Am 12. und 13. März findet die Wirtschaftskammerwahl statt. Der Spitzenkandidat der UNOS, Christian Weinhold, spricht sich für eine buntere Interessensvertretung aus und kritisiert die Zwangsmitgliedschaft.
Christian Weinhold ist der Spitzenkandidat der UNOS bei der Wirtschaftskammerwahl. Der gebürtige Deutsche ist seit 13 Jahren selbstständig in Kärnten tätig – erst als Kioskbetreiber, jetzt führt er einen Supermarkt. Neben seiner Tätigkeit in der Wirtschaftskammer seit fünf Jahren hat er auch schon für das Europäische Parlament kandidiert.
Warum liegt bei Ihnen der Fokus auf der Wirtschaftskammer und nicht auf der klassischen Politik?
Mein Fokus liegt auf beiden Bereichen. Ich bin ja Ersatzgemeinderat in Klagenfurt, also auch da bei den NEOS aktiv. Und gerade bei der Wirtschaftskammer sehe ich den Punkt, dass sie Sprachrohr für die Unternehmerinnen und Unternehmer ist. Und hier hapert es aus meiner Sicht, das ist eher nicht gegeben. Das ist mein Beweggrund, mich hier zu engagieren.
Können Sie ihre unternehmerische Tätigkeit für die Wirtschaftskammer nutzen oder auch umgekehrt? Warum sind sie tätig geworden?
Nicht wirklich. Der ursprüngliche Ansatz; gerade in den Fachgruppen mit aktiv zu werden; ist natürlich auch eine Art Wissensvorsprung gewesen, den ich mir erhofft habe. Das ist natürlich Aufgabe der Fachgruppe, Informationen an die Mitglieder weiterzugeben. Aber der zweite Beweggrund war dann umso mehr das politische, was mir nicht ganz so gepasst hat.
Welche Rolle soll denn die Wirtschaftskammer als Sozialpartner in Österreich einnehmen?
Als Sprachrohr. Es gibt Belange, gerade von Unternehmerinnen und Unternehmern, die anders als allgemeinpolitisch sind. Die sind spezifisch. Und dafür ist die Wirtschaftskammer die Vertretung, die Interessensvertretung. Deswegen heißt sie so. Sie sollte die spezifischen Interessen von Unternehmen gegenüber der Politik vertreten. Das war zu Corona eher andersherum. Da hat die Regierung Maßnahmen beschlossen und die sind eins zu eins einfach nur kommuniziert worden.
Und das soll sich ändern, indem die Unternehmerinnen und Unternehmer quasi den UNOS die Stimme geben?
Genau, das ist der Punkt. Es gibt gerade jetzt zur Wahl natürlich einige Forderungen aus der größten Fraktion, aber leider immer bloß vor der Wahl. Zwischendurch ist es dann relativ ruhig. Mit den UNOS gibt es eine zusätzliche Stimme neben den anderen Fraktionen bei der Wirtschaftskammer.
Glauben Sie, dass die kleinen Fraktionen, so wie jetzt die UNO, die Aufgabe besser machen können?
Das System der Wirtschaftskammer ist so aufgebaut, dass viel über Netzwerke läuft. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer sind beim Wirtschaftsbund Mitglied, weil es für den eigenen Betrieb notwendig ist. Und das sollte es nicht sein. Es sollte kein reines Netzwerk sein, sondern wirklich ein Vertreten aller vorhandenen Interessen. Und da denke ich, dass es, wenn es bunter wird, natürlich auch mehr Stimmen gibt. Das nächste Thema ist die Zwangsmitgliedschaft: Solange sie besteht, muss sich die Wirtschaftskammer nicht wirklich bemühen. Sie sammelt das Geld ein und macht halt, was sie macht. Wenn wir hier in Richtung einer Freiwilligenmitgliedschaft gehen würden, wäre der ÖAMTC ein schönes Beispiel.
Es gibt eine Petition gegen die Haushaltsabgabe des ORF für Unternehmer. Wie stehen da zum Beispiel die UNOS dazu?
Sicher ist die Petition eine gute Sache. Aber auch hier stellt sich mir die Frage, warum kommt es jetzt vor der Wirtschaftskammerwahl? Die Umstellung der ORF-Abgabe ist jetzt, ich glaube, gut ein Jahr her. Das heißt, ja, jetzt kommen erst die ersten Vorschreibungen, deswegen poppt es wahrscheinlich jetzt erst auf.
Zum Thema Mehrfachbelastung: Sie haben die Zwangsmitgliedschaft angesprochen. Es gibt auch eine Diskussion über Mehrfachmitgliedschaft in diversen Sparten. Wäre das ein erster Schritt?
Die freiwillige Mitgliedschaft ist schon allein rechtlich nicht möglich, da wir die Sache im Verfassungsrang haben. Aber man kann jetzt schon darauf hinarbeiten. Bei der Doppelbelastung spreche ich aus eigener Erfahrung. Ich habe vier Fachgruppenzugehörigkeiten mit meinen Betrieben, bin dementsprechend in vier Fachgruppen Zwangsmitglied. Hier wäre eine Zusammenlegung schon dringend notwendig. Eine weitere Frage: Wieso benötigt es neun Landeskammern?
Nutzen Sie die Schulungen und den Service der Wirtschaftskammer selbst und wie sehen Sie dieses Angebot?
Selber kaum. Ich weiß, dass es dieses gibt und da geht es mir wie vielen Unternehmerinnen und Unternehmern, dass das Service-Portfolio kaum bekannt ist. Abgesehen von den Sachen, die über das Wifi laufen, die sind schon bekannt, da kommt das Kursbuch. Diese Dienstleistung in Anführungszeichen ist teilweise auch vorgeschrieben, wieder bedingt durchs Wirtschaftskammergesetz. Bei der Gastronomie hat mich das selbst auch persönlich betroffen. Mit dem kleinen Kiosk war ich im Bereich Gastronomie auf acht Bewertungsplätze beschränkt. Und neun bewirten oder geschweige denn offenes Bier ausschenken zu können, hätte ich den Befähigungskurs für die Gastronomie machen müssen. Das heißt, komplett alles ablegen: Hotellerie, wie zerlegt man ein Schwein, was gibt es alles für Weinsorten? Warum ist das alles notwendig?
Was benötigt die Kärntner Wirtschaft denn aus Sicht der UNO, um zukunftsfit zu sein?
Das ist ein breites Portfolio. Ich sehe gerade das Thema Belastung bei Personalkostenbelastung als mit gravierendstem Punkt. Da ist eine unserer Forderungen die Senkung der Lohnnebenkosten auf 25 Prozent. Die Kammerumlage 2 ist ein interessanter Punkt, die meisten wissen es gar nicht, 1997 eingeführt als Provisorium. Diese sollte als Hilfeleistung für Not leidende Betriebe eingehoben werden. Wir leben jetzt in multiplen Krisen – angefangen mit Corona, Finanzkrise, Energiekrise. Dieser Topf ist nie angefasst worden. Jetzt ist die Frage, was muss es für eine Krise geben, dass wirklich etwas ausgeschüttet wird? Ich glaube, so eine Situation wollen wir nicht, dann brauchen wir auch den Topf nicht.
Jetzt kämpft die Wirtschaftskammer mit einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung. Woran liegt es und wieso sollte ein Unternehmer Ihnen die Stimme geben?
Das ist ein wirklich schwieriges Thema. Die Wahlbeteiligung allgemein, aber zusätzlich natürlich explizit bei der Wirtschaftskammer, das ist wirklich dramatisch. Die Wirksamkeit ist offensichtlich bei den Wahlberechtigten nicht verständlich, ob ich da jetzt eine Stimme abgebe oder nicht. Sicher auch bedingt durch die vielen Einheitslisten. Es geht um die Wirksamkeit der Stimme? Wir als UNOS wollen es anders machen, wir wollen für die Betriebe da sein und hoffen, hier einige Nichtwähler zu aktivieren und deren Stimme dann auch vertreten zu dürfen.
Wie sehen Sie das Thema Koralmbahn für Kärnten?
Es muss ein großer Wirtschaftsraum werden. Das ist ja das Ziel und die große Chance, dass man wirklich Kärnten-Steiermark als großen Wirtschaftsstandort inmitten von Europa schaffen kann und die Chancen ausnutzt. In verschiedensten Bereichen ist ein bisschen geschlafen worden, gerade in Klagenfurt. Ja, die Bahn kommt irgendwann, aber wirkliche Themen sind da bisher nicht gesetzt worden. Da sehe ich jetzt kein spezielles Thema der Koralm, sondern ein allgemeines.
Wie sehen Sie die Problematik des Fachkräftemangels für Kärnten?
Fachkräfte sind, glaube ich, lange kein Thema mehr. Wir sind schon lange bei den Arbeitskräften allgemein. Also Fachkräfte, das war aus meiner Sicht eine Luxuszeit, wenn man zurückschaut, als wir nur einen Fachkräftemangel hatten. Jetzt sind wir ja mittlerweile wirklich beim Arbeitskräftemangel. Man muss ungelernte Kräfte anstellen, sofern sich überhaupt welche bewerben, und diese dann selbst ausbilden. Ein wichtiger Aspekt ist der massive Ausbau der Kinderbetreuung, was Kärnten helfen würde. Und Arbeit muss sich lohnen. Denn der Unterschied zwischen Teilzeit und Vollzeitbeschäftigung ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht wirklich so groß. Zumindest auf dem Papier aktuell nicht. Nachher natürlich, wenn man die Rentenschere dann einrechnet, schon. Aber das sieht auf dem Papier keiner. Da muss die Attraktivität der Vollzeit gesteigert werden, zum Beispiel durch einen Vollzeitbonus oder die Steuerfreistellung von Überstunden.
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