Die vier Angeklagten in der sogenannten Vorarlberger „Wirtschaftsbundaffäre“ sind am Dienstag am Landesgericht Feldkirch schuldig gesprochen worden. Der Richter sah den Anklagepunkt der Vorteilsannahme zur Beeinflussung bzw. Vorteilszuwendung zur Beeinflussung als erfüllt an.
Angeklagt waren neben dem ehemaligen Vorarlberger Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (ÖVP) die drei Ex-Wirtschaftsbund-Führungskräfte Hans Peter Metzler, Jürgen Kessler und Walter Natter. Sie wurden zu Geldstrafen in Höhe von 27.500 Euro (Rüdisser), 15.000 Euro (Metzler), 13.500 (Kessler) und 10.000 Euro (Natter) verurteilt. Jeweils die Hälfte der Geldstrafen wurde bedingt auf drei Jahre ausgesprochen. Der konkrete Vorwurf drehte sich um die Bezahlung von sechs Weihnachtsessen mit jeweils 30 bis 35 Teilnehmern im Gesamtwert von 12.980 Euro.
Rüdisser hatte eingeladen, der Wirtschaftsbund bezahlte. Freigesprochen wurden die Angeklagten zum Vorwurf der Untreue. Gegen den Wirtschaftsbund wurde eine nicht rechtskräftig auf drei Jahre bedingte Verbandsgeldbuße in Höhe von 4500 Euro verhängt.
Richter ging nicht von Absicht aus
Der Richter betonte in seiner Urteilsbegründung, dass er bei den vier Angeklagten nicht von Absicht ausgehe – weder in der Vorteilsannahme noch in der Vorteilszuwendung zur Beeinflussung. „Ich glaube nicht, dass Sie irgendetwas falsch gemacht haben“, sagte er an Rüdisser gewandt. Darum gehe es aber nicht. Denn durch die Bezahlung von Weihnachtsessen für Rüdisser und seine Mitarbeitenden sei ein Abhängigkeitsverhältnis geschaffen worden, deshalb sei der Straftatbestand erfüllt. Dass die Geldstrafen unterschiedlich hoch ausfielen, begründete der Richter einerseits mit den Vermögensverhältnissen der Angeklagten, andererseits mit den verschieden langen Beteiligungen.
Sponsoring des Wirtschaftsbundes
Der konkrete Vorwurf der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bezog sich auf die Bezahlung von Weihnachtsessen in den Jahren 2013, 2015, 2016, 2017 und 2018 sowie ein Essen anlässlich Rüdissers Ausscheiden aus der Politik im Jahr 2019 mit jeweils 30 bis 35 Teilnehmern im Gesamtwert von 12.980 Euro. Veranstaltet wurden die Weihnachtsessen von Rüdisser, beglichen wurden die Rechnungen jeweils vom Wirtschaftsbund.
Die WKStA betonte, Rüdisser habe dadurch einen ungebührlichen Vorteil erhalten und „sich in seiner Tätigkeit als Amtsträger beeinflussen“ lassen. Dabei gehe es nicht darum, eine sofortige Gegenleistung zu erhalten, sondern sich für die Zukunft gefügig zu machen. Die Staatsanwaltschaft sah in dem gegebenen Sachverhalt geradezu ein Paradebeispiel in Sachen „Anfütterung“.
Weihnachtsessen seien „langjährige Tradition“ gewesen
Rüdisser schilderte, dass die Weihnachtsessen für die Mitarbeiter im Amt der Vorarlberger Landesregierung von seinem Vorgänger Manfred Rein 1994 eingeführt worden seien. Von Anfang an wurden die Weihnachtsfeiern vom Wirtschaftsbund bezahlt, Rein habe die Fortführung der Tradition der Weihnachtsessen ausdrücklich empfohlen, so Rüdisser. „Wenn mir der Wirtschaftsbund-Obmann die Finanzierung zusichert, muss ich davon ausgehen, dass das rechtmäßig ist.“ Die Weihnachtsfeiern seien ein Dankeschön an die Mitarbeitenden gewesen, die Bezahlung durch die Statuten des Wirtschaftsbunds gedeckt. Er sei stets darauf erpicht gewesen, „nicht einmal in die Rufweite der Vorteilsannahme zu kommen“, beteuerte der 70-Jährige.
„Kann man sich selbst anfüttern?“
Die Anwälte der Angeklagten wiesen darauf hin, dass der damalige stellvertretende Wirtschaftsbund-Obmann Rüdisser natürlich die Interessen des Wirtschaftsbunds vertreten habe, alles andere wäre „lebensfremd“ gewesen. Ein Amtsträger sei per se von seiner Partei abhängig, „da braucht es keine Bezahlung“. Ein Rechtsvertreter fragte: „Kann man sich selbst von einer Funktion in die andere anfüttern?“ Er selbst beantwortete die Frage mit „Nein“. Der Richter allerdings wies die Argumentation der Rechtsanwälte in der Urteilsbegründung zurück. Ansonsten könnte man sich als Mitglied eines Vereins einfach vom Verein bezahlen lassen, ohne jemals in die Nähe der Korruption zu kommen, führte der Richter aus.
Die Anwälte der Angeklagten meldeten volle Berufung an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Die Urteile sind daher noch nicht rechtskräftig.
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