Einsamkeit, zunehmender Leistungsdruck, psychosoziale Belastungen und fehlende Aufmerksamkeit im familiären Umfeld lassen immer mehr Teenager und Jugendliche im Burgenland zu Suchtmitteln greifen. Was Eltern tun können und mit welchen Maßnahmen die Politik gegensteuert.
Die erste Zigarette, das erste Bier, der erste Joint: Beim Einstieg in die Welt der Drogen sind Österreichs Kinder und Jugendliche immer jünger. Im Burgenland ist das nicht anders. „Die jüngsten Drogentoten hierzulande sind gerade einmal 14 Jahre alt. Oft haben sie schon Jahre davor hartes Zeug wie etwa Kokain und Heroin konsumiert“, weiß Drogen- und Suchtkoordinatorin Petra Taferner-Kraigher. Jugendliche in der Adoleszenz seien nämlich eine besonders vulnerable Gruppe, sagt die Verhaltenstherapeutin. Der erste Kontakt mit legalen und illegalen Substanzen erfolge daher nicht nur aus Spaß und reiner Neugier.
„Die Motive sind unterschiedlich. Manche Mädchen und Burschen streben nach positiven Gefühlen und nutzen Drogen zur Euphorisierung, Stimmungsverbesserung und Stressreduktion. Andere sehnen sich nach Akzeptanz und Zugehörigkeit unter Gleichaltrigen und machen zwecks sozialer Integration beim Experimentieren mit Suchtmitteln mit. Immer mehr junge Leute versuchen auf diese Weise auch, aus unerträglich empfundenen Realitäten zu flüchten oder psychosoziale Probleme zu bewältigen – etwa durch Selbstmedikation.“
Wer zur Risikogruppe zählt
Besonders gefährdet sind Kinder und Jugendliche in instabilen und dysfunktionalen Familienstrukturen, in denen Vernachlässigung, häusliche Gewalt oder psychische Erkrankungen der Eltern eine Rolle spielen. Armut ist ebenfalls ein entscheidender Faktor: „Studien zeigen, dass sozioökonomisch benachteiligte Jugendliche einem höheren Risiko für Süchte und Abhängigkeiten ausgesetzt sind, weil sie daheim aufgrund finanzieller Probleme häufiger Stress erleben. Auch geringere Bildungschancen oder fehlende berufliche Perspektiven lassen etliche zu Drogen greifen.“ Sie nähmen oft riskante Wege in Kauf, um an Substanzen zu gelangen, und seien daher auch häufig in Beschaffungskriminalität verwickelt.
Während Alkohol- und traditioneller Tabakkonsum bei jungen Menschen abnehmen, gewinnen laut Taferner-Kraigher neue Nikotinprodukte wie E-Zigaretten und Nikotinbeutel an Popularität. Auch der Missbrauch verschreibungspflichtiger Medikamente, insbesondere psychotroper Substanzen, stellt ein wachsendes Problem dar: „Die am häufigsten konsumierte illegale Droge unter Jugendlichen ist Cannabis. Ein leichter Anstieg wird auch bei Ecstasy, Kokain und Amphetaminen verzeichnet. Etwa vier Prozent der österreichischen Gesamtbevölkerung haben damit bereits Erfahrung. Zwischen 36.000 und 39.000 Personen in Österreich konsumieren zudem risikoreich Opioide, oft in Kombination mit anderen Substanzen.“
Wie Jugendliche an Drogen herankommen
Beschafft werden die Suchtmittel von Kindern und Jugendlichen über verschiedene Kanäle. Zum einen dienen Schulhöfe, Freizeitparks, Cafés, Partys und Clubs als lokale Treffpunkte. Zum anderen nimmt der Online-Handel zu, weil das Darknet Anonymität bietet. „Sogenannte Legal Highs oder neue psychoaktive Substanzen (NPS) werden von Jugendlichen oft direkt nachhause bestellt und im Kinderzimmer konsumiert. Getarnt sind die Produkte häufig mit bunten Verpackungen, ablenkenden Bezeichnungen und irreführenden Beschreibungen, ohne dass dabei die enthaltenen Substanzen angegeben sind“, warnt die Expertin vor einer Verharmlosung.
Eltern, die bei ihrem Kind auffällige Wesensveränderungen bemerken, rät sie, den Psycho-sozialen Dienst zu kontaktieren, wo Fachstellen für Suchthilfe spezialisierte Angebote für Jugendliche zur Verfügung stellen. Bei langfristiger Betreuung seien Therapeuten und Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie die richtige Anlaufstelle.
Das tut die Politik
Um Burschen und Mädchen in ihren Lebenswelten rechtzeitig zu erreichen, bevor sie ernstzunehmende Süchte entwickeln, setzt auch das Land eine Reihe von Präventionsmaßnahmen. Neben der ready4life-App, die Jugendliche bei der Stressbewältigung unterstützt, liefert etwa das „plus – Lebenskompetenzförderungsprogramm“ für Unterstufen-Schüler konkrete Methoden, um die psychosoziale Gesundheit zu fördern.
„Im burgenländischen Zukunftsplan 2030 ist festgehalten, dass die Strategie zur Prävention und Beratung bei Suchterkrankungen landesweit ausgerollt wird. Auch durch Aufklärung an Schulen und in sozialen Medien soll dem steigenden Suchtverhalten entgegengewirkt werden“, so Taferner-Kraigher.
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