„Keine Grundlage“

Familiennachzug stoppen? Warum das schwierig wird

Innenpolitik
05.03.2025 08:00

Die Eindämmung der illegalen Migration ist ein Schwerpunkt der ÖVP im Regierungsprogramm. Das betonte Kanzler Christian Stocker im ersten Dreier-Interview nach der Angelobung. Rechtliche Zweifel am geplanten Stopp des Familiennachzugs schob er zur Seite und berief sich auf die Notfallklausel der EU. So einfach ist die Sache allerdings nicht.

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben das Recht, direkte Familienangehörige nach Österreich zu holen. Dazu müssen diese in der österreichischen Botschaft im jeweiligen Land einen Einreiseantrag stellen. Das kann rechtlich nicht einfach ausgesetzt werden. Die ÖVP will den Stopp über eine Quoten-Regelung realisieren.

„Die erste Quote ist Null“
Innenminister Gerhard Karner werde beim Rat der EU-Innenminister in Brüssel EU-Kommissar Magnus Brunner über das Vorhaben Österreichs informieren, den Familiennachzug auszusetzen. Dazu wird Karner auch ein Schreiben an die Kommission überreichen, teilte das Ministerium am Dienstag mit. „Wir haben angekündigt, eine Quote für den Familiennachzug einzuführen. Die erste Quote ist Null. Das setzen wir jetzt konsequent um“, so Karner.

(Bild: Krone KREATIV)

Die detaillierten Regelungen werden erst erstellt. Die ÖVP begründet ihre Bemühungen damit, dass Österreich 2023 und 2024 mit rund 10.000 und knapp 8000 genehmigten Anträgen massiv vom Familiennachzug betroffen war. Ein großer Teil davon waren Kinder, die das Bildungssystem – vor allem in Wien – belastet haben. Die Anträge auf Familienzusammenführung wurden heuer durch die Aussetzung aller Asyl-Anträge von Syrern deutlich gesenkt. Im Jänner gab es nur 238 Anträge. Mit einer Null-Quote will man das weiter reduzieren.

Familiennachzug

  • Vom Familiennachzug profitieren können Ehegatten bzw. eingetragene Partner von anerkannten Asylwerbern bzw. subsidiär Schutzberechtigten sowie deren minderjährige Kinder. Gleiches gilt für Eltern eines nach Österreich gekommenen Kindes.
  • Ein Antrag gestellt werden kann grundsätzlich sofort, nachdem der Asyltitel an den Angehörigen erteilt wurde.
  • Erfolgt er innerhalb der ersten drei Monate, sind keine besonderen Voraussetzungen finanzieller Natur zu erfüllen. Wird er später gestellt, sind eine adäquate Unterkunft, Krankenversicherung und ein ausreichendes Einkommen (aktuell gut 1900 Euro für Paare) nachzuweisen.
  • Der Angehörige wendet sich jedenfalls an die österreichische Vertretungsbehörde in dem Land, in dem er aufhältig ist und ersucht um ein Visum.
  • Wird dieses genehmigt, weil von einer Zuerkennung auszugehen ist, kann die Person für vier Monate nach Österreich einreisen und hier ihren Antrag auf internationalen Schutz einbringen.

Der Asylexperte Lukas Gahleitner-Gertz hält ein Aussetzen des Familiennachzugs rechtlich für nicht umsetzbar. „Ich sehe keine Rechtsgrundlage für eine entsprechende Verordnung.“ Der Notfallparagraf sehe die Aussetzung von Asylanträgen bei einer gesamtstaatlichen Überlastung des Systems vor. Das beziehe sich aber auf Verfahren im Inland. „Das heißt, für Einreiseanträge im Rahmen der Familienzusammenführung gibt es keine Rechtsgrundlage im Asylgesetz, aufgrund derer der Innenminister eine Verordnung erlassen könnte“, sagt Gahleitner-Gertz im Gespräch mit der „Krone“. Die Verfahrens-führende Behörde ist die Botschaft. Und die Botschaft schickt dann den Antrag an die Behörden im Inland.

„Nichtwollen ist keine Grundlage für einen Notstand“
Gahleitner-Gertz erinnert daran, dass die Belastung durch den Familiennachzug vor allem ein Problem in Wien ist, es aber die ÖVP ist, die eine Residenzpflicht verhindert. „Das ist politisch legitim, aber man kann nicht den Notstand ausrufen, nur weil man irgendeine andere Maßnahme nicht treffen will. Ein Notstand ist immer ein Nichtkönnen. Ein Nichtwollen ist keine Grundlage für einen Notstand.“

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