Krisengipfel in London

Botschaft nach Treffen: „Europa ist aufgewacht!“

Außenpolitik
02.03.2025 21:57

Nach der außenpolitischen US-Kehrtwende ist ein erster Krisengipfel in London mit einem Bekenntnis zur Aufrüstung beendet worden. In den Stellungnahmen wird klar: Europa wird sich verändern! Frankreich und Großbritannien machten sich zudem für eine Waffenruhe stark.

Die Spitzenpolitiker vereinbarten, dass eine Gruppe europäischer Nationen einen Friedensplan für eine Waffenruhe in der Ukraine ausarbeiten wird. Dieser soll dann mit den USA und der Regierung von Präsident Donald Trump besprochen werden. Der britische Premier Keir Starmer und der französische Präsident Emmanuel Macron haben für die Waffenruhe einen Zeitraum von einem Monat vorgeschlagen.

Das Einstellen des Feuers sollte „in der Luft, auf den Meeren und bei der Energieinfrastruktur“ gelten, sagte Macron der Zeitung „Le Figaro“. Der Vorteil einer solchen Waffenruhe sei, dass „man sie messen kann“, da die Front extrem lang sei – „das Äquivalent der Strecke Paris-Budapest“. Laut Macron sollten die Europäer ihre Verteidigungsausgaben auf zwischen drei und 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöhen.

„Europa ist aufgewacht!“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, dass die europäische Einheit „auf einem extrem hohen Niveau“ sei – wie seit Langem nicht mehr. Der polnische Regierungschef Donald Tusk rief ein neues Motto aus: „Europa ist aufgewacht!“ Der Kontinent spreche nun mit einer Stimme, teilte er in einer ersten Reaktion nach dem Treffen in London mit. 

Er blicke dem Gipfel des Europäischen Rates in der nächsten Woche mit „vorsichtigem Optimismus“ entgegen. Am Donnerstag werde Europa „einen sehr klaren Impuls aussenden, der Putin und Russland zeigt, dass niemand hier im Westen die Absicht hat, vor seiner Erpressung und Aggression zu kapitulieren“.

Ein Kontinent will „aufrüsten“
Europa muss auch nach den Worten von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dringend aufrüsten. Den Mitgliedsstaaten müsse der finanzielle Spielraum gegeben werden, um ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen, sagte sie am Sonntag nach einem Treffen über die Unterstützung für die Ukraine in London. Europa müsse den USA zeigen, dass es bereit sei, die Demokratie zu verteidigen.

Die Vertreter der jeweiligen Länder demonstrierten einen eisernen Willen zur Aufrüstung. (Bild: Sean Kilpatrick/Canadian Press/AP)
Die Vertreter der jeweiligen Länder demonstrierten einen eisernen Willen zur Aufrüstung.

„Nach einer langen Zeit der Unterinvestition ist es nun von größter Bedeutung, die Verteidigungsinvestitionen für einen längeren Zeitraum zu steigern“, sagte sie zu Journalisten. „Die Mitgliedstaaten brauchen mehr haushaltspolitischen Spielraum, um ihre Verteidigungsausgaben steigern zu können.“

Neue Hilfen aus Großbritannien
Der britische Gipfelgastgeber Starmer, der immer wieder die Wichtigkeit der USA betonte, wurde zudem konkret. Zusätzlich zu dem bereits angekündigten Milliarden-Darlehen stellt der britische Premier nun weitere 1,9 Milliarden Euro für britische Exportfinanzierungen zur Verfügung, die es der Ukraine ermöglichen, „mehr als 5000 Luftabwehrraketen zu kaufen.“ Starmer fuhr gegenüber Pressevertretern fort: „Die in Belfast hergestellt werden und Arbeitsplätze in unserem brillanten Verteidigungssektor schaffen.“

Dies werde für den Schutz kritischer Infrastrukturen jetzt von entscheidender Bedeutung sein und die Ukraine bei der Sicherung des Friedens stärken. Sobald dieser erreicht werde, müsse Europa „aus den Fehlern der Vergangenheit“ lernen: „Wir können keine schwache Vereinbarung wie die von Minsk akzeptieren, die Russland mit Leichtigkeit brechen kann.“

Starmer erklärte, die Staats- und Regierungschefs seien übereingekommen, die Militärhilfe aufrechtzuerhalten und den wirtschaftlichen Druck auf Russland zu erhöhen, und sie würden darauf bestehen, dass die Ukraine bei allen Friedensgesprächen mit am Tisch sitzen müsse.

Truppen für die Ukraine
Er bestätigte die britisch-französischen Pläne, eine „Koalition der Willigen“ zusammenzustellen, um ein Friedensabkommen durchzusetzen. London sei willig, einen Frieden mit Truppen in der Ukraine zu verteidigen: „Mit Soldaten am Boden und Flugzeugen in der Luft.“ Funktionieren könne das nur, wenn die USA mithelfen. Es sei an der Zeit, die Initiative zu ergreifen. „Wir stehen heute an einem Scheideweg der Geschichte.“

In den vergangenen Tagen wurde eine rund 30.000 Mann starke „Reassurance Force“ diskutiert, die wichtige Infrastruktur im Westen der Ukraine und die Häfen am Schwarzen Meer absichern könnte. Macron und Starmer wollten am Sonntag offenbar ein Gefühl dafür bekommen, wer sich an einem Einsatz unter diesen Bedingungen beteiligen würde. Mehrere Länder hätten signalisiert, dass sie Teil einer „Koalition der Willigen“ werden wollen, sagte Starmer. Blieb aber unkonkret, um wen es sich genau handelte. 

Am Freitag war es im Weißen Haus zu einem beispiellosen Zerwürfnis zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gekommen. (Bild: SAUL LOEB)
Am Freitag war es im Weißen Haus zu einem beispiellosen Zerwürfnis zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gekommen.

Kanadas Premierminister Justin Trudeau sagte auf die Frage, ob Kanada einer Friedenstruppe Soldaten zur Verfügung stellen könnte: „Kanada hat geprüft, wie es am besten helfen kann, und wie ich vor ein paar Tagen gesagt habe, liegt alles auf dem Tisch. Wir werden den Diskussionen darüber, wie man einen Frieden erhält, der bislang nicht existiert, nicht vorgreifen, aber Kanada wird dabei sein und ist offen dafür, das zu tun, was notwendig ist.“ 

Rutte verteidigt Trump und die USA
NATO-Chef Mark Rutte, der um das Überleben seiner Allianz kämpft, sprach von einem „sehr guten“ Treffen, bei dem die europäischen Länder „ihre Ausgaben erhöht“ hätten, sowohl in Bezug auf ihre eigenen Ausgaben als auch auf ihre Unterstützung für die Ukraine. 

Ein Friedensabkommen gebe es zwar noch nicht, aber „wir müssen uns auf diesen Moment vorbereiten und sicherstellen, dass die europäischen Länder bereit sind, bei den Sicherheitsgarantien zu helfen“. Zudem verteidigte er US-Präsident Donald Trump ausdrücklich: „Lassen Sie uns bitte aufhören, darüber zu tratschen, was die USA tun oder nicht tun könnten; sie sind in der NATO, sie haben sich der NATO verschrieben, sie haben sich dem Artikel Fünf verschrieben, das ist es, was sie ständig sagen.“

Eine Einigung scheint jedoch in weiter Ferne. Parallel griff Mike Waltz, Sicherheitsberater von Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj weiter an. Eine Friedensvereinbarung zwischen Russland und der Ukraine sei eventuell nur möglich, wenn er zurücktritt. „Wir brauchen einen Anführer, der mit uns und schließlich mit den Russen verhandeln und diesen Krieg beenden kann“, sagte Waltz am Sonntag dem Sender CNN. Die Gipfelteilnehmer in London machten jedoch klar, dass eine Absetzung Selenskyj nicht akzeptiert werde.

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