Mit Preis-Überraschung

VW Tayron: Tigu-lang oder doch ein Baby-Touareg?

Motor
10.03.2025 12:00

„Name ist Schall und Rauch“ heißt es in Faust I, aber - ach du meine Goethe! – natürlich ist der Name eines Autos wichtig! So avanciert der Nachfolger des VW Tiguan Allspace zum VW Tayron – und damit zur eigenständigen Baureihe zwischen Tiguan und Touareg. Das Upgrade ist keine Nebelgranate.

War der Vorgänger einfach nur ein verlängerter Tiguan, ist die Karosserie des Tayron nun komplett eigenständig, kein Blechteil stammt vom aktuellen Tiguan. Höhere Front, breitere Backen, das ganze Fahrzeug wirkt bulliger. Mit 4,79 Meter Länge liegen 25 Zentimeter dazwischen, beim Radstand von 2,79 m sind es elf Zentimeter. Zum Touareg ist es da nicht mehr weit: Der legt bei beiden Maßen weitere 11 cm drauf.

Da ist richtig viel Platz!
Klar, es kommt nicht nur auf die Größe an, atmosphärisch ist der Unterschied zum Touareg größer, jedenfalls im Innenraum. Dessen Design entspricht im Wesentlichen dem des Tiguan. Die Dimensionen sind jedoch dergestalt, dass der Tayron auch als Siebensitzer angeboten werden kann (allerdings nicht beim Plug-in-Hybrid). Natürlich sitzt man auf den „billigen Plätzen“ bei Weitem nicht so opulent wie in Reihe zwei, aber dafür, dass das ein SUV und kein Van ist, geht das Platzangebot schon in Ordnung. Vor allem ist die Umklappfunktion der Lehnen zum Einsteigen gut gemacht und es braucht keine Houdini- oder Yogini-Fähigkeiten, um da rein- oder rauszukommen.

(Bild: Stephan Schätzl)

Der Kofferraum ist top. So passen hinter die dritte Reihe noch 345 Liter (inklusive dem Fach unter dem doppelten Boden, wo u.a. das Kofferraumrollo untergebracht ist). Mit flachgelegten Notsitzen bekommt man 850 Liter (885 Liter beim Fünfsitzer), wenn man die Rücksitzbank ganz nach vorne schiebt (was in allen Versionen serienmäßig möglich ist). Und legt man per Fernentriegelung alles flach, sind es 1905 Liter (bzw. 2109 Liter beim Fünfsitzer). Beim Plug-in-Hybrid: 705 bzw. 1915 Liter. Wenn man nicht die Topsitze bestellt, kann man sogar den Beifahrersitz umklappen.

(Bild: Volkswagen)
(Bild: Volkswagen)
(Bild: Volkswagen)
(Bild: Volkswagen)

Innenraum mit freundlicher Empfehlung vom Tiguan
Blick zurück nach vorn. Gute Verarbeitung im Cockpit, durchwegs wertige Materialien, angenehmes Velours an Armaturenbrett & Co., alles clean und aufgeräumt, vielleicht eine Spur zu aufgeräumt. Ein paar Tasten wären schon nett gewesen, wenigstens befinden sich solche (und zwar echte!) am Lenkrad. Darüber bedient und konfiguriert man den 10,25-Zoll-Tacho-Screen, inkl. Navi-Ansicht, Verbrauchsanzeigen usw.

Aufgesetzt steht ein Touchscreen in der Mitte, je nach Ausstattung 12,9 oder 15 Zoll groß, mit Touchslidern darunter, die nun hinterleuchtet und damit auch nachts sichtbar sind. Es gibt dennoch schönere und angenehmere Lösungen in der Automobilwelt. Aber das ist die Demokratie der VW-Cockpits, die sich durch alle neueren Baureihen zieht. Vorteil des Touareg: Der ist zu alt dafür. Segen der frühen Geburt.

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Faktisch ist das alles aber durchaus gut bedienbar, das Bediensystem gibt keine größeren Rätsel auf und auch das Arbeitstempo passt. Das Auto lässt sich als Ida ansprechen und kann zum Antworten auf ChatGPT zurückgreifen.

Ein serienmäßiges Special ist der „Fahrerlebnisschalter“ auf der Mittelkonsole, der wahlweise die Lautstärke, die Fahrmodi oder sogenannte Atmospheres (stimmungsprägende Kombinationen aus Licht und Musik) steuern. Dessen Programmierung ist allerdings nicht wirklich logisch (siehe Video). Und warum man dann nicht gleich auf den Volume-Touchslider verzichtet hat, darf man sich auch fragen. Obwohl die Antwortklar ist: So einfach ist das nicht, wenn sich so ein Konzept durch alle Baureihen zieht.

(Bild: Stephan Schätzl)

Die Antriebe …
… stammen aus dem VW Tiguan, nur der 130-PS-Benziner wurde nicht übernommen. Also gibt es einen 1,5-Liter-Mildhybridbenziner mit 150 PS und Zylinderabschaltung, der mit 6,2 l/100 km Normverbrauch glänzt, als Basismotor. Der stärkere Benziner mit 2 Liter Hubraum und 204 PS verzichtet auf Elektrounterstützung, bringt aber Allrad- statt Frontantrieb mit.

Schon der schwächere Diesel mit 150 PS und Frontantrieb geht im 1602 kg (ohne Fahrer) schweren Tayron munter zu Werke und ist eine wirklich gute Wahl. Acht Sekunden reichen für den Sprint auf 100 km/h, maximal sind 207 km/h drin, und das bei einem Normverbrauch von nur 5,4 l/100 km. Der stärkere TDI hat immer Allradantrieb und 193 kg, schleppt aber 1749 kg mit sich herum. Dafür darf er aber wie der starke Benziner 2,4 Tonnen ziehen (als Siebensitzer sogar 2,5 Tonnen).

Geschaltet wird generell per Doppelkupplungsgetriebe, bei den Plug-in-Hybriden mit sechs Gängen, sonst mit sieben.

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

100 km elektrisch und DC-Schnellladen im Plug-in-Hybrid
Noch schwerer sind die beiden verfügbaren Plug-in-Hybride, nämlich 1864 bzw. 1873 kg. Der Unterschied bei Leistung und Performance ist größer als der beim Gewicht.

Beide verfügen über einen 85 kW/115 PS starken Elektromotor. Dazu kommt beim schwächeren eHybrid der Basisbenziner (allerdings ohne Zylinderabschaltung) mit 150 PS. Im Zusammenspiel ergeben sich 204 System-PS.

Der von mir gefahrene stärkere eHybrid liefert mit 272 PS deutlich mehr Systemleistung, obwohl der Verbrenner mit 177 PS gar nicht so viel mehr Power hat. Dieser Antrieb ist sozusagen der Sweet Spot der Baureihe: spritziger als der Top-Benziner und so gut abgestimmt, dass das Zusammenspiel aus Verbrenner und E-Maschine einfach nur als supergeschmeidig bezeichnet werden kann.

Dazu kommt, dass die netto 19,7 kWh speichernde Batterie nach WLTP für 100 Kilometer elektrische Reichweite gut ist. In der Realität kommt es natürlich auf Fahrweise und Einsatzbereich an, aber tatsächlich bin ich bei der Fahrpräsentation in Frankreich auf der Fahrt vom Veranstaltungsort zum Flughafen über Autobahn und Landstraße auf einen Durchschnittsverbrauch von rund 24 kWh/100 km gekommen, was einer realen Reichweite von über 80 Kilometer entspricht. Im Alltag reicht das vielen, die zu Hause laden können, um wochenlang ohne einen Tropfen Sprit auszukommen. Dabei wird man nicht einmal zum Verkehrshindernis.

Schade ist nur, dass im Cockpit kein Knopf zu finden ist, mit dem man zwischen Elektro- und Hybrid-Modus switchen kann. Man muss sich also immer am Display durchhanteln.

Was der Tayron vielen anderen Plug-in-Hybriden voraus hat: Man kann ihn mit 40 kW Gleichstrom laden. Dann füllt er sich von 10 auf 80% in 26 Minuten. Da reicht ein Einkauf im Supermarkt. Mit 11 kW Wechselstrom ist der leere Akku nach zweieinhalb Stunden wieder voll.

Fahrwerk wie im Touareg …
… und wie im Tiguan: Gegen Aufpreis gibt es – nein, kein Luftfahrwerk – adaptive Dämpfer mit Zwei-Ventil-Technik, die also Zug- und Druckstufe (Aus- und Einfedern) getrennt regeln können. Die Dämpferhärte (bzw. ihre Regelgeschwindigkeit) lässt sich am Display grob über die Fahrmodi oder aber fein in 15 Stufen einstellen. Beim Fahren fällt generell auf, wie gut das alles anspricht. Auch hier ist geschmeidig der richtige Ausdruck. Die Lenkung ist ausreichend gefühlsecht, der Lenkwiderstand lässt sich variieren. Wendekreis: 12,10 Meter.

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Preise unter denen des Skoda Kodiaq, aber …
Bei 48.490 Euro fängt der Spaß an. Dafür bekommt man den Basis-Benziner in der Ausstattung Life (die in anderen Baureihen Aufpreis kostet). Mit dabei sind neun Airbags, Drei-Zonen-Klimaautomatik, jede Menge Assistenten bis hin zum Radartempomaten und (bei den Allradlern und Plug-in-Hybriden) sogar das Adaptivfahrwerk DCC. Dazu fünf Jahre Garantie. Für die Sitzheizung braucht man aber entweder die Topausstattung R-Line oder das Ultimate-Paket.

Generell lässt sich der Tayron fast so gut ausstatten wie ein Touareg, vom hervorragenden HD-Matrix-Fernlicht bis hin zu offenporigem Holz im Innenraum, Leder, Sitzlüftung und Massage.

Den starken Benziner und den starken eHybrid bekommt man nur in Ausstattung R-Line oder Sport, d.h. man muss auch die entsprechende, eigenständige Front- und Heckpartie in Kauf nehmen.

Die Standard-Front unterscheidet sich deutlich von der R-Line-Version. (Bild: Stephan Schätzl)
Die Standard-Front unterscheidet sich deutlich von der R-Line-Version.

Interessante Erkenntnis: Beim Vergleich der Preislisten erscheint der VW Tayron günstiger als der eng verwandte Skoda Kodiaq. Doch der Schein trügt. Ausstattungsbereinigt liegen zwischen den beiden Brüdern rund 4000 Euro.

Fahrzit
Gefühl ist alles, die Aufwertung zum Tayron glaubwürdig, die Emanzipation vom Tiguan wie auch das ganze Auto durchwegs gelungen. Der Tayron wirkt bulliger und bringt die Ausstrahlung einer Klasse höher mit. Schade ist, dass man in vielen Fällen die plastiklastige R-Line-Karosserie quasi „aufs Aug gedrückt“ bekommt, auch wenn man die Standardversion vielleicht schöner findet.

Warum?
Viel Platz
Fährt gut
Eigenständiger als früher

Warum nicht?
VW-Innenraum mit aufgesetztem Screen und Touchslidern ist nicht jedermanns Sache
Die R-Line-Karosserie auch nicht

Oder vielleicht …
… Skoda Kodiaq, Mazda CX-80, Renault Espace

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(Bild: KMM)



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