Am 12. und 13. März findet die Wirtschaftskammerwahl statt. WK-Vize-Präsident Günter Burger von der Freiheitlichen Wirtschaft erzählt im Interview, was sich bei der Kammer ändern muss.
Günter Burger von der Freiheitlichen Wirtschaft ist seit zehn Jahren der amtierende Vize-Präsident der Kärntner Wirtschaftskammer und seit 30 Jahren in verschiedensten Funktionen dort tätig. In der Privatwirtschaft betreut er als Versicherungsagent seit fast 40 Jahren seine Kunden.
„Krone“: Bei der Kammer steht das Unternehmertum im Fokus. Wie sind Sie unternehmerisch tätig?
Günter Burger: Wir Funktionäre sind alle Unternehmer. Ich bin seit nahezu 40 Jahren Versicherungsagent. Das heißt, ich habe einen sehr aufwendigen Job, den ich auch nebenbei noch bewältigen muss. Ich habe meinen Kundenstock die letzten 40 Jahre selbst aufgebaut. Ich bin ein Einzelkämpfer.
Warum sind Sie in der Wirtschaftskammer und nicht gleich in der Politik? Es sind ja doch sehr verwandte Themen.
Ich war auch in der Politik, also in der Kommunalpolitik, aber sage, mein Anliegen ist eher die Interessensvertretung. Weil du eigentlich für deinen eigenen Beruf etwas machen und ich sage mal, probieren kannst, gewisse Sachen von der Politik abzuwenden. Ja, es ist mehr der fachliche Teil, der in der Wirtschaftskammer gefordert wird. Politik ist ein anderes Paar Schuhe. Ich glaube, ich bin eher der Sachpolitiker in der Interessenvertretung.
Jetzt haben Sie schon gesagt, Sie sind Einzelkämpfer. Gibt es Konflikte zwischen Kammer und Unternehmertum oder kann man das gut vereinbaren?
Man benötigt ein sehr gutes Zeitmanagement. Und auch eine Partnerin, die zu einem steht. Ich habe das große Glück, dass ich eine Partnerin habe, die mittlerweile in Pension ist, aber selbst Unternehmerin war. Sie unterstützt mich jetzt noch in ihrem wohlverdienten Ruhestand. Das muss man auch wieder lobenswert erwähnen.
Bekommen Sie durch ihren Beruf vielleicht auch einen besseren Einblick, wie die Wirtschaftskammer agieren soll?
Ja, freilich. Ich bin ja nicht nur Vizepräsident, sondern ich sitze auch im Gremium der Versicherungsagenten auf Landes- und auf Bundesebene. Vielleicht ein kleines Beispiel. Als ich vor 40 Jahren mit meinem Geschäft angefangen habe, hat ein doppelseitiger KFZ-Antrag gereicht. Heute hat so ein Antrag 48 Seiten. Damals war ich ca. 80 Prozent draußen und vielleicht 20 Prozent hast du in der Verwaltung, im Büro, gearbeitet. Heute ist es umgekehrt. Sogar schlimmer noch. Diese Bürokratie ist wirklich ein Wahnsinn.
Welche Rolle soll denn die Wirtschaftskammer als Sozialpartner in Österreich eigentlich spielen?
Naja, eigentlich sollte sie mehr für die Unternehmer da sein. Nicht irgendwie Steigbügelhalter für eine Partei sein. Die Wirtschaftskammer ist vereinnahmt von der ÖVP. Wir benötigen auch Vielfalt in der Interessenvertretung. Es kann nicht sein, dass man eine große Mehrheitspartei hat, die eigentlich alles vorgibt, dann ist es auch eine wirkliche Interessenvertretung.
Was funktioniert richtig gut bei der Wirtschaftskammer, was muss sich dringend ändern?
Man sieht ja nicht, wie viele Stunden die Mitarbeiter für die Unternehmen leisten, das funktioniert schon gut. Aber die politische Vereinnahmung muss enden. Wenn nach dem Anschlag von Villach alles abgesagt wird, dann erwartet man auch von der Wirtschaftskammer, dass sie da schon ein bisschen eingreift und sagt, Freunde, wir können nicht alles absagen. Dann haben diejenigen, die das gemacht haben, das erreicht, was sie eigentlich wollten.
Wie sollte die Wirtschaftskammer Betrieb in Not unterstützen? Es gibt ja grundsätzlich die Betriebshilfe, aber die ist natürlich nur für Krankheit und Fall.
Die Wirtschaftskammer macht ja viel. Wir haben einen eigenen Notfallfonds. Ich war selbst betroffen vor drei Jahren mit meinem Hof in Treffen. Ich habe dort auch mein Büro drinnen gehabt, das war alles unter Wasser. Da war damals die Wirtschaftskammer die Erste und die schnellste, die geholfen hat. Der Präsident war zwei Tage später bei mir. Ich glaube, das ist nicht nur wichtig, dass wer Geld bekommt, sondern dass jemand da ist, der dir sagt, es geht weiter.
Jetzt noch einmal zu den Dingen, die sich vielleicht in der Wirtschaftskammer auch verändern müssten. Wie stehen Sie zu einer schlankeren Kammer?
Ich sage, verschlanken, ja, man muss nicht alles machen. Die Wirtschaftskammer erledigt sehr viele Sachen, die eigentlich nicht zu ihren Aufgaben zählen. Und ich glaube, in Zeiten wie diesen sollte man an den Schrauben drehen, wo man vielleicht bisschen effizienter arbeiten kann. Und da gibt es sicher genug Einsparungsmöglichkeiten.
Von der Freiheitlichen Wirtschaft kommt der Vorschlag, die Mehrfachmitgliedschaft in den diversen Sparten abzuschaffen.
Unser Hauptthema war eigentlich immer die Freiwilligkeit in der Wirtschaftskammer. Das geht aber leider nicht, weil die Kammern ja im Verfassungsrang stehen. So ehrlich muss man sein, dass das nicht geht. Aber es gibt diese Mehrfachmitgliedschaften. Da geht es um die Grundumlage – das gefährdet die Existenz der Kammer nicht.
Jetzt kämpft die Wirtschaftskammer, so wie viele Sozialpartner, mit einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung. Woran kann das liegen?
Bei der letzten Wahl haben wir nicht einmal mehr 30 % Wahlbeteiligung. Da muss man dann wirklich fragen, ob man noch die Daseinsberechtigung einer Interessensvertretung hat. Es ist halt schwer, vom Unternehmen wegzugehen. Wir haben einen Fachkräftemangel, da zählt jede Minute, die du im Betrieb bist.
Wie sehen Sie das Thema ORF-Haushaltsabgabe und was ist da die Problematik?
Wissen Sie, ich sehe das ein bisschen pragmatischer als Unternehmer. Ich glaube, das ist sehr unfair, was da gemacht wird. Wenn ich den öffentlich-rechtlichen Auftrag habe, dafür soll ich öffentliche Mittel bekommen, aber die sollen halt aus dem Budget und nicht von der Bevölkerung kommen. Jetzt zahle ich privat diese ORF-Gebühr und muss das als Firma noch einmal zahlen. Wer ist auf diese Idee gekommen, das auch noch nach Mitarbeitern einzuteilen? Je mehr Mitarbeiter du hast, desto mehr musst du zahlen. Übrigens hat die Wirtschaftskammer damals eine positive Stellungnahme zu dem Gesetz abgegeben.
Apropos Wirtschaften, was benötigt denn die Kärntner Wirtschaft in Zukunft?
Unser Land wird seit drei, vier Perioden unter Schwarz und Rot nur mehr verwaltet. Und trotzdem machen sie Schulden in der Höhe von hunderten Millionen Euro. Die letzten Innovationen, die Kärnten gehabt hat, das war das Lakeside und der Koralmtunnel, wo uns die Steirer Jahrzehnte voraus sind. Die haben damals schon gewusst, da schließt man einen ganzen Raum zusammen. Unsere nicht, die haben bis heute noch nichts gemacht. Das ist schade für Kärnten, wir benötigen genau so eine Innovation. Wenn wir nicht die Infineon hätten, dann wären wir wahrscheinlich das Land der Schläfer.
Sehen Sie eher die Gefahren als die Chancen bei der Koralmbahn, weil ebendiese Chancen quasi verschlafen werden?
Die Chancen sind schon da, aber man muss sie nutzen. Wenn man sie halt verstreichen lässt und man den anderen zuschaut, dann wird das nichts werden. Und ich sag mit der Area Süd, da haben wir mal eine Hülle geschaffen. Die muss von der Politik befüllt werden, es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sich Betriebe ansiedeln. Der Zug fährt in beide Richtungen, aber wenn wir so weitermachen, dann wird der Zug in eine Richtung fahren. Wenn ich draußen in der Steiermark einen besseren Job bekomme und 40 Minuten daheim bin, dann darf man sich auch nicht wundern.
Zurück zur Wahl selbst. Warum sollen die Wähler der Freiheitlichen Wirtschaft ihre Stimme geben?
So wie ich schon gesagt habe, wir wollen die Vielfalt drinnen. Heute ist die Wirtschaftskammer, ich sage mal, Steigbügelhalter der ÖVP, weil diese Mehrheitspartei eigentlich den Weg vorgibt. Und wenn mehrere dort reden und wirklich Interessensvertretung gemacht wird, dann kommt es vielleicht auch in der Politik zu einem Umdenken. Wenn man richtig mit dem Finger in die Wunden reinfährt und sagt, ihr müsst für die Zukunft dieses Landes etwas tun.
Sehen Sie das so, dass das aktuell nicht passiert unter Präsident Mandl, dass er quasi der Politik nicht den Finger in die Wunde drückt?
Es ist eben schwierig, wenn man Wirtschaftskammerpräsident ist und in der Regierung sitzen zwei meiner Leute. Ich kann mir zwar Gehör verschaffen, aber natürlich nicht mit der nötigen Aggressivität. Das geht nur, wenn man unabhängig ist.
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