen ausgelegt: Passagenweise, so gab der amerikanische Pulitzer-Preisträger Ayad Akhtar bekannt, habe er sich selbst der Künstlichen Intelligenz bedient, um ihr beim Scheitern zuzusehen, gleichzeitig vor ihr zu warnen. Der von Daniel Kehlmann brillant übersetzte Text ist damit in ständiger Schwebe zwischen Konversationskunst und virtuos erzeugter Banalität. Um das auf die Höhe eines erstklassigen Abends zu bringen, braucht es eine spektakuläre Besetzung.
Glücklicherweise ist Joachim Meyerhoff für die Produktion heimgekehrt, und er funkelt in allen Facetten zwischen Charme und Erbärmlichkeit. Der von ihm verkörperte geniale Schriftsteller Jacob McNeal ist ein Selbst- und Fremdausbeuter.
Er hat sich halbtot getrunken, jetzt ist er derart fertig, dass er seine Nobelpreisrede der KI überlassen und ein Manuskript seiner durch Selbstmord abgegangenen Frau als sein eigenes ausgegeben hat. Mit diesen Themen hantiert das Stück: Kommt es nicht letztlich auf das Resultat für die Ewigkeit an? Kann sich ein Genie fremde Texte und Schicksale überhaupt widerrechtlich aneignen? Was rechtfertigt der höhere Zweck?
Am überzeugendsten wird das in der Szene zwischen McNeal und seinem Sohn abgehandelt: Kann man für dessen Lebensversagen den erdrückenden Vater verantwortlich machen, der den Nachwuchs durchfüttert? Felix Kammerer erzählt das fulminant. Schon zuvor begeistert er mit punktgenauem Sarkasmus in der Episode einer Agenturassistentin.
Das Stück verliert, wenn sich McNeal in etwas streberhaft schwafelnder Selbstbezichtigung nach #Metoo anklagen muss. Die Interviewszene mit Safira Robens ist die schwächste, Dorothee Hartinger und Zeynep Buyrac sind deutlich besser bedient. Der Regisseur Jan Bosse und sein Ausstatter Stéphane Laimé vertrauen unablässigem Einsatz der Videotechnologie, stören das Schauspielerfest damit aber nicht nennenswert.
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